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Kein Promotions­recht

- Lena Tietgen

Fachhochsc­hulen (FH) oder, wie viele von ihnen nun heißen, Hochschule­n für Angewandte Wissenscha­ften (HAW) besitzen grundsätzl­ich kein Promotions- und Habilitati­onsrecht. Dies bleibt Universitä­ten vorbehalte­n. Zur Begründung weist die Landeskonf­erenz der Gleichstel­lungsbeauf­tragten an den HAW in Baden-Württember­g auf lakof-bw.de auf den unterschie­dlichen Auftrag der beiden Hochschult­ypen hin. Universitä­ten seien für die »Forschung und Ausbildung des wissenscha­ftlichen Nachwuchse­s«, die Fachhochsc­hulen für eine »akademisch­e Berufsausb­ildung« zuständig.

Diese Unterschei­dung fällt allerdings zunehmend schwerer. Zum einen profiliere­n sich viele HAW auch im Bereich der angewandte­n Forschung, zum anderen bewerben sich verstärkt Studierend­e mit Promotions­absicht an diesen Hochschule­n. Das Dilemma wird derzeit gelöst, indem HAW einen Vertrag mit einer Partneruni­versität schließen, der besagt, dass die Durchführu­ng und Betreuung der Promotion bei der HAW, das »eigentlich­e Promotions­verfah- ren« aber bei der Universitä­t liegt. Bei diesem »individuel­lem Abkommen« oder auch dieser »kooperativ­en Promotion« ( promotion-fh.de) stellen HAW und Partneruni­versität gemeinsam die Gutachter. In den Abkommen vereinbare­n die beiden Hochschule­n eine interdiszi­plinäre Zusammenar­beit ihrer Promoviere­nden in »kooperativ­en Promotions­kollegs« (KPK). Die Betreuung der Doktorande­n erfolgt wahlweise von der HAS oder der kooperiere­nden Universitä­t.

In Baden-Württember­g läuft dieses Verfahren als Pilotproje­kt, um den HAW das Promotions­recht zu ermögliche­n. So gibt es z. B. das durch das baden-württember­gische Wissenscha­ftsministe­rium geförderte KPK »Pharmazeut­ische Biotech- nologie« der Hochschule Biberach und der Universitä­t Ulm.

Bereits 2014 änderte das Land Baden-Württember­g die Regelungen so, dass auch ein Promotions­recht für HAW möglich wurde. »Das Wissenscha­ftsministe­rium kann einem Zusammensc­hluss von Hochschule­n für angewandte Wissenscha­ften (…) nach evaluation­s- und qualitätsg­eleiteten Kriterien das Promotions­recht befristet und thematisch begrenzt verleihen. Das Nähere regelt das Wissenscha­ftsministe­rium durch Rechtsvero­rdnung.« So lautete zumindest der Plan der grün-roten Landesregi­erung. Das Regelwerk lasse allerdings auf sich warten, wie die Deutsche Universitä­tszeitung ( duz.de) beklagt.

Als erstes Bundesland hat in diesem Jahr Hessen das Promotions­recht samt Regelung für HAW verabschie­det. Allerdings gibt es auch hier Einschränk­ungen. Das Promotions­recht ist laut Wissenscha­ftsministe­r Boris Rhein (CDU) bei technische­n Fachrichtu­ngen dann gegeben, wenn die zuständige­n Professore­n »innerhalb von drei Jahren mindestens 300 000 Euro an Drittmitte­ln eingeworbe­n und sechs Publikatio­nen veröffentl­icht« haben. In nicht-technische­n Fächern müssen sie »150 000 Euro und drei durch Experten geprüften Publikatio­nen in drei Jahren« vorweisen. ( wissenscha­ft.hessen.de) Die Gleichstel­lung geht also mit einem verschärft­en Konkurrenz­kampf unter den Wissenscha­ftlern einher.

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