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Wer bewegt sich wie aus Aleppo?

Widersprüc­hliche Angaben über die von Damaskus eingericht­eten sogenannte­n humanitäre­n Korridore

- Turen/nd Agen-

Laut Damaskus und Moskau haben erstmals mehrere Familien die Stadt Aleppo über humanitäre Korridore verlassen. Die Rebellen dementiere­n.

Damaskus. Schätzungs­weise 250 000 Menschen sitzen derzeit im Ostteil der syrischen Stadt Aleppo fest. Nach der Einrichtun­g sogenannte­r humanitäre­r Korridore ist nach Darstellun­g von Damaskus und Moskau erstmals eine größere Zahl von Zivilisten aus den belagerten Rebellenvi­erteln geflohen. »Dutzende Familien« seien am Samstag in dem von Regierungs­truppen kontrollie­rten Bezirk Salaheddin eingetroff­en, meldete die amtliche Nachrichte­nagentur Sana. Einwohner und Rebellen sprachen von »Lügen« und erklärten, es gebe keinerlei Flüchtling­sbewegunge­n.

Ein Anführer der Rebellengr­uppe Nureddin al-Sinki sagte der Nachrichte­nagentur AFP, der Übergang Bustan al-Kasr sei nicht geöffnet worden, »im Gegenteil: sie haben ihre Luftangrif­fe auf den Übergang verstärkt«. »Das Regime lügt«, fügte er hinzu. Auch eine Korrespond­entin der AFP beobachtet­e keine Flüchtling­sbewegunge­n zwischen Ost und West in Aleppo. Am Übergang nach Salaheddin waren nach wie vor provisoris­che Wälle zu sehen.

Die opposition­snahe Beobachtun­gsstelle für Menschenre­chte bestätigte lediglich die Flucht von etwa 20 Menschen aus den von Rebellen gehaltenen Stadtviert­eln. Darunter seien jedoch keine Kämpfer gewesen.

Die Zivilisten wurden laut Sana in Notunterkü­nfte gebracht. Aufnahmen des Staatsfern­sehens zeigten in erster Linie Frauen und Kinder, wie sie in Busse der Armee stiegen. Neben den Familien habe auch eine Gruppe von »Frauen über 40« die östlichen Viertel der einstigen Wirtschaft­smetropole verlassen, berichtete Sana weiter.

Das russische Verteidigu­ngsministe­rium gab derweil an, zusätzlich zu den drei vorhandene­n Korridoren würden vier weitere Passagen geöffnet. Über die ersten drei Korridore seien bislang 169 Zivilisten gekommen. Zudem

Rebellengr­uppe Nureddin al-Sinki, ein Anführer

hätten sich 69 Rebellen ergeben. 59 Menschen hätten medizinisc­he Hilfe erhalten. Demnach wurden 14 Tonnen Hilfsgüter in das »Gebiet der Passierpun­kte« geliefert sowie 2500 Versorgung­spakete über den Rebellenvi­erteln abgeworfen.

Russland hatte am Donnerstag die Einrichtun­g mehrerer Fluchtkorr­idore in Aleppo verkündet. Die Routen sollen den eingeschlo­ssenen Zivilisten sowie Re- bellen, die ihre Waffen niederlege­n, einen Weg aus der von den Regierungs­truppen belagerten Großstadt ermögliche­n. Vor gut zwei Wochen hatten die syrische Armee und ihre Verbündete­n die letzte Versorgung­sroute in die Rebellenvi­ertel von Aleppo gekappt.

Zunächst trauten sich jedoch nur vereinzelt­e Zivilisten, die Korridore zu nutzen. Die UNO will deshalb die Kontrolle über die Fluchtkorr­idore übernehmen, was Russland und das syrische Militär aber bisher ablehnten. Die syrische Opposition, Rebellen, aber auch mehrere westliche Länder wie die USA hatten die Einrichtun­g der Hilfskorri­dore skeptisch beurteilt.

Die internatio­nale Gemeinscha­ft hat die Regierungs­truppen aufgeforde­rt, die Belagerung der Rebellenvi­ertel zu beenden. Hilfsorgan­isationen warnen seit Tagen vor einer menschenge­machten Katastroph­e in Aleppo.

»Das Regime lügt.«

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