Eine gefährliche Debatte
Wenn es nicht so makaber wäre und vor allem respektlos gegenüber den Opfern von Terroranschlägen, dann könnte man darauf wetten, dass kurz nach einem solchen polizeilichen Großeinsatz die ersten Pressemeldungen oder sogenannten O-Töne mit der Forderung publik werden, die Bundeswehr auch im Innern einzusetzen. Die Bundeswehr solle ja nur unterstützen, schränkt die Fraktion der Forderer gleichzeitig ein, um aufkommendem politischen Gegenwind die Kraft zu nehmen.
Dabei haben die Forderer ja eigentlich recht. Ja, die Polizei benötigt Unterstützung. Sie braucht mehr gut ausgebildetes Personal, sie braucht modernere Streifenwagen, eine bessere Schutzausstattung, zeitgemäße IT-Technik, kompatible IT-Stränge und, und, und. Was davon aber soll ihr die Bundeswehr in einer kritischen Lage geben? Vielleicht einen Brückenlegepanzer?
Wir wollen und können nicht zulassen, dass der Polizei Soldatinnen und Soldaten als eine Art Hilfspolizei zugeschanzt werden. Ihnen fehlen die entsprechende Ausbildung und die über die Jahre vorangeschrittene rechtsstaatliche Sozialisation der Polizei als Partner der Bürger. Bei allem Respekt vor dem Können der Militärs – so wäre die Armee mit der hierzulande üblichen Polizeiarbeit völlig überfordert. Und das ist gefährlich.
Die Bundeswehr kann genauso wie die Polizei ein Lied davon singen, über mindestens das letzte Jahrzehnt von der Politik stiefmütterlich behandelt worden zu sein. Während für die Kameradinnen und Kameraden in Oliv die Zahl ihrer Auslandseinsätze sprunghaft gestiegen ist, hat auch die Aufgabenfülle der Kolleginnen und Kollegen der Polizei massiv zugenommen. Das Erfüllen und Erledigen dieser jeweiligen Herausforderungen haben sowohl Bundeswehr wie auch Polizei mit dem großen Idealismus ihrer Beschäftigten irgendwie immer hingekriegt. Die Politik hat währenddessen vor allem zugeschaut. Jetzt setzen die Zunahme von Gewaltund Terrortaten und die räumliche Nähe dieser unmenschlichen Verbrechen den militärischen und polizeilichen Kräften eine Grenze.
Dabei steht die Polizei als Hüterin der inneren Sicherheit hierzulande natürlich viel mehr im Blickpunkt als die Bundeswehr, die ihre Einsätze fern der Heimat in Afrika oder Asien leistet. Vielleicht kann man aus den Teilen zweier alter Autos ein vermeintlich neueres und besseres Auto basteln; bei solch unterschiedlichen Vehikeln wie der Bundeswehr und der Polizei geht das aber eben nicht. Und das hat nicht nur gute geschichtliche Gründe.
Die Vermengung militärischer und polizeilicher Aufgaben trifft in Deutschland auf einen ganz besonders empfindlichen Nerv, weil damit automatisch in Erinnerung gerufen wird, dass das Nazi-Regime Polizis- ten in militärischen Einheiten zusammenfasste und an allen Fronten kämpfen ließ.
Die GdP hat in der Debatte um die Notstandsgesetze stets für eine saubere Trennung zwischen Polizei und Militär gestritten und dem Vorwurf, dass also Polizisten nicht einmal ihr Vaterland verteidigen dürften, ein einfaches Argument entgegen gehalten: Wer möchte, dass Polizisten wie Angehörige anderer Berufe auch ihre Heimat verteidigen sollen, muss sie lediglich in die Streitkräfte einberufen. Dann sind sie Angehörige des Militärs und demzufolge Kombattanten.
Heute, in dieser angespannten Situation, sind Besonnenheit und Augenmaß gefragt. Gerade nach dem allseits gelobten Einsatz der Polizei im Zusammenhang mit dem Münchner Amoklauf verbieten sich solche ollen Kamellen wie der Ruf nach der Bundeswehr. Das suggeriert doch, dass die Polizei nicht mehr Herr der Lage wäre und es eine Notstandssituation gebe. Und das ist absolut falsch. Terroristen sind keine Soldaten einer feindlichen Armee – und wenn sie sich noch tausend Mal so nennen. Nein, sie sind gefährliche Straftäter. Sie zu verfolgen, dingfest zu machen und vor Gericht zu stellen ist die Aufgabe der Polizei und der Justiz.
Die Trennung zwischen Polizei und Militär hat sich in Krisenzeiten bewährt, und es gibt auch heute keinen einzigen Grund, diese Trennung aufzuheben. Als Gewerkschaft der Polizei wenden wir uns an die Bundeswehr und sagen Ja zur Zusammenarbeit – gerade auch bei Auslandseinsätzen. Bei der Vermengung von Funktionen, Aufgaben und Berufsbildern von Polizei und Bundeswehr sagen wir dagegen unmissverständlich Nein!