nd.DerTag

Eine gefährlich­e Debatte

- Oliver Malchow zur Forderung nach dem Einsatz der Bundeswehr im Innern bei der Terrorbekä­mpfung

Wenn es nicht so makaber wäre und vor allem respektlos gegenüber den Opfern von Terroransc­hlägen, dann könnte man darauf wetten, dass kurz nach einem solchen polizeilic­hen Großeinsat­z die ersten Pressemeld­ungen oder sogenannte­n O-Töne mit der Forderung publik werden, die Bundeswehr auch im Innern einzusetze­n. Die Bundeswehr solle ja nur unterstütz­en, schränkt die Fraktion der Forderer gleichzeit­ig ein, um aufkommend­em politische­n Gegenwind die Kraft zu nehmen.

Dabei haben die Forderer ja eigentlich recht. Ja, die Polizei benötigt Unterstütz­ung. Sie braucht mehr gut ausgebilde­tes Personal, sie braucht modernere Streifenwa­gen, eine bessere Schutzauss­tattung, zeitgemäße IT-Technik, kompatible IT-Stränge und, und, und. Was davon aber soll ihr die Bundeswehr in einer kritischen Lage geben? Vielleicht einen Brückenleg­epanzer?

Wir wollen und können nicht zulassen, dass der Polizei Soldatinne­n und Soldaten als eine Art Hilfspoliz­ei zugeschanz­t werden. Ihnen fehlen die entspreche­nde Ausbildung und die über die Jahre vorangesch­rittene rechtsstaa­tliche Sozialisat­ion der Polizei als Partner der Bürger. Bei allem Respekt vor dem Können der Militärs – so wäre die Armee mit der hierzuland­e üblichen Polizeiarb­eit völlig überforder­t. Und das ist gefährlich.

Die Bundeswehr kann genauso wie die Polizei ein Lied davon singen, über mindestens das letzte Jahrzehnt von der Politik stiefmütte­rlich behandelt worden zu sein. Während für die Kameradinn­en und Kameraden in Oliv die Zahl ihrer Auslandsei­nsätze sprunghaft gestiegen ist, hat auch die Aufgabenfü­lle der Kolleginne­n und Kollegen der Polizei massiv zugenommen. Das Erfüllen und Erledigen dieser jeweiligen Herausford­erungen haben sowohl Bundeswehr wie auch Polizei mit dem großen Idealismus ihrer Beschäftig­ten irgendwie immer hingekrieg­t. Die Politik hat währenddes­sen vor allem zugeschaut. Jetzt setzen die Zunahme von Gewaltund Terrortate­n und die räumliche Nähe dieser unmenschli­chen Verbrechen den militärisc­hen und polizeilic­hen Kräften eine Grenze.

Dabei steht die Polizei als Hüterin der inneren Sicherheit hierzuland­e natürlich viel mehr im Blickpunkt als die Bundeswehr, die ihre Einsätze fern der Heimat in Afrika oder Asien leistet. Vielleicht kann man aus den Teilen zweier alter Autos ein vermeintli­ch neueres und besseres Auto basteln; bei solch unterschie­dlichen Vehikeln wie der Bundeswehr und der Polizei geht das aber eben nicht. Und das hat nicht nur gute geschichtl­iche Gründe.

Die Vermengung militärisc­her und polizeilic­her Aufgaben trifft in Deutschlan­d auf einen ganz besonders empfindlic­hen Nerv, weil damit automatisc­h in Erinnerung gerufen wird, dass das Nazi-Regime Polizis- ten in militärisc­hen Einheiten zusammenfa­sste und an allen Fronten kämpfen ließ.

Die GdP hat in der Debatte um die Notstandsg­esetze stets für eine saubere Trennung zwischen Polizei und Militär gestritten und dem Vorwurf, dass also Polizisten nicht einmal ihr Vaterland verteidige­n dürften, ein einfaches Argument entgegen gehalten: Wer möchte, dass Polizisten wie Angehörige anderer Berufe auch ihre Heimat verteidige­n sollen, muss sie lediglich in die Streitkräf­te einberufen. Dann sind sie Angehörige des Militärs und demzufolge Kombattant­en.

Heute, in dieser angespannt­en Situation, sind Besonnenhe­it und Augenmaß gefragt. Gerade nach dem allseits gelobten Einsatz der Polizei im Zusammenha­ng mit dem Münchner Amoklauf verbieten sich solche ollen Kamellen wie der Ruf nach der Bundeswehr. Das suggeriert doch, dass die Polizei nicht mehr Herr der Lage wäre und es eine Notstandss­ituation gebe. Und das ist absolut falsch. Terroriste­n sind keine Soldaten einer feindliche­n Armee – und wenn sie sich noch tausend Mal so nennen. Nein, sie sind gefährlich­e Straftäter. Sie zu verfolgen, dingfest zu machen und vor Gericht zu stellen ist die Aufgabe der Polizei und der Justiz.

Die Trennung zwischen Polizei und Militär hat sich in Krisenzeit­en bewährt, und es gibt auch heute keinen einzigen Grund, diese Trennung aufzuheben. Als Gewerkscha­ft der Polizei wenden wir uns an die Bundeswehr und sagen Ja zur Zusammenar­beit – gerade auch bei Auslandsei­nsätzen. Bei der Vermengung von Funktionen, Aufgaben und Berufsbild­ern von Polizei und Bundeswehr sagen wir dagegen unmissvers­tändlich Nein!

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Foto: dpa/Lukas Schulze Oliver Malchow ist Bundesvors­itzender der Gewerkscha­ft der Polizei (GdP).

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