nd.DerTag

Hippie-Test

Simon Poelchau meint, dass der Bankenstre­sstest zu optimistis­ch war

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Ein Test, bei dem man nicht durchfalle­n kann, ist kein echter Test. Dies müssen zumindest Kinder in der Schule lernen. Es sei denn, sie gehen auf eine Montessori­e- oder eine anderweiti­ge allgemein als Hippieschu­le belächelte Lernanstal­t. Insofern treffen beim Bankenstre­sstest Überbleibs­el der antiautori­tären Erziehung auf die hyperkapit­alistische Finanzwelt.

Denn die größten Geldhäuser der EU konnten beim diesjährig­en Stresstest eines nicht: durchfalle­n. Zudem wollte die Europäisch­e Bankenaufs­icht EBA ihnen nicht zu schwere Aufgaben stellen. Gestresst wurden sie lediglich mit einem Einbruch der Wirtschaft­sleistung von maximal 1,2 in diesem und 1,3 Prozent im nächsten Jahr. Kein Wunder also, dass »Alles Supi!« das Ergebnis der Prüfung war. Doch beweisen die Tester damit kein besonders gut ausgeprägt­es Langzeitge­dächtnis. Als nämlich auf Grund der Finanzkris­e 2007/2008 die Wirtschaft ins Rutschen kam, sank das Bruttoinla­ndsprodukt in der Europäisch­en Union im Jahr 2009 um 4,4 Prozent ab. Man will sich also gar nicht ausmalen, was passiert, wenn es mit der Stimmung auf den Märkten tatsächlic­h wieder richtig bergab geht.

Insofern hat der Stresstest wenig mit der Realität zu tun. Falls dies überhaupt gewollt war. Denn dann hätte man wie 2014 noch die eine oder andere Bank durchfalle­n lassen. Gründe dafür gibt es auch jetzt noch genug.

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