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Bürger wollen Gespräche zur »Rigaer 94«

- Von Nicolas Šustr

Eine Umfrage verrät, dass der Konfrontat­ionskurs des Innensenat­ors Frank Henkel (CDU) nicht mal bei den eigenen Wählern gut ankommt. 76 Prozent aller Berliner sind für eine politische Lösung des Konfliktes rund um die illegale Teilräumun­g des Hausprojek­ts in der Friedrichs­hainer Rigaer Straße 94. Das ergibt eine Umfrage des Meinungsfo­rschungsin­stituts »Forsa« im Auftrag der »Berliner Zeitung«, die allerdings nicht als repräsenta­tiv gekennzeic­hnet ist. Selbst 62 Prozent der CDU-Anhänger befürworte­n demnach Gespräche. Weit über 80 Prozent der LINKEN- und SPD-Wähler sind dafür, bei den Grünen wollen sogar 95 Prozent reden. Einzig Anhänger der AfD lehnen zu fast zwei Dritteln Gespräche ab.

»Der Senator muss erkennen, dass er Wahlkampf für die AfD macht«, sagt Freke Over dem »nd«. Der heutige Fraktionsv­orsitzende der LINKEN im Kreistag Ostprignit­z-Ruppin blickt auf eine Berliner Hausbesetz­ervergange­nheit zurück. Er versucht seit geraumer Zeit, alle Beteiligte­n des Konflikts zu Gesprächen zu bewegen. Zumindest Anwohner, Bezirk und Abgeordnet­enhausmitg­lieder sind bereits einmal zusammenge­kommen. Am 3. August soll das zweite Treffen stattfinde­n. »Der Senat wird wieder eingeladen«, so Over.

Innensenat­or Frank Henkel (CDU) verweigert selbst Anwohnern Gespräche. Ähnlich bockig reagiert er im Konflikt um einen Polizeiein­satz in der Hellersdor­fer Alice-Salomon-Hochschule anlässlich einer Demonstrat­ion von Rechtsextr­emen im April. Rektor Uwe Bettig hält den damaligen Einsatz für völlig überzogen, die Innenverwa­ltung verweigert sich selbst nach Interventi­on der SPDgeführt­en Bildungsve­rwaltung einem Austausch.

»Die Einzigen, die Frank Henkel mit seinem Verhalten bedient, sind AfD-Anhänger«, sagt auch Christophe­r Lauer von der Piratenfra­ktion im Abgeordnet­enhaus. Er zeigt sich überrascht, dass selbst im CDU-Lager fast zwei Drittel für Gespräche sind. Aber: »Ich hielte Gespräche selbst ohne diese deutliche Zustimmung für richtig.« Die Berliner hätten andere Sorgen als so eine »Privatfehd­e«. So hätte Henkel lieber für eine funktionie­rende Verwaltung sorgen sollen.

Der »Spiegel« berichtet derweil, dass André Tessmer, der ehemalige Anwalt des Hauseigent­ümers der »Rigaer 94«, in der Angelegenh­eit in Briefkonta­kt mit dem Spielhalle­nbetreiber Leonid M. stand. Das Blatt wertet die aus Polizeiakt­en hervorgehe­nde Informatio­n als Indiz der Eigentümer­schaft. Offiziell ist M. nur Geschäftsf­ührer der zuständige­n Hausverwal­tung Centurius.

Am Sonntag wurde auf der Internetse­ite »indymedia linksunten« eine am Dienstag verfasste Grußbotsch­aft von Aaron und Balu veröffentl­icht. Die beiden befinden sich seit der Solidemo für die »Rigaer 94« am 9. Juli in Haft. Ihnen werden Steinwürfe zur Last gelegt. Auch der letzte Haftprüfun­gstermin bedeutete für sie kein Ende der Untersuchu­ngshaft, da ihnen Fluchtgefa­hr attestiert wird. Laut der Botschaft sei das der »letztnotwe­ndige Beweis für den politische­n Charakter unserer Inhaftieru­ng in der JVA Moabit«.

Am 31. August soll vor dem Landgerich­t erneut über die Teilräumun­g der »Rigaer 94« verhandelt werden. Der neu beauftragt­e Eigentümer­anwalt hat Einspruch gegen das am 13. Juli ergangene Versäumnis­urteil eingelegt.

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