Bürger wollen Gespräche zur »Rigaer 94«
Eine Umfrage verrät, dass der Konfrontationskurs des Innensenators Frank Henkel (CDU) nicht mal bei den eigenen Wählern gut ankommt. 76 Prozent aller Berliner sind für eine politische Lösung des Konfliktes rund um die illegale Teilräumung des Hausprojekts in der Friedrichshainer Rigaer Straße 94. Das ergibt eine Umfrage des Meinungsforschungsinstituts »Forsa« im Auftrag der »Berliner Zeitung«, die allerdings nicht als repräsentativ gekennzeichnet ist. Selbst 62 Prozent der CDU-Anhänger befürworten demnach Gespräche. Weit über 80 Prozent der LINKEN- und SPD-Wähler sind dafür, bei den Grünen wollen sogar 95 Prozent reden. Einzig Anhänger der AfD lehnen zu fast zwei Dritteln Gespräche ab.
»Der Senator muss erkennen, dass er Wahlkampf für die AfD macht«, sagt Freke Over dem »nd«. Der heutige Fraktionsvorsitzende der LINKEN im Kreistag Ostprignitz-Ruppin blickt auf eine Berliner Hausbesetzervergangenheit zurück. Er versucht seit geraumer Zeit, alle Beteiligten des Konflikts zu Gesprächen zu bewegen. Zumindest Anwohner, Bezirk und Abgeordnetenhausmitglieder sind bereits einmal zusammengekommen. Am 3. August soll das zweite Treffen stattfinden. »Der Senat wird wieder eingeladen«, so Over.
Innensenator Frank Henkel (CDU) verweigert selbst Anwohnern Gespräche. Ähnlich bockig reagiert er im Konflikt um einen Polizeieinsatz in der Hellersdorfer Alice-Salomon-Hochschule anlässlich einer Demonstration von Rechtsextremen im April. Rektor Uwe Bettig hält den damaligen Einsatz für völlig überzogen, die Innenverwaltung verweigert sich selbst nach Intervention der SPDgeführten Bildungsverwaltung einem Austausch.
»Die Einzigen, die Frank Henkel mit seinem Verhalten bedient, sind AfD-Anhänger«, sagt auch Christopher Lauer von der Piratenfraktion im Abgeordnetenhaus. Er zeigt sich überrascht, dass selbst im CDU-Lager fast zwei Drittel für Gespräche sind. Aber: »Ich hielte Gespräche selbst ohne diese deutliche Zustimmung für richtig.« Die Berliner hätten andere Sorgen als so eine »Privatfehde«. So hätte Henkel lieber für eine funktionierende Verwaltung sorgen sollen.
Der »Spiegel« berichtet derweil, dass André Tessmer, der ehemalige Anwalt des Hauseigentümers der »Rigaer 94«, in der Angelegenheit in Briefkontakt mit dem Spielhallenbetreiber Leonid M. stand. Das Blatt wertet die aus Polizeiakten hervorgehende Information als Indiz der Eigentümerschaft. Offiziell ist M. nur Geschäftsführer der zuständigen Hausverwaltung Centurius.
Am Sonntag wurde auf der Internetseite »indymedia linksunten« eine am Dienstag verfasste Grußbotschaft von Aaron und Balu veröffentlicht. Die beiden befinden sich seit der Solidemo für die »Rigaer 94« am 9. Juli in Haft. Ihnen werden Steinwürfe zur Last gelegt. Auch der letzte Haftprüfungstermin bedeutete für sie kein Ende der Untersuchungshaft, da ihnen Fluchtgefahr attestiert wird. Laut der Botschaft sei das der »letztnotwendige Beweis für den politischen Charakter unserer Inhaftierung in der JVA Moabit«.
Am 31. August soll vor dem Landgericht erneut über die Teilräumung der »Rigaer 94« verhandelt werden. Der neu beauftragte Eigentümeranwalt hat Einspruch gegen das am 13. Juli ergangene Versäumnisurteil eingelegt.