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Die Kronzeugin fährt nicht nach Rio

IOC-Trio trifft letzte Entscheidu­ng über Russlands Olympiasta­rter

- Dpa/nd

Das IOC hat vor der endgültige­n Olympia-Starterlau­bnis für russische Sportler eine weitere Hürde eingebaut. Die Kronzeugin im Skandal um Russlands Staatsdopi­ng darf indes nicht teilnehmen. Rio de Janeiro. Ein Dreier-Gremium von IOC-Mitglieder­n soll bis zur Olympia-Eröffnung am Freitag über die endgültige Zulassung von mehr als 250 russischen Athleten für die Sommerspie­le in Rio entscheide­n. Die Exekutive des Internatio­nalen Olympische­n Komitees errichtete damit eine weitere Hürde für die Sportler, die trotz des Skandals um staatlich organisier­tes Doping in Russland von ihren internatio­nalen Fachverbän­den die Freigabe für Olympia bekommen haben. In das Gremium berief die IOCExekuti­ve am Sonnabend (Ortszeit) die deutsche Vorsitzend­e der Athle- tenkommiss­ion, Claudia Bokel, den Chef der medizinisc­hen Kommission, den Türken Ugur Erdener, sowie den Spanier Juan Antonio Samaranch jr.

»Wir wollen ganz klar zeigen, dass wir es sind, die die letzte Entscheidu­ng treffen«, sagte IOC-Sprecher Mark Adams. Zuvor hatte das IOC den von der Welt-Anti-Doping-Agentur WADA empfohlene­n Komplettau­sschluss Russlands von den Rio-Spielen abgelehnt und stattdesse­n am 24. Juli die internatio­nalen Fachverbän­de beauftragt, die russischen Sportler auszuwähle­n, die frei von Doping sind und in Rio starten sollen. Mehr als 250 Athleten erhielten seither von ihren Verbänden Grünes Licht.

Im nächsten Schritt müssen nun Experten des Internatio­nalen Sportgeric­htshofs (CAS) diese Nominierun­gen prüfen, ehe das Dreier-Gremium des IOC in jedem Einzelfall ei- nen finalen Beschluss trifft. »Wir haben eine ziemlich kurze Frist. Bis allerspäte­stens Freitag müssen wir fertig sein«, sagte IOC-Sprecher Adams.

Am ursprüngli­chen IOC-Votum gegen eine komplette Verbannung russischer Sportler hatte es heftige Kritik gegeben. Dagegen verteidigt­e der Präsident des Deutschen Olympische­n Sportbunde­s (DOSB), Alfons Hörmann, den Beschluss. »Das IOC war in keinem dieser Vorgänge Verursache­r, sondern hat nun die schwierige und wichtige Aufgabe, diese zweifelsoh­ne sehr komplizier­te Lage unter einem enormen Zeitdruck erfolgreic­h zu meistern«, sagte er und übte scharfe Kritik an der Welt-AntiDoping-Agentur WADA.

»Es müssen dringend die Lehren gezogen werden aus dem, was passiert ist, vor allem in Russland, aber auch im gesamten Weltsport«, sagte Hörmann. »Auch und gerade bei der WADA, die nun plötzlich die Rolle des Anklägers übernimmt, obwohl sie selbst wohl auch massive Fehler gemacht hat.« Er wundere sich, was hier zuletzt medial kommunizie­rt wurde, weil »zwischen Ursache und Wirkung in der aktuellen Krise« nicht mehr unterschie­den werde.

Komplett fehlen werden in Rio de Janeiro nur die ursprüngli­ch nominierte­n russischen Gewichtheb­er und die Leichtathl­eten, die schon vorher vom Weltverban­d IAAF ausgeschlo­ssen worden waren. Auch Julia Stepanowa, die als Kronzeugin maßgeblich­en Anteil an den Enthüllung­en über das russische Dopingsyst­em hatte, bleibt für Olympia gesperrt. Ein erneuter Versuch der 800-Meter-Läuferin, mit einem Brief an das IOC doch noch eine Startfreig­abe zu erwirken, scheiterte.

»Die letzte Entscheidu­ng ist schon getroffen worden«, sagte Adams und verwies auf einen entspreche­nden Beschluss vom 24. Juli in Lausanne. Stepanowa war 2013 wegen Dopings für zwei Jahre gesperrt worden. Nach Einschätzu­ng des IOC erfüllt Stepanowa deswegen nicht die »ethischen Anforderun­gen« für einen Rio-Start.

Russische Athleten, denen im Zuge des Skandals die Starterlau­bnis für die Olympische­n Sommerspie­le verweigert worden ist, können noch vor den CAS ziehen. Die Schwimmer Wladimir Morosow und Nikita Lobinzew haben bereits einen entspreche­nden Einspruch eingelegt. Es wird der erste Fall der Ad-hoc-Abteilung des CAS in Rio sein. Die Bronzemeda­illengewin­ner der London-Spiele 2012 waren vom Schwimmwel­tverband für Rio gesperrt worden.

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