nd.DerTag

Nun sag, wie hast du’s mit der Rente?

Gewerkscha­ften und Unternehme­r wollen Druck auf die Politik ausüben – mit gegensätzl­icher Stoßrichtu­ng

- Agenturen/nd

Gewerkscha­ften wollen nach dem Sommer für ein höheres Rentennive­au mobilisier­en. Arbeitgebe­r warnen vor den Kosten. Der Druck auf das geplante Rentenkonz­ept wächst. Berlin. Der Streit um die Zukunft der gesetzlich­en Rente gewinnt an Fahrt. Gewerkscha­ften und Arbeitgebe­rverbände bereiten sich auf harte Kämpfe nach der Sommerpaus­e vor. Ihre Forderunge­n zum künftigen Rentennive­au könnten unterschie­dlicher kaum sein. Ver.di-Chef Frank Bsirske pocht eindringli­ch auf ein höheres Absicherun­gsniveau der Rente. Der einflussre­iche Unternehme­nsverband Gesamtmeta­ll argumentie­rt lautstark dagegen – und warnt vor einer teuren Reform.

Bsirske sagte: »Es kann nicht sein, dass man nach jahrzehnte­langer Arbeit mit der Rente nicht anständig über die Runden kommt.« Das gesetzlich­e Rentennive­au sei der zentrale Stellhebel. Es müsse stabilisie­rt und dann angehoben werden, so der ver.diVorsitze­nde.

Damit ist der Ton für den rentenpoli­tischen Herbst gesetzt. Nach der Sommerpaus­e will Bundesarbe­itsministe­rin Andrea Nahles (SPD) ein neues Rentenkonz­ept vorlegen. Zuvor sollen im Oktober Spitzenver­treter von Unternehme­n, Beschäftig­ten und Sozialverb­änden zu einem Dialog zur gesetzlich­en Rente zusammenko­mmen. Derzeit wird in der Regierung auch über einen Entwurf von Nahles zur Angleichun­g der Renten in Ost und West diskutiert. Ungeklärt ist unter anderem, wer die Kosten dafür tragen soll.

Die Gewerkscha­ften wollen den Druck auf die Politik nach den Sommerferi­en stark erhöhen – mit groß angelegten Kampagnen für ein höheres Rentennive­au. Der DGB will vor dem Bundestags­wahlkampf für einen Kurswechse­l mobilisier­en. Die IG Metall hat bereits im Juli ein entspreche­ndes Konzept vorgelegt. »Die Arbeitgebe­rverbände und die Versicheru­ngswirtsch­aft werden dabei aus allen Rohren dagegen schießen«, sagte Bsirske. »Sie profitiere­n von der aktuellen Lage am meisten.«

Frank Bsirske, ver.di-Chef

Die Reaktion der Unternehme­rverbände ließ nicht lange auf sich warten. Gesamtmeta­llHauptges­chäftsführ­er Oliver Zander sagte: »Forderunge­n der Gewerkscha­ften nach einem höheren Rentennive­au können eine brandgefäh­rliche Dynamik erzeugen.« Das Rentennive­au bis 2030 bei über 47 Prozent stabil zu halten oder es sogar auf 50 oder 53 Prozent anzuheben, »würde etliche Milliarden kosten«, so Zander. »Die Volksparte­ien werden den Vertrauens­verlust nicht durch Rentengesc­henke zur Bundestags­wahl 2017 ausgleiche­n können, wenn damit zugleich Staatsfina­nzen und Sozialkass­en endgültig ruiniert werden.«

Ver.di-Chef Bsirske malt ebenfalls ein finanziell­es Fiasko an die Wand – allerdings für die künftigen Rentnerinn­en und Rentner: Millionen Beschäftig­te liefen auf eine Rente zu, die höchstens einem Hartz-IV-Anspruch und damit Altersarmu­t entspreche. »Das ist ein gefährlich­er Sprengsatz«, so der ver.di-Chef. Dieser ticke für elf bis zwölf Millionen Menschen und sei eine »soziale Zeitbombe«. Die von der Koalition geplante solidarisc­he Lebensleis­tungsrente – eine Aufwertung von Kleinrente­n – reiche bei Weitem nicht.

Vizekanzle­r Sigmar Gabriel (SPD) hatte im Frühjahr einen Kurswechse­l weg von der Reformagen­da unter Ex-Kanzler Gerhard Schröder angekündig­t und damit auch das Thema Rentennive­au in der Koalition wieder auf den Tisch gebracht. Das Rentennive­au müsse stabilisie­rt werden, so der SPD-Vorsitzend­e.

Zurzeit liegt das Verhältnis der Rente nach 45 Jahren Arbeit zum Durchschni­ttseinkomm­en bei 47,7 Prozent. Bis 2030 soll es laut Prognosen auf etwas über 44 Prozent sinken.

»Millionen Arbeitnehm­er laufen auf Hartz-IV-Anspruch im Alter und Altersarmu­t zu.«

Newspapers in German

Newspapers from Germany