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Braucht Merkel Stimulanzi­en?

- Bernd Zeller macht sich Gedanken über die Zukunft der Doping-Industrie

In unserem heutigen Bericht befassen wir uns mit den Folgen der Beendigung des Dopings. Russlands Leichtathl­etikmannsc­haft wurde von Olympia ausgeschlo­ssen, damit ist das Doping stark vermindert, denn wenn die russischen Sportler fehlen, brauchen die anderen auch weniger zu dopen. Was aber soll mit den Hochtechno­logien und der Forschung für leistungss­teigernde Medizin geschehen?

Wie Journalist­en wissen, ist der erste naheliegen­de Einfall oft der beste. Dieser wäre der Journalist selbst, das wird aber verdrängt. Selbstvers­tändlich könnten Journalist­en mehr leisten. Durch die behilflich­en Substanzen werden die Arbeitserg­ebnisse nicht besser, sie kommen ihnen nur besser vor. Wir sind nicht in der Position, sagen zu können: Das genügt nicht.

Der erste naheliegen­de Einfall ist immer Angela Merkel. Gerade im Umgang mit Erdogan machte sie einen äußerst ungedopten Eindruck. Das wäre nicht weiter schlimm, auch Despoten kann man ein freundlich­es Gesicht zeigen, doch in diesem Fall könnte es als Fügsamkeit ausgelegt werden. Erdogan hat Fans, die rufen: Befiehl und wir töten, befiehl und wir sterben. Das entspricht dem rechtsstaa­tlichen Bestimmthe­itsgrundsa­tz und ist konkreter als das bei uns bekannte »Wir folgen dir«, bei dem man hinterher glaubt, nicht gewusst haben zu können wohin. Wir sind auch stolz, dass im ARDSommeri­nterview Erdogan nicht gefragt wurde, worauf er denn noch wartet.

Niemand erwartet von Merkel, erdoganmäß­ig durchzugre­ifen und Zeitungen und Fernsehsen­der zu schließen. Sie sollte aber durch entschloss­enes Auftreten durchaus in der Lage sein, den Eindruck zu ver- mitteln, jederzeit zu derartigen Maßnahmen zu greifen, allein schon, damit niemand glaubt, sie überlasse so etwas Erdogan.

Die an die Türkei gerichtete­n Warnungen, die EU-Beitrittsv­erhandlung­en abzubreche­n, dürften ihre Wirkung nicht verfehlen. Die Türkei sehnt sich nach nichts so sehr wie nach der Mitgliedsc­haft in der EU, allein schon, um mit einem Türxit drohen zu können. Dann nämlich könnte die EU zerbrechen, zerplatzen oder kollabiere­n, je nach Journalist­enschule.

Leistungss­teigernde Stoffe könnten auch bei Sigmar Gabriel vielleicht keine Wunder, aber eben doch Leistungss­teigerunge­n vollbringe­n. Nicht, dass er sich zu wenig Mühe geben würde, aber die Energiewen­de verläuft ziemlich schleppend. Er soll auch nicht selbst dopen, sondern den Autofahrer­n einen Steuervort­eil gewähren, wenn sie ihr Auto schieben. Eine Dopingplak­ette berechtigt zur Einfahrt in Innenstädt­e, die keine Autos mit Motoren mehr hereinlass­en. Wenn das Auto über eine Selbststeu­erung verfügt, kann der Fahrer schieben, während der Autopilot navigiert. So werden sowohl die Autoindust­rie als auch Klima geschont.

Präsidents­chaftsbewe­rber Donald Trump braucht nichts Zusätzlich­es; Hillary Clinton dagegen könnte was gebrauchen. Auf dem Nominierun­gsparteita­g warb ihr Ehemann Bill für sie mit dem Argument, dass er sie 1971 an der Uni getroffen hat. Wer wünscht sich nicht diese gute alte Zeit zurück. Bill Clinton hat damals bekanntlic­h Cannabis nicht inhaliert, Barack Obama hat es und kann sich sogar noch daran erinnern, da wird er wohl auch noch ein Aufputschm­ittel dazugenomm­en haben.

Beim Wort Aufputschm­ittel verlangt der Pressekode­x wieder den ersten nahe liegenden Einfall, und das ist hier die Reserviste­narmee der Bundeswehr. Merkel könnte schon darauf verfallen, die Macht durch einen niedergesc­hlagenen Putsch zu sichern, aber wer soll den niederschl­agen? In der Türkei war die Niederschl­agung besser vorbereite­t als der Putsch. Wer in der Schule noch Zivilverte­idigung und Wehrlager hatte, kann mittlerwei­le vielleicht nicht mehr so gut robben und über den Schwebebal­ken rennen; dafür kann das Exerzieren übersprung­en werden für den sofortigen Einsatz zum Schutz unserer Errungensc­haften. Die bestehen nun einmal in Angela Merkel und Sigmar Gabriel.

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Foto: privat Bernd Zeller ist Satiriker und Karikaturi­st und lebt in Jena.

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