nd.DerTag

Gefühlte Einbettung

Velten Schäfer über den rhetorisch­en Missbrauch des Münchner Amoklaufs

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»Nach den drei tödlichen Gewalttate­n in Bayern hat CSU-Chef Horst Seehofer erneut von der Bundesregi­erung mehr Engagement im Kampf gegen den Terrorismu­s gefordert« – so berichtete eine führende Agentur am Sonntagabe­nd von der Trauerfeie­r für die Opfer des Münchner Amoklaufs. Und die Berichte lassen befürchten, dass dieser Satz jene Veranstalt­ung trifft. Auch der Bundespräs­ident trat »Attentäter­n und Amokläufer­n wie den Terroriste­n« entgegen, als sei das alles irgendwie eins.

Das aber gilt nur aus der Perspektiv­e von Angehörige­n. Jenseits davon ist mit dem Tag Abstand, den die Pietät gebietet, festzustel­len: Die gefühlte Einbettung von »München« zwischen »Würzburg« und »Ansbach«, die sich in den voreiligen Terrordiag­osen des Tatabends ankündigte, ist in der Trauerarbe­it nicht in gebührende­r Schärfe dementiert worden.

Dabei besteht allenfalls ein negativer Zusammenha­ng: Der Amoktäter soll »Ausländer« gehasst und den rechten Massenmörd­er Breivik bewundert haben. Wenn es etwas Politische­s in dieser Tat gäbe, dann wäre sie als »Gegenterro­r« zu denen zu veranschla­gen, die in Würzburg und Ansbach losschluge­n. Auch wenn etwa »Nizza« tatsächlic­h für ein Verschmelz­en von Amok und Terror stehen mag: Bei aller Trauer ist niemand der Aufgabe entbunden, dort, wo es geht, sehr genau hinzuschau­en.

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