Jemen: Kontrahenten kontern den Frieden
Gespräche der Konfliktparteien vor dem Scheitern / Waffenstillstand wird immer wieder gebrochen
Die Friedensgespräche für Jemen vor dem Scheitern: Die Huthi-Milizen und die Partei des Ex-Präsidenten Saleh wollen eine Schattenregierung bilden. Präsident Hadi konterte mit einem Ultimatum. Am Ende war es schon ein Erfolg, dass die Teilnehmer der Friedensgespräche für Jemen am Wochenende nicht abreisten. Die Mitarbeiter des UNOGesandten Ismail Ould Scheich Ahmed, Vertreter der Huthi-Milizen und der international anerkannten Regierung von Abed Rabbo Mansur Hadi einigten sich schließlich darauf, den seit April laufenden Gesprächen noch eine weitere Woche zu geben.
Zuvor hatten beide Seiten den Druck erhöht. Die Huthi-Milizen und der Allgemeine Volkskongress, die Partei von Ex-Präsident Ali Abdullah Saleh, gaben in der vergangenen Woche die Bildung einer eigenen Regierung bekannt, die jene Gebiete regieren soll, die unter Kontrolle der Huthi und der Militäreinheiten stehen, die sich auf die Seite von Saleh geschlagen haben. Die Hadi-Regierung indes forderte die Gegenseite auf, bis zum kommenden Sonntag den UNO-Zeitplan für ein Ende des Krieges zu akzeptieren. Darin ist vorgesehen, dass sich alle Militärangehörigen wieder unter den Oberbefehl der Hadi-Regierung stellen, die Kampfgruppen ihre Waffen niederlegen und sich aus den Städten zurück ziehen. Danach soll dann über das künftige Regierungssystem verhandelt werden, mit dem Ziel, allen Bevölkerungsgruppen eine »möglichst gerechte Beteiligung« (Scheich Ahmed) zu garantieren.
Doch die vor allem von schiitischen Jemeniten unterstützten Huthis sind misstrauisch. »Wir sitzen nun seit Monaten mit Hadi an einem Tisch«, sagt Huthi-Sprecher Mohammad Abdulsalam, »und er hat sich immer geweigert, über das Thema Regierungsbeteiligung zu sprechen.« Stattdessen habe die internationale Militärallianz, die von Saudi-Arabien dominiert wird, trotz des Waffenstillstandes immer wieder Ziele in von den Huthis kontrollierten Gebieten angegriffen; dabei kamen mehrere hundert Zivilisten ums Leben. Aber: Auch Huthi-Kämpfer haben immer wieder den Waffenstillstand gebrochen, der offiziell während der Gespräche gilt. Zuletzt wurden am Sonntag saudische Grenzschützer angegriffen; sieben Saudis und eine unbekannte Zahl an Huthi-Kämpfern starben dabei. Langsam aber stetig brachten Huthi-Einheiten in den vergangenen Monaten auch weitere Gebiete unter ihre Kontrolle. »Wenn hier jemand erschossen wird und dort noch jemand, dann bekommt man das nicht so mit«, sagt Hadi-Sprecher Radscheh Badi. »Das bedeutet aber nicht, dass nichts passiert.«
Mit der Bildung einer eigenen Regierung versuchen Huthis und Allgemeiner Volkskongress (AVK) nun, ihre Kontrolle über ein Gebiet, das grob die Fläche der einstigen Republik Nord-Jemen umfasst, zu legitimieren. Gleichzeitig meldet Saleh, der schon seit Langem gegen die HadiRegierung arbeitet, damit nun auch offiziell seinen Machtanspruch an. Der AVK war von seiner Gründung 1982 bis zur Vereinigung 1990 die Einheitspartei in Nord-Jemen; Saleh war dort seit 1978 Präsident gewesen; nach der Vereinigung mit Süd- Jemen führte er das Land, bis er 2011 nach monatelangen Massenprotesten gezwungen wurde, die Amtsgeschäfte übergangsweise an Vizepräsident Hadi zu übergeben. Im Februar 2012 war Hadi dann der einzige Kandidat der Präsidentschaftswahl.
Saleh arbeitete in den vergangenen Jahren stets an seiner Rückkehr an die Macht. Immer wieder traf er sich mit Huthi-Funktionären, während sich eine Reihe von Militärkommandeuren, die insgesamt bis zu 40 Prozent der Armee unter sich haben, schon während des Machtwechsels 2011 an seine Seite gestellt hatten. In den Regionen, die von diesen Einheiten kontrolliert werden, führte dies dazu, dass sie zwar offiziell zum Gebiet der Regierung gehörten, die dort stationierten Truppen aber Befehle gegen die Huthi-Milizen nicht befolgten.