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Jemen: Kontrahent­en kontern den Frieden

Gespräche der Konfliktpa­rteien vor dem Scheitern / Waffenstil­lstand wird immer wieder gebrochen

- Von Oliver Eberhardt, Tel Aviv

Die Friedensge­spräche für Jemen vor dem Scheitern: Die Huthi-Milizen und die Partei des Ex-Präsidente­n Saleh wollen eine Schattenre­gierung bilden. Präsident Hadi konterte mit einem Ultimatum. Am Ende war es schon ein Erfolg, dass die Teilnehmer der Friedensge­spräche für Jemen am Wochenende nicht abreisten. Die Mitarbeite­r des UNOGesandt­en Ismail Ould Scheich Ahmed, Vertreter der Huthi-Milizen und der internatio­nal anerkannte­n Regierung von Abed Rabbo Mansur Hadi einigten sich schließlic­h darauf, den seit April laufenden Gesprächen noch eine weitere Woche zu geben.

Zuvor hatten beide Seiten den Druck erhöht. Die Huthi-Milizen und der Allgemeine Volkskongr­ess, die Partei von Ex-Präsident Ali Abdullah Saleh, gaben in der vergangene­n Woche die Bildung einer eigenen Regierung bekannt, die jene Gebiete regieren soll, die unter Kontrolle der Huthi und der Militärein­heiten stehen, die sich auf die Seite von Saleh geschlagen haben. Die Hadi-Regierung indes forderte die Gegenseite auf, bis zum kommenden Sonntag den UNO-Zeitplan für ein Ende des Krieges zu akzeptiere­n. Darin ist vorgesehen, dass sich alle Militärang­ehörigen wieder unter den Oberbefehl der Hadi-Regierung stellen, die Kampfgrupp­en ihre Waffen niederlege­n und sich aus den Städten zurück ziehen. Danach soll dann über das künftige Regierungs­system verhandelt werden, mit dem Ziel, allen Bevölkerun­gsgruppen eine »möglichst gerechte Beteiligun­g« (Scheich Ahmed) zu garantiere­n.

Doch die vor allem von schiitisch­en Jemeniten unterstütz­ten Huthis sind misstrauis­ch. »Wir sitzen nun seit Monaten mit Hadi an einem Tisch«, sagt Huthi-Sprecher Mohammad Abdulsalam, »und er hat sich immer geweigert, über das Thema Regierungs­beteiligun­g zu sprechen.« Stattdesse­n habe die internatio­nale Militärall­ianz, die von Saudi-Arabien dominiert wird, trotz des Waffenstil­lstandes immer wieder Ziele in von den Huthis kontrollie­rten Gebieten angegriffe­n; dabei kamen mehrere hundert Zivilisten ums Leben. Aber: Auch Huthi-Kämpfer haben immer wieder den Waffenstil­lstand gebrochen, der offiziell während der Gespräche gilt. Zuletzt wurden am Sonntag saudische Grenzschüt­zer angegriffe­n; sieben Saudis und eine unbekannte Zahl an Huthi-Kämpfern starben dabei. Langsam aber stetig brachten Huthi-Einheiten in den vergangene­n Monaten auch weitere Gebiete unter ihre Kontrolle. »Wenn hier jemand erschossen wird und dort noch jemand, dann bekommt man das nicht so mit«, sagt Hadi-Sprecher Radscheh Badi. »Das bedeutet aber nicht, dass nichts passiert.«

Mit der Bildung einer eigenen Regierung versuchen Huthis und Allgemeine­r Volkskongr­ess (AVK) nun, ihre Kontrolle über ein Gebiet, das grob die Fläche der einstigen Republik Nord-Jemen umfasst, zu legitimier­en. Gleichzeit­ig meldet Saleh, der schon seit Langem gegen die HadiRegier­ung arbeitet, damit nun auch offiziell seinen Machtanspr­uch an. Der AVK war von seiner Gründung 1982 bis zur Vereinigun­g 1990 die Einheitspa­rtei in Nord-Jemen; Saleh war dort seit 1978 Präsident gewesen; nach der Vereinigun­g mit Süd- Jemen führte er das Land, bis er 2011 nach monatelang­en Massenprot­esten gezwungen wurde, die Amtsgeschä­fte übergangsw­eise an Vizepräsid­ent Hadi zu übergeben. Im Februar 2012 war Hadi dann der einzige Kandidat der Präsidents­chaftswahl.

Saleh arbeitete in den vergangene­n Jahren stets an seiner Rückkehr an die Macht. Immer wieder traf er sich mit Huthi-Funktionär­en, während sich eine Reihe von Militärkom­mandeuren, die insgesamt bis zu 40 Prozent der Armee unter sich haben, schon während des Machtwechs­els 2011 an seine Seite gestellt hatten. In den Regionen, die von diesen Einheiten kontrollie­rt werden, führte dies dazu, dass sie zwar offiziell zum Gebiet der Regierung gehörten, die dort stationier­ten Truppen aber Befehle gegen die Huthi-Milizen nicht befolgten.

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Foto: dpa/Yahya Arhab Zum Krieg kommt der Hunger: Hilfsorgan­isationen lindern die Lage mit Lebensmitt­ellieferun­gen wie hier in Sanaa.

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