In Jerewan gaben »Unbändige aus Sassun« auf
Besetzung einer Polizeistation in der armenischen Hauptstadt nach zwei Wochen beendet / 20 Nationalisten verhaftet
Am 17. Juli hatten radikale armenische Nationalisten eine Bezirkspolizeistation besetzt. Die Meuterer hofften, dass das Volk sie unterstützen und den Präsidenten Sersch Sargsjan stürzen würde. Krawalle in Jerewan sind nach 15-tägiger Belagerung der Meuterer beendet. Wie der Nationale Sicherheitsdienst (SNB) Armeniens mitteilte, ist die Bezirkspolizeistation, in der sich die Rebellen verschanzt hatten, befreit worden. 20 von ihnen seien verhaftet worden. Ein Sprecher der Aufständischen hatte bereits am Sonntag die Redaktionen armenischer Medien angerufen und bekannt gegeben, sie seien bereit, die Waffen niederzulegen.
Am 17. Juli hatten radikale armenische Nationalisten von der Bewegung Sasna Crer eine Bezirkspolizeistation im historischen Stadtteil Erebuni besetzt und Geiseln genommen. Sasna Crer heißt »Unbändige aus Sassun«, nach einer Heldendichtung aus dem 10. Jahrhundert. Sie forderten die Freilassung ihrer seit Mitte Juni inhaftierten Gesinnungsgenossen und die sofortige Lösung des Karabachkonflikts.
Die Meuterer waren davon ausgegangen, das Volk werde sie unterstützen und den Präsidenten Sersch Sargsjan stürzen. Allgemein wurde erwartet, dass diese Nationalpatrioten schon am nächsten Tag aufgeben würden, weil sie kaum Rückhalt in der Bevölkerung hatten. Sie hielten aber ganze zwei Wochen im belagerten Gebäude durch.
Die Behörden wagten nicht, hart durchzugreifen, weil sich unter den Aufständischen viele Veteranen des Karabachkrieges aus den 1980er Jahren befanden. Präsident Sargsjan hatte seinerzeit die Befreiung der umkämpften armenischen Exklave in Aserbaidschan geleitet und eine moderne armenische Armee aufgebaut, die heute in der Lage ist, dem Nachbarland zu trotzen. Die »Sassuner« baten die Bürger um Unterstützung. Danach fanden Sympathiekundgebungen am belagerten Polizeigebäude statt. Als sie dort verboten wurden, versammelten sich die Protestierenden am Platz der Freiheit vor der Jerewaner Oper. Einige Hundert wurden vorübergehend festgenommen.
Bei Zusammenstößen am besetzten Polizeigebäude wurden mehrere Oppositionelle zum Teil schwer verletzt. Ärzte wurden von den Besetzern als Geiseln genommen. Am Samstag starb der Angehörige der Polizeitruppen, Jurik Tepanosjan, durch eine Kugel. Nach behördlichen Angaben fiel der Schuss vom Dach des belagerten Hauses. Die Belagerten wiesen diese Behauptung zurück.
Bevor sich die Aufständischen ergaben, veröffentlichten sie eine Erklärung. Der Protest werde über kurz oder lang wieder aufflammen, heißt es darin. Sasna Crer werde nicht zulassen, dass Armenien sich in eine russische Provinz verwandle. Die Organisation will von geheimen Verhandlungen über die Rückgabe von fünf armenisch besetzten Bezirken an Aserbaidschan erfahren haben.