Kakerlaken schrecken Restaurantgäste auf
Protest gegen britische Burgerkette Byron, die Mitarbeiter ohne Papiere offenbar den Behörden auslieferte
Die britische Hamburgerkette Byron ist unter Beschuss. Sie hat den Behörden geholfen, Mitarbeiter ohne Aufenthaltsbewilligung zu identifizieren. Aktivisten setzen bei ihrem Protest auch auf Kakerlaken. Byron ist eine Schnellrestaurantkette für Feinschmecker. Hier werden keine gewöhnlichen Hamburger aufgetischt, sondern Gourmetfrikadellen: vier Schnitten britisches Rindsfleisch, frisch gehackt und bei mittlerer Hitze gebraten, bis es rosarot und saftig ist. Am vergangenen Freitag allerdings stießen die Kunden in zwei Londoner Restaurants auf weniger appetitliche Ware: Hunderte Kakerlaken, Heuschrecken und Grillen krochen auf einmal zwischen den Tischen herum, die Lokale mussten schließen.
Der Ungezieferüberfall war eine Protestaktion der Gruppen »London Black Revolutionaries« und »Malcolm X Movement«. Sie wollten damit ihrer Empörung über die Restaurantkette Ausdruck verleihen, weil diese vor rund einem Monat dem Innenministerium bei einer Razzia behilflich gewesen war: In mehreren Restaurants tauchten am Morgen des 4. Juli Mitarbeiter der Einwanderungsbehörde auf, um den Migrationsstatus der Angestellten zu überprüfen. 35, darunter Einwanderer aus Albanien, Brasilien, Nepal und Ägypten, wurden wegen fehlender Aufenthaltsbewilligung verhaftet. Wie das Innenministerium mitteilte, haben 25 von ihnen Großbritannien bereits »freiwillig« verlassen oder wurden abgeschoben.
Besonders die Art und Weise, wie sich Byron bei dieser Aktion verhalten hatte, führte zu Entrüstung: Nach Aussage eines Mitarbeiters hatte das Unternehmen die Angestellten unter dem Vorwand eines Weiterbildungskurses in eines der Lokale gelockt, wo kurz darauf die Immigrationsbehörde aufkreuzte. Nachdem eine spanischsprachige Onlinezeitung vergangene Woche von der Razzia berichtet hatte, verbreitete sich der Hashtag #boycottbyron schnell im Internet, Aktivisten und Politiker äußerten sich schockiert über die dreist gestellte Falle. »Wenn diese Anschuldigungen stimmen, dann sollten sich die Bosse von Byron schämen«, sagte etwa die stellvertretende Vorsitzende der Grünen, Amelia Womack.
Am Freitag wurden mehrere Proteste vor Byron-Filialen in London und in anderen Städten aufgezogen, einige davon herkömmlich mit Plakaten und Lautsprechern, andere unter Mitwirkung von Insekten. »Wir entschuldigen uns bei den Kunden und den Mitarbeitern für jeglichen Ärger, den wir verursacht haben«, sagten die verantwortlichen Aktivisten gegenüber der Internetzeitung »Huffington Post«. »Aber wir mussten handeln, denn Abschiebungen dieser Art sind inakzeptabel. Wir müssen diese Leute und ihre Familien vor solch unmenschlicher Behandlung schützen.«
Den Protestierenden geht es indes auch darum, auf die miserablen Arbeitsbedingungen im Niedriglohnsektor aufmerksam zu machen. In der Gastronomie und im Reinigungssektor arbeiten oft schlecht bezahlte Migranten, die kaum gewerkschaftlich organisiert sind und denen deshalb die Mittel fehlen, bessere Konditionen zu erkämpfen. »Byron Burger wusste wohl über den Migrationsstatus dieser Mitarbeiter Bescheid, aber anstatt etwas dagegen zu unternehmen, beuteten sie sie weiterhin mit Armutslöhnen und prekären Arbeitsverhältnissen aus«, sagte ein Protestierender im schottischen Glasgow.
Für Byron hingegen hat sich die Kooperation mit den Behörden ausgezahlt: Weil die Angestellten gefälschte Papiere vorgelegt hatten, träfe das Unternehmen keine Schuld und es müsse daher keine Strafe bezahlen, ließ das Innenministerium verlauten. Doch die Affäre scheint noch lange nicht vorbei zu sein: Die Proteste sollen anhalten, kündigten Aktivisten an.