Wertschöpfung geht an Afrika vorbei
Es gibt sie fraglos: positive Auswirkungen der Altkleiderexporte nach Afrika. Bis die »SecondHand-Ware« an den Endverbraucher kommt, entsteht auch in Afrika Beschäftigung: Arbeitsplätze im Handel und Transport sowie in Schneidereien, die per BilligHandarbeit die Kleidung passfertig machen. Und für die Altkleider gilt selbstverständlich das, was für Tomatenmark aus Italien, Milchpulver aus Dänemark, Tiefkühlhühnchen aus Deutschland gilt: Der afrikanische Konsument freut sich über die von der EU hoch subventionierte Billigware, denn Geld ist bei vielen knapp.
Es steht aber entwicklungsökonomisch außer Frage, dass die Altkleiderexporte keine Entwicklung in Afrika zu generieren vermögen. Denn Entwicklung hieße, den Aufbau von Wertschöpfungsketten zu fördern. Afrika hatte einst einen prosperierenden Textilsektor, von dem nur noch Rudimente übrig sind, nicht nur, aber auch wegen Altkleiderexporten.
Die Verweise der Bundesregierung, die unter anderem staatliche Eingriffe in Privatunternehmen und die mangelnde Produktivität von Betrieben als ursächlich für den Rückgang der lokalen Produktion auf dem Kontinent benennt, sind nicht gänzlich von der Hand zu weisen. Zu kurz greifen sie dennoch: Gegen Dumpingexporte und Altkleider ist kein Kraut gewachsen.
Afrika hat von der Baumwolle bis zur Endfertigung viel Potenzial im Textilsektor zu bieten. Es zu erschließen, Stufe um Stufe der Wertschöpfungskette, würde Beschäftigung und Einkommen schaffen. So könnten »Zukunftsperspektiven für junge Menschen in Afrika« geschaffen werden, wie es Entwicklungsminister Gerd Müller postuliert. Ohne Fairness im Handel geht das freilich nicht.