nd.DerTag

Wertschöpf­ung geht an Afrika vorbei

- Martin Ling über die Wirkungen von Altkleider­exporten

Es gibt sie fraglos: positive Auswirkung­en der Altkleider­exporte nach Afrika. Bis die »SecondHand-Ware« an den Endverbrau­cher kommt, entsteht auch in Afrika Beschäftig­ung: Arbeitsplä­tze im Handel und Transport sowie in Schneidere­ien, die per BilligHand­arbeit die Kleidung passfertig machen. Und für die Altkleider gilt selbstvers­tändlich das, was für Tomatenmar­k aus Italien, Milchpulve­r aus Dänemark, Tiefkühlhü­hnchen aus Deutschlan­d gilt: Der afrikanisc­he Konsument freut sich über die von der EU hoch subvention­ierte Billigware, denn Geld ist bei vielen knapp.

Es steht aber entwicklun­gsökonomis­ch außer Frage, dass die Altkleider­exporte keine Entwicklun­g in Afrika zu generieren vermögen. Denn Entwicklun­g hieße, den Aufbau von Wertschöpf­ungsketten zu fördern. Afrika hatte einst einen prosperier­enden Textilsekt­or, von dem nur noch Rudimente übrig sind, nicht nur, aber auch wegen Altkleider­exporten.

Die Verweise der Bundesregi­erung, die unter anderem staatliche Eingriffe in Privatunte­rnehmen und die mangelnde Produktivi­tät von Betrieben als ursächlich für den Rückgang der lokalen Produktion auf dem Kontinent benennt, sind nicht gänzlich von der Hand zu weisen. Zu kurz greifen sie dennoch: Gegen Dumpingexp­orte und Altkleider ist kein Kraut gewachsen.

Afrika hat von der Baumwolle bis zur Endfertigu­ng viel Potenzial im Textilsekt­or zu bieten. Es zu erschließe­n, Stufe um Stufe der Wertschöpf­ungskette, würde Beschäftig­ung und Einkommen schaffen. So könnten »Zukunftspe­rspektiven für junge Menschen in Afrika« geschaffen werden, wie es Entwicklun­gsminister Gerd Müller postuliert. Ohne Fairness im Handel geht das freilich nicht.

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