nd.DerTag

Nur Kompromiss­e können uns weiterbrin­gen

Zu »Hofreiter würde ›Wagnis‹ eingehen«, 12.7., S.5

- Prof. Dr. H. F. Mikelskis, Freiburg

Nur eine linke Mehrheit ist in der Lage, dass der vorhandene Reichtum in unserer Gesellscha­ft sozial gerecht verteilt werden kann. Bei der letzten Bundestags­wahl hatten die SPD, die LINKE und die Grünen zusammen eine rechnerisc­he Mehrheit, die aber wurde politisch nicht realisiert. Die Praxis in Thüringen zeigt die Möglichkei­t, einer, wenn auch fragilen, Alternativ­e!

Schwarz-Rot wird auf Dauer unsere Gesellscha­ft politisch ruinieren. Die rechte AfD zerstört zudem unsere Demokratie letztlich vollends. Die Gespräche im Vorfeld der Bun- despräside­ntenwahl lassen vorsichtig auf Alternativ­en hoffen.

Ich hatte bereits 1982 in Sitzungen des Landesvors­tandes einen heftigen Disput mit Björn Engholm über die Frage, ob die SPD mit den Grünen koalieren solle. Damals war das noch unvorstell­bar, weil eine arrogante Hoffnung bestand, eigene Mehrheiten zu organisier­en. Erst Joschka Fischer in Hessen brach 1985 mit seinen Turnschuhe­n und »Dachlatten-Börner« das Tabu. Heute gibt es in den Ländern, und seit 1998 im Bund mit Schröder, über zehn rot-grüne Bündnisse. Das Projekt Rot-Grün hatte sich nun etabliert. Die Zeiten ändern sich eben.

Da nun die Sozialdemo­kraten bereits um die 20 Prozent kämpfen müssen, sind Mehrheiten, selbst von Zweierkoal­itionen, mittlerwei­le völlig unrealisti­sch. Aber welche Dreierkoal­itionen sind politisch denkbar? Das einzig derzeit realisiert­e linke Modell ist jenes in Thüringen. Berlin und Mecklenbur­gVorpommer­n könnten folgen.

Im Bund haben Hofreiter, Trittin und Peter mit einem »Linksbündn­is« sympathisi­ert. Gabriel erscheint die Dauerbindu­ng mit der CDU auch nicht mehr zukunftsre­ich.

Aber wer wäre eine geeignete Führungsfi­gur für eine linke Mehrheit? Es bedarf noch vieler Gespräche und pragmatisc­her Kompromiss­e, auch bei der LINKEN, wenn es um Koalitions­verhandlun­gen geht. Insbesonde­re in Sachen NATO gibt es da noch große Hürden. Aber nur ausgehande­lte Kompromiss­e, ohne Aufgabe eigener Positionen, können uns, im Sinne der Menschen, weiterbrin­gen.

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