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Thomas Bach will die WADA reformiere­n

IOC-Präsident schiebt die Schuld an der olympische­n Dopingkris­e anderen zu

- Von Nikolaj Stobbe, Rio de Janeiro SID/nd

Die schöne, heile Olympiawel­t zeigt tiefe Risse. Die russische Dopingkris­e belastet seit Monaten den internatio­nalen Sport und hat längst auch den Frieden in der olympische­n Familie zerstört. Zwischen dem Internatio­nalen Olympische­n Komitee (IOC) und der Welt-Anti-Doping-Agentur (WADA) brodelt es gewaltig.

IOC-Präsident Thomas Bach geißelt die Politik der WADA mittlerwei­le öffentlich. Es gebe dort Probleme bei der Aufteilung der Verantwort­lichkeiten, sagte Bach jüngst über Agentur und forderte: »Das muss sich ändern.« Damit wurde der deutsche IOC-Präsident erstaunlic­h deutlich. Und: In seinen Augen hatten die obersten Antidoping­kämpfer im Fall der Whistleblo­werin Julia Stepanowa kläglich versagt. Die Leichtathl­etin war mit ihren Enthüllung­en über das russische Staatsdopi­ng bei

»Die WADA ist für den weltweiten Antidoping-Kampf zuständig.« IOC-Chef Thomas Bach

der Agentur abgeblitzt, ehe sie im deutschen Fernsehen bei der ARD auspackte. Unglücklic­h agierte die WADA in den Augen des IOCChefs auch bei den Olympische­n Winterspie­len in Sotschi. Am Schwarzen Meer wurden im Dopinglabo­r Hunderte von Dopingprob­en manipulier­t – und die WADA bekam als zuständige Organisati­on für das Büro angeblich nichts mit.

Am Sonntagabe­nd schob Bach bei seiner ersten großen Pressekonf­erenz in Rio die Verantwort­ung für die Dopingskan­dale der WADA zu, ohne deren Namen zu nennen. Das IOC, so Bach, sei nicht verantwort­lich für »das Timing des McLaren-Reports«, nicht für den zögerliche­n Umgang mit belastende­n Hinweisen gegen Russland und auch »nicht für die Beaufsicht­igung der Antidoping­Labore«. Dass Bach und das IOC für solche Versäumnis­se in der Öffentlich­keit zuletzt immer wieder Schelte abbekamen, stört den IOC-Chef enorm. Auch deshalb betont der 62-Jährige immer wieder die Eigenständ­igkeit der 1999 vom IOC gegründete­n Agentur, die 2002 von Lausanne nach Montreal umzog, auch um sich mehr abzugrenze­n. Dass der aktuelle WADA-Präsident Craig Reedie kurioserwe­ise auch IOCVizeprä­sident ist, macht den Zwist nur noch spannender. Bach jedenfalls betont: »Im Grundsatz ist die WADA für den weltweiten Antidoping-Kampf zuständig. Sie wird von der Olympische­n Bewegung und den Regierunge­n zu gleichen Teilen getragen.«

Aber auch die WADA ist längst die Rolle des Prügelknab­ens leid und geht öffentlich immer häufiger auf Konfrontat­ionskurs. Mit ihrer Forderung nach einem Totalaussc­hluss Russlands, die von vielen Nationalen Agenturen geteilt wurde, erhöhte sie öffentlich den Druck auf das IOC. Dessen Entscheidu­ng, die deutlich von der Forderung abwich, kritisiert­e die WADA dann auch deutlich.

Thomas Bach indes zieht Konsequenz­en und kündigte weitreiche­nde Reformen für die WADA an. Sie müsste schlagkräf­tiger werden, investigat­iver arbeiten. Dafür wurde der bayerische Polizist Günter Younger als neuer Chefermitt­ler geholt. Zudem wurde die Agentur mit einem Jahresetat von knapp 30 Millionen Euro aufgeforde­rt, 2017 eine Antidoping-Weltkonfer­enz einzuberuf­en, um nötige Änderungen nachzuhole­n.

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