Thomas Bach will die WADA reformieren
IOC-Präsident schiebt die Schuld an der olympischen Dopingkrise anderen zu
Die schöne, heile Olympiawelt zeigt tiefe Risse. Die russische Dopingkrise belastet seit Monaten den internationalen Sport und hat längst auch den Frieden in der olympischen Familie zerstört. Zwischen dem Internationalen Olympischen Komitee (IOC) und der Welt-Anti-Doping-Agentur (WADA) brodelt es gewaltig.
IOC-Präsident Thomas Bach geißelt die Politik der WADA mittlerweile öffentlich. Es gebe dort Probleme bei der Aufteilung der Verantwortlichkeiten, sagte Bach jüngst über Agentur und forderte: »Das muss sich ändern.« Damit wurde der deutsche IOC-Präsident erstaunlich deutlich. Und: In seinen Augen hatten die obersten Antidopingkämpfer im Fall der Whistleblowerin Julia Stepanowa kläglich versagt. Die Leichtathletin war mit ihren Enthüllungen über das russische Staatsdoping bei
»Die WADA ist für den weltweiten Antidoping-Kampf zuständig.« IOC-Chef Thomas Bach
der Agentur abgeblitzt, ehe sie im deutschen Fernsehen bei der ARD auspackte. Unglücklich agierte die WADA in den Augen des IOCChefs auch bei den Olympischen Winterspielen in Sotschi. Am Schwarzen Meer wurden im Dopinglabor Hunderte von Dopingproben manipuliert – und die WADA bekam als zuständige Organisation für das Büro angeblich nichts mit.
Am Sonntagabend schob Bach bei seiner ersten großen Pressekonferenz in Rio die Verantwortung für die Dopingskandale der WADA zu, ohne deren Namen zu nennen. Das IOC, so Bach, sei nicht verantwortlich für »das Timing des McLaren-Reports«, nicht für den zögerlichen Umgang mit belastenden Hinweisen gegen Russland und auch »nicht für die Beaufsichtigung der AntidopingLabore«. Dass Bach und das IOC für solche Versäumnisse in der Öffentlichkeit zuletzt immer wieder Schelte abbekamen, stört den IOC-Chef enorm. Auch deshalb betont der 62-Jährige immer wieder die Eigenständigkeit der 1999 vom IOC gegründeten Agentur, die 2002 von Lausanne nach Montreal umzog, auch um sich mehr abzugrenzen. Dass der aktuelle WADA-Präsident Craig Reedie kurioserweise auch IOCVizepräsident ist, macht den Zwist nur noch spannender. Bach jedenfalls betont: »Im Grundsatz ist die WADA für den weltweiten Antidoping-Kampf zuständig. Sie wird von der Olympischen Bewegung und den Regierungen zu gleichen Teilen getragen.«
Aber auch die WADA ist längst die Rolle des Prügelknabens leid und geht öffentlich immer häufiger auf Konfrontationskurs. Mit ihrer Forderung nach einem Totalausschluss Russlands, die von vielen Nationalen Agenturen geteilt wurde, erhöhte sie öffentlich den Druck auf das IOC. Dessen Entscheidung, die deutlich von der Forderung abwich, kritisierte die WADA dann auch deutlich.
Thomas Bach indes zieht Konsequenzen und kündigte weitreichende Reformen für die WADA an. Sie müsste schlagkräftiger werden, investigativer arbeiten. Dafür wurde der bayerische Polizist Günter Younger als neuer Chefermittler geholt. Zudem wurde die Agentur mit einem Jahresetat von knapp 30 Millionen Euro aufgefordert, 2017 eine Antidoping-Weltkonferenz einzuberufen, um nötige Änderungen nachzuholen.