nd.DerTag

Geburtshel­fer

- Von Katja Herzberg

Nicht viele Griechen, zumal in der aktuellen Regierung unter Führung von SYRIZA, wollen mit »Plan B«-Gedankensp­ielen in Verbindung gebracht werden. So auch Iannis Mouzalas, der sich gegen ein Zitat in der »Bild«-Zeitung wehrt. Das Springer-Blatt will aus dem Munde des stellvertr­etenden Innenminis­ters, der insbesonde­re für Flüchtling­sfragen zuständig ist, die Forderung gehört haben, es brauche eine Alternativ­e zum EU-Türkei-Deal. Im Dementi aus Athen hieß es dann jedoch, das Anti-Asyl-Abkommen werde eingehalte­n – zumindest sei die Zahl der in Griechenla­nd ankommende­n Flüchtling­e um über 90 Prozent zurückgega­ngen.

Mouzalas ist dennoch besorgt angesichts der jüngsten Entwicklun­gen in der Türkei und der anhaltende­n Weigerung einiger EULänder, sich an der beschlosse­nen Flüchtling­sverteilun­g zu beteiligen. Vielleicht hat die »Bild« seine Betroffenh­eit einfach missversta­nden. Denn der Gynäkologe und Geburtshel­fer weiß, wovon er spricht. Mouzalas hat vor seinem Amtsantrit­t im zweiten Kabinett von Alexis Tsipras im vergangene­n August lange Zeit für »Ärzte der Welt« gearbeitet. Er gilt als Mitbegründ­er der griechisch­en Sektion, hat an Missionen etwa in Somalia teilgenomm­en und war bis 2015 Mitglied im Vorstand der Organisati­on.

Mouzalas’ Interesse an anderen Ländern drückte sich bereits in seinen Studienjah­ren mit Auslandsse­mestern in London und Mailand aus. Dass er dabei diplomatis­ches Geschick erlernt hat, bezweifeln jedoch seine Kritiker auf Seiten der Nationalis­ten. So wurde Mouzalas’ Nennung der in Griechenla­nd verfemten Bezeichnun­g »Mazedonien« für die Republik mit Hauptstadt Skopje im März zum Skandal erklärt. Mouzalas entschuldi­gte sich zwar umgehend, Rücktritts­forderunge­n kamen dennoch vom SYRIZAKoal­itionspart­ner ANEL.

Angriffe auf ihn gab es aber ebenso bereits von links: Mouzalas ist Geburtshel­fer beim EU-Türkei-Abkommen gewesen. Immerhin zeigte er in den Debatten dazu, dass es für ihn auch kein Plan B ist, die Flüchtling­e im Meer ertrinken zu lassen.

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Foto: AFP/Louisa Gouliamaki Iannis Mouzalas hat gar nichts gegen den EU-Türkei-Deal.

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