nd.DerTag

Maulkorbmi­nister

- Klaus Joachim Herrmann über ukrainisch­e Sportler, die die Wahrheit wagen

Weil ihm offenkundi­g seine Olympionik­en als zu dämlich erscheinen, verordnete ihnen der ukrainisch­e Sportminis­ter Schdanow den Maulkorb. Per »Anweisunge­n« hätten sie, die immerhin ihre Nation vertreten, in Rio jeden Kontakt zu russischen Journalist­en zu unterlasse­n. Sie seien sich der »politische­n Reichweite ihrer Worte« nicht bewusst und der Kremlpropa­ganda dienstbar. Aber gerade diese ukrainisch­en Sportler verweigern sich der gegenüber russischen Kollegen und Freunden verordnete­n Feindschaf­t, der gegen das Nachbarlan­d gerichtete­n Rausschmis­s-Stimmung. Ihre Worte des Anstoßes gründen sich auf Fairness und Logik.

Natürlich ist das Fehlen vieler russischer Athleten in Rio de Janeiro bedauerlic­h und bedeutet einen Qualitätsv­erlust. Natürlich ist es »irgendwie ungerecht«, dass im US-Team Sportler, die ihre Strafe verbüßt haben, teilnehmen dürfen und vergleichb­are russische Sportler ausgeschlo­ssen werden sollten. Noch mehr zweierlei Maß dürfte sich heute und künftig finden lassen. Sogar noch unerwähnt blieb, dass eine Ausschaltu­ng von Konkurrent­en und die Umverteilu­ng von Medaillen durchaus heimlichen Beifall finden kann.

Minister Schdanow jedenfalls bleibt ungeachtet jedes olympische­n Friedens im Kriegszust­and und geht dem Sportsgeis­t aus dem Weg.

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