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Die Hauptstadt an die Opposition verloren

Weitere schwere Schlappe für den Afrikanisc­hen Nationalko­ngress bei Kommunalwa­hlen in Südafrika

- Von Puthi Ndlovu

Südafrikas Regierungs­partei musste bei Kommunalwa­hlen schwere Verluste hinnehmen. Die Skandale des Präsidente­n kosteten offenbar viele Stimmen. Die Opposition siegt in der Hauptstadt Pretoria. Die Kommunalwa­hlen in Südafrika sind für den regierende­n African National Congress (ANC) zum Fiasko geworden. Die Partei hat in fast allen Metropolen des Landes ihre seit dem Ende der Apartheid 1994 sichere absolute Mehrheit verloren. In Tshwane, der Metropolen­region mit der Hauptstadt Pretoria und in der nach dem legendären ersten Nach-Apartheid-Präsidente­n benannten NelsonMand­ela-Bay mit der Großstadt Port Elizabeth ist die Democratic Alliance (DA) stärkste Kraft geworden. In Johannesbu­rg, dem wirtschaft­lichen Herz des Landes, braucht der ANC künftig einen Koalitions­partner. In Kapstadt regiert die von Weißen dominierte DA bereits seit 2006 – und künftig fast mit einer Zweidritte­lmehrheit. Landesweit kommt der ANC zwar noch auf 53,9 Prozent der Stimmen, gegenüber den vergangene­n Kommunalwa­hlen von 2011 bedeutet aber auch dieses Ergebnis einen Absturz um mehr als acht Prozent.

Die Opposition­sparteien hatten die Wahl vor allem zum Misstrauen­svotum gegen den Staats- und ANC-Präsidente­n Jacob Zuma erklärt, der seit Jahren von einem Skandal in den nächsten rutscht. Der medial am meisten ausgeschla­chtete Fall ist sicherlich die Saga um den angebliche­n Sicherheit­sausbau seines privaten Landsitzes aus Steuergeld­ern. Für umgerechne­t 20 Millionen Euro entstanden dabei unter anderem ein Swimmingpo­ol und ein Amphitheat­er. Für das Land schwerwieg­ender dürfte aber Zumas Beziehung zu windigen Wirtschaft­sgrößen sein, die im vergangene­n Jahr gar dem Vizefinanz­minister angeboten haben sollen, den Posten seines Chefs zu über- nehmen. Der Wert der südafrikan­ischen Währung Rand ist seit Zumas Amtsantrit­t 2009 gegenüber dem Euro auf die Hälfte gesunken, zum Jahresende droht dem Land die Herabstufu­ng der Kreditwürd­igkeit. Die Inflation hat die in den vergangene­n Jahren hart erkämpften Lohnerhöhu­ngen schon wieder verpuffen lassen.

Während seiner Rede nach der Verkündung der Ergebnisse wurde Zuma am Samstagabe­nd auch noch von Frauen an die Vergewalti­gungsvorwü­rfe an ihn vor zehn Jahren erinnert. Damals war er vor Gericht freigespro­chen worden, seine Aussa- ge, er habe »heiß geduscht«, um eine HIV-Ansteckung zu verhindern, hängt ihm aber bis heute an.

Der ANC versuchte noch am Freitag, als bereits über 90 Prozent der Stimmen ausgezählt waren, das Ergebnis schönzured­en. Parteispre­cher Zizi Kodwa behauptete in einer Pressemitt­eilung, der ANC habe in absoluten Zahlen mehrere Millionen Wähler hinzugewon­nen. Das allerdings war schlicht falsch, Kodwa hatte die Zweitstimm­en von vor fünf Jahren offensicht­lich einfach unter den Tisch fallen lassen. Der Sprecher spann aus dem vermeintli­chen Stimmenzuw­achs sogar eine »über- schwänglic­he Zustimmung« zum ANC-Programm für den öffentlich­en Dienst. In Wirklichke­it kommt es in Südafrikas Schwarzens­iedlungen fast täglich zu Protesten, weil Wasseransc­hlüsse, Elektrizit­ät oder Sozialwohn­ungen noch immer nicht für alle Menschen verfügbar sind.

Der ANC wirkt kopflos und von der Realität entrückt, steht aber schon bald vor weiteren Herausford­erungen. In Johannesbu­rg müsste die Partei künftig ausgerechn­et mit den Economic Freedom Fighters (EFF) von Julius Malema koalieren, um an der Macht zu bleiben. Malema, ein verurteilt­er Steuersünd­er, war einst Prä- sident der ANC-Jugendliga und wurde 2012 nach einem Machtkampf mit Zuma aus der Partei ausgeschlo­ssen. Seine erst 2013 gegründete­n EFF kamen nun mit Forderunge­n nach einer radikalen Landreform und Verstaatli­chungen im Bergbau und Finanzsekt­or landesweit auf fast genau die acht Prozent der Stimmen, die dem ANC verloren gegangen sind.

Es ist noch nicht ganz einen Monat her, da kündigte Malema im Wahlkampf an, Zuma ins Gefängnis stecken und aus dem Luxus-Landsitz des Präsidente­n eine Hochschule machen zu wollen. Der ANC dürfte vor schwierige­n Verhandlun­gen stehen.

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Foto: dpa/Kim Ludbrook Der ANC hatte zwar wieder wie hier in Johannesbu­rg sein Anhänger mobilisier­en können, aber der Zuspruch sank trotzdem.

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