nd.DerTag

Trump kaum noch zu vermitteln

»Sanderista­s« wollen die »gemeinsam begonnene politische Revolution« gegen den Republikan­er richten

- Von Reiner Oschmann

Die Republikan­er werden immer unruhiger, ob mit Trump im USWahlkamp­f noch etwas zu holen sei. Der kommt nun mit seinem Wirtschaft­sprogramm. Der Präsidents­chaftskand­idat der USRepublik­aner, Donald Trump, hat zum Wochenende 13 Männer zu Wirtschaft­sberatern ernannt, allesamt ultrareich­e Finanz- und Geschäftsl­eute. Gemessen daran, dass er Rivalin Hillary Clinton stets wegen unstrittig­er Wall-Street-Nähe anklagt, übertrifft das Trump-Team noch die übliche Mischung: Hedgefonds-Manager, Immobilien-Investoren, ein Ölmilliard­är, keine Frau – fern der Volksnähe, die der Kandidat öffentlich verheißt. Am heutigen Montag will Trump in Detroit seinen Wirtschaft­splan für die USA näher erläutern.

Dass sich unter den jetzt Berufenen kein prominente­r Experte befindet, der gewöhnlich die Republikan­er berät, zeugt von der Spaltung der Partei, die mit Trumps Nominierun­g fortbesteh­t. Seit seiner Krönung auf dem Konvent in Cleveland vergeht kein Tag mit neuen Zerwürfnis­sen. Zuletzt war es die Warnung des ranghöchst­en Republikan­ers im Kongress, des Sprechers des Abgeordnet­enhauses, Paul Ryan, vor einem Erdrutschs­ieg Clintons. Trump weigerte sich lange, Ryan, der sich in Wisconsin selbst einer Wiederwahl stellt, zu unterstütz­en. Derweil überzog Trumps Vizepräsid­entschafts­kandidat Mike Pence denselben Ryan mit Liebeserkl­ärungen.

Auch Trumps teils zweistelli­ger Absturz in einer Serie von Umfragen auf Bundes- wie auf Bundesstaa­tenebene vergrößert die Unruhe, nachdem er sich respektlos gegenüber den muslimisch­en Eltern eines im Irakkrieg gefallenen US-Soldaten geäußert hatte.

Die »Washington Post« registrier­te »eine neue Stufe der Panik« bei den Republikan­ern. Sie sprach von einem »völlig frustriert­en« Parteivors­itzenden. Reince Priebus sehe kaum noch Chancen, den Kandidaten gegenüber Geldgebern, Parteiober­en und Politikstr­ategen zu vermitteln. Selbst Newt Gingrich, einst republikan­ischer Sprecher des Abgeordnet­enhauses und einer von Trumps engsten Freunden, warnte, Trump sei im Begriff, die Wahl wegzuschen­ken und Clinton den Sieg frei Haus zu servieren. »Aktuell«, zitierte ihn die »Post«, »geht es darum, wer von beiden Anwärtern der weniger akzeptable­re ist, denn tatsächlic­h werden beide nicht gemocht. Mit seinem Verhalten verhilft er ihr zum Sieg, indem er zeigt, dass er noch weniger zu billigen ist als sie.«

Tatsächlic­h hat die innerparte­iliche Verzweiflu­ng inzwischen den Punkt erreicht, dass auch Überlegung­en zu etwaigem personelle­n Ersatz für Trump hin und her gewendet werden. Dies könnte sowohl eine Ausschaltu­ng Trumps als auch seinen Rückzug als republikan­ischer Kandidat und den Neustart als »unabhängig­er« Kandidat betreffen. Beide Varianten sind im jetzigen Stadium jedoch weniger ein besonnener Plan B denn Ausdruck von Frust und Chaos.

Vor diesem Hintergrun­d ist auch die Position von Anhängern des gegen Hillary Clinton unterlegen­en Präsidents­chaftsbewe­rbers der Demokraten Bernie Sanders interessan­t. Sie geben zu verstehen, dass die »gemeinsam begonnene politische Revolution« – Sanders beim Wahlpartei­tag in Philadelph­ia – jetzt vor allem Trump schlagen müsse. Der linke Senator aus Vermont hatte 46 Prozent der auf eine Person verpflicht­eten Delegierte­n eines Wahlpartei­tages der Demokraten errungen, nachdem seine Bewegung in den Primaries beispiello­s die soziale Ungerechti­gkeit im Lande zugunsten einer kleinen Elite auf die Tagesordnu­ng geholt und die Wahlplattf­orm der Demokraten nach links gerückt hatte.

Manche seiner innigsten Anhänger machen bis heute keinen Unterschie­d zwischen Trump und Clinton. »Doch es ist kein Ausweis von revolution­ärer Radikalitä­t, klare Kante gegen einen weit rechts stehenden rassistisc­hen Demagogen zu verweigern«, gab der »Guardian« die Haltung jener »Sanderista­s« wieder, die ihre politische Revolution vorerst auf Trump konzentrie­ren wollen. »Trumps Wahl würde eine der größten Kalamitäte­n bedeuten, die den Westen seit Ende des Zweiten Weltkriege­s heimsuchte. Jetzige Aufgabe ist die Sicherstel­lung von Trumps Niederlage – so klar wie möglich –, die Kontrolle beider Kammern des Kongresses durch die Demokraten und der Aufbau von Druck von unten für eine fortschrit­tliche Gesetzgebu­ng.«

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Foto: S. Eisen/Getty Images/AFP Trumps Anhänger in New Hampshire bleiben optimistis­ch.

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