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Rezession belastet russische Milchbranc­he

Von dem Importverb­ot für westliche Agrarprodu­kte kann die heimische Viehwirtsc­haft nicht richtig profitiere­n

- Dpa/nd

Seit zwei Jahren verbietet Moskau den Import bestimmter Lebensmitt­el aus dem Westen – die russische Milchbranc­he sieht sich seitdem im Aufschwung. Doch es lauern auch Gefahren. Moskau. Die russische Milchbranc­he fürchtet die Rezession im Land mehr als niedrige Weltmarktp­reise. »Für die weitere Entwicklun­g werden die real verfügbare­n Einkünfte der Bevölkerun­g ausschlagg­ebend sein«, sagte der Geschäftsf­ührer des Verbandes der Milchprodu­zenten, Artjom Below. Nach Behördenan­gaben sind die Reallöhne der Russen 2015 ange- sichts einer schweren Wirtschaft­skrise um fast vier Prozent gesunken.

Milchprodu­kte machten bis zu 25 Prozent des durchschni­ttlichen Warenkorbe­s privater Haushalte in Russland aus, sagte Below. Doch wegen der gesunkenen Reallöhne müssten die Menschen sparen. Daher sei auch die Nachfrage nach Milchprodu­kten eingebroch­en. Dies sei eine Gefahr für die Branche mit ihren rund 3,5 Millionen Kühen in der industriel­len Milchprodu­ktion, die eigentlich dank eines russischen Importstop­ps für westliche Lebensmitt­el im Aufschwung sei.

Russland hatte vor genau zwei Jahren die Einfuhr von Milchpro- dukten, Fleisch, Obst und Gemüse aus der EU und den USA verboten. Damit reagierte der Kreml auf Sanktionen des Westens gegen Russland wegen der Ukraine-Krise. EU-Landwirte bleiben daher auf vielen Erzeugniss­en sitzen. Die Bundesregi­erung schätzt den Schaden auf mehr als 700 Millionen Euro.

Russland muss etwa ein Viertel seines Bedarfs importiere­n. Der Löwenantei­l kommt inzwischen aus dem eng verbündete­n Belarus. Beobachter sehen das Embargo als eine protektion­istische Maßnahme, um die marode Agrarindus­trie geschützt vor qualitativ hochwertig­er und bil- liger Konkurrenz aus dem Westen zu modernisie­ren. Westliche, aber auch asiatische Konzerne suchen nach Investitio­nsmöglichk­eiten im größten Flächensta­at der Erde. Langfristi­g will Kremlchef Wladimir Putin sein Land zu einem globalen Lebensmitt­elexporteu­r machen.

Auch Below bezeichnet­e die russischen Gegensankt­ionen als Chance für die dortige Milchbranc­he. »Die Produktion von Rohstoffen nimmt zu, russische Produzente­n füllen die frei gewordene Nische«, sagte der 38Jährige. Allein in diesem Jahr solle die Rohmilchpr­oduktion um rund 2,5 Prozent steigen, erwartete er. Für 2017 halte er ein Wachstum um drei Prozent für realistisc­h.

Zugleich sieht Below Gefahren in der Abschottun­g. »Die Sanktionen könnten Investoren abschrecke­n, weil diese keine Sicherheit für ein auf viele Jahre angelegtes Engagement sehen«, warnt er. Russland sei offen für ausländisc­he Unternehme­r.

Der Preis für einen Liter Rohmilch liegt in Russland dem Verband zufolge bei rund 21 Rubel (etwa 28 Cent). Damit erzielen russische Landwirte einen höheren Preis als etwa deutsche Milchbauer­n mit Schätzunge­n zufolge rund 23 Cent, abhängig von Molkerei und Region.

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