Lädiertes Leipzig
Ein Viertel aller technischen Denkmale in der Stadt ist in den vergangenen 15 Jahren abgerissen worden
Steter Tropfen höhlt den Stein. Die Grünen sehen den Denkmalschutz in Sachsen schon lange bröckeln. Immer wieder stellen sie dazu im Landtag Anfragen. Nun richtet sich der Fokus auf Leipzig. Leipzig. Sachsens Grüne verlangen mehr Beistand für Eigentümer von Denkmälern. »Schon jetzt reichen die Zuschüsse nicht, um für wichtige Denkmale zumindest ein Minimum an Förderung bereitzustellen. Wenn aber weder saniert noch gesichert werden kann, drohen Verfall und Abriss«, erklärte der Landtagsabgeordnete Wolfram Günther. Diese Entwicklung müsse dringend korrigiert werden. Sonst würden immer mehr historische Bauten aus dem Ortsbild und letztlich aus dem Gedächtnis verschwinden.
Günther hatte im Landtag den Denkmalschutz immer wieder hinterfragt. Diesmal ging es ihm vor allem um Leipzig: »In den vergangenen 15 Jahren wurden hier etwa 800 Kulturdenkmale abgerissen. Ganz besonders gefährdet sind dabei die technischen Denkmale.« 25 Prozent von ihnen in der Messestadt seien seit 2000 verschwunden: »Gab es vor 15 Jahren davon noch 649, waren es Ende Juni 2016 nur noch 486. Laut Innenministerium fallen darunter aber auch Gebäude, die inzwischen aus der Liste der Kulturdenkmale gestrichen wurden.
»Die Größenordnung dieses unwiederbringlichen Verlusts an gebauter Kultur ist erschreckend«, betonte Günther. Leipzig habe damit ein gewaltiges Entwicklungspotenzial verloren. Die Stadt besitze einen großen Reichtum an Bauzeugnissen vergangener Epochen, deren Bewahrung von hoher gesellschaftlicher Bedeutung sei. Die Stadt verfüge mit 14 055 Denkmälern aktuell über den zweithöchsten Denkmalbestand in Sachsen. Doch der Abrisstrend halte an. Aktuell lägen bereits sieben weitere Abrissgenehmigungen vor.
Die Stadt Leipzig widersprach der Darstellung: »Die Zahl von 800 Abbrüchen ist nicht zutreffend.« Nach Auskunft des Landesamtes für Denkmalpflege seien seit dem Jahr 2000 in Leipzig 483 Denkmäler abgerissen worden. »Zum überwiegenden Teil handelte es sich um nicht mehr sanierungsfähige Wohnhäuser«, erklärte Christoph Sorger vom Referat Kommunikation. Durch Stilllegung vieler Industriebetriebe nach 1990 blieben binnen weniger Jahre eine große Zahl historischer Fabrikgebäude ohne Nutzung. In den letzten Jahren sei nahezu der gesamte Denkmalbestand der Stadt Leipzig instandgesetzt worden. Abbrüche seien künftig nur noch in wenigen Ausnahmefällen zu erwarten: »Von einem anhaltenden Abriss kann nicht die Rede sein.«
Günther sieht aber auch Sachsen in der Pflicht: »Der Freistaat vernachlässigt beim Denkmalschutz mitunter selbst seine Vorbildrolle.« In den vergangenen zehn Jahren seien 23 Leipziger Denkmäler in Landesbesitz abgerissen worden, für weitere sechs lägen Abrissgenehmigungen vor. Das In- nenministerium hielt dagegen: »Teilabrisse von Denkmalen sind in manchen Fällen erforderlich, um den restlichen denkmalgeschützten Gebäudebestand einer neuen, zeitgemäßen Nutzung zuzuführen und damit den Erhalt sicherzustellen.«
»In Sachsen befinden sich heute trotz der Rettung Zehntausender Kulturdenkmale ganze Denkmalgruppen in einem dramatischen Zustand. Dies betrifft sowohl städtische Wohnhäuser, ländliche Anwesen als auch zunehmend die technischen Denkmale. Hier fehlt es an ausreichender finanzieller Förderung zum Erhalt«, kritisierte der Abgeordnete. Schon zuvor hatte er ermittelt, dass in Sachsen seit dem Jahr 2000 knapp 5000 Baudenkmäler durch Abbruch verloren gingen.
Nach Darstellung des Innenministeriums hat Sachsen in den Jahren umfangreiche Fördermittel bereitgestellt. Beim Landesprogramm Denkmalpflege können Eigentümer oder Besitzer eines Denkmals unter anderem für Sicherung und Erhaltung 60 Prozent des erforderlichen Mehraufwandes erstattet bekommen, in Ausnahmefällen sogar bis 85 Prozent. Das Volumen für dieses Programm belaufe sich in den Jahren 2013 bis 2016 auf jeweils 5 Millionen Euro. Leipzig erhalte allein in diesem Jahr rund 642 000 Euro, 2015 waren es knapp 663 000 Euro.
Mit dem Sonderprogramm Denkmalpflege werde zudem der Erhalt besonders hochwertiger oder national wertvoller Denkmäler gefördert, gab das Ministerium bekannt. Zudem diene es der Komplementärfinanzierung von Bundesprogrammen. Von 2013 bis 2016 seien über das Sonderprogramm insgesamt knapp 35 Millionen bereitgestellt worden.