Kuba privatisiert
Kuba privatisiert seinen internationalen Hauptstadtflughafen
Französischer Konzern übernimmt Havannas Flughafen.
Die Touristen überschwemmen Kuba. Und es werden vermutlich bald noch viel mehr Urlauber auf die sozialistische Karibikinsel kommen. Das bringt die Flughäfen an ihre Kapazitätsgrenzen.
Der Tourismus nach Kuba boomt. Überbelegte Hotels und lange Wartezeiten an den Flughäfen sorgen aber immer wieder für Ärger. Nun beginnt die kubanische Regierung, die Flughäfen des Landes zu privatisieren, um dem Ansturm Herr zu werden. So wird Havannas internationaler Flughafen José Martí künftig von dem französischen Konzern Aéroports de Paris (ADP) betrieben; Erweiterung und Modernisierung soll das französische Bauunternehmen Bouygues Bâtiment International übernehmen. Dies verkündete Kubas stellvertretender Verkehrsminister, Eduardo Rodriguez, jüngst in Havanna. ADP betreibt neben den Flughäfen von Paris weltweit 31 weitere Airports; Bouygues wiederum war an mehreren Großprojekten beteiligt wie dem Bau des Stade de France, des Eurotunnels oder des Flughafens von Hongkong.
Das Projekt in Kuba, das den westlich von Havanna gelegenen Regionalflughafen von San Antonio de los Baños mit einschließt, »sieht die Finanzierung und Durchführung von Sofortmaßnahmen, die die Qualität der Dienstleistungen verbessern, sowie mittel- und langfristige Investitionen im Einklang mit der geschätzten Zunahme des Passagieraufkommens vor«, hieß es in einer im staatlichen kubanischen Fernsehen verlesenen Meldung. Die Höhe der geplanten Investitionen und weitere Einzelheiten wurden zunächst nicht bekannt. Nach einer Pressemitteilung von Aeroports de Paris sollen nach dem Ausbau auf dem Flughafen von Havanna ab 2020 jährlich mehr als zehn Millionen Fluggäste abgefertigt werden können. In 2015 hatten den Flughafen insgesamt 3,5 Millionen Passagiere genutzt; mehr als die Hälfte aller ausländischen Touristen kommt über den Flughafen Havanna ins Land.
Bisher hatte die kubanische Regierung ausländischen Unternehmen nur im Hotelsektor Konzessionen erteilt. Die Privatisierung des Hauptstadt-Flughafens dürfte der Auftakt für weitere Privatisierungen im Infrastruktursektor sein. »Transport und Infrastruktur sind strategische und priorisierte Elemente in der kubanischen Wirtschaft und Gesellschaft. Partnerschaften wie die oben beschriebene werden künftig auch für andere Flughäfen im Land gefördert«, machte eine Erklärung des kubanischen Transportministeriums die geplante Stoßrichtung klar.
Die Infrastruktur der Insel steht aufgrund der rasant steigenden Besucherzahlen vor vielfältigen Herausforderungen. Bis zu vier Millio- nen Touristen werden bis Ende des Jahres erwartet, erklärte Tourismusminister Manuel Marrero kürzlich. In der ersten Jahreshälfte dieses Jahres hatte es im Vergleich zum Vorjahr bereits ein Plus von zwölf Prozent gegeben.
Der wirkliche Boom aber dürfte erst noch bevorstehen: Die baldige Aufhebung der Reisebeschränkungen für US-Amerikaner ist zu erwarten. Individualtourismus auf die Insel ist ihnen aufgrund der Blockadebestimmungen der Vereinigten Staaten bislang noch untersagt. Ab Ende August wird es zudem nach mehr als 50 Jahren wieder reguläre Linienflüge zwischen den beiden Ländern geben. Das US-Transportministerium rechnet mit bis zu 155 Flügen pro Woche; das Passagieraufkommen wird sich also signifikant erhöhen.
Verbindungen von und nach Havanna wurden allerdings noch nicht vergeben, wohl auch, weil der Flughafen bereits jetzt an seine Kapazitätsgrenzen stößt. Schlechter Service, Probleme bei der Gepäckausgabe und lange Wartezeiten sind nur einige der immer wieder kritisierten Mängel.
Pläne zum Ausbau des Flughafens von Havanna gibt es schon länger. Anfang vergangenen Jahres war der brasilianische Odebrecht-Konzern, der bereits am Ausbau des Hafens von Mariel beteiligt war, mit der 207 Millionen US-Dollar schweren Erweiterung des internationalen Terminals beauftragt worden. Inwieweit dieses Projekt von der Konzessionsvergabe an die Franzosen tangiert wird, war zunächst unklar.
Dass bei der Flughafen-Privatisierung nun französische Unternehmen zum Zuge kommen, ist kein Zufall. »Kuba ist ein Schlüsselland in der Region, mit dem wir eine privilegierte Zusammenarbeit wünschen«, hatte Frankreichs Außenminister Laurent Fabius vor der Kuba-Reise von Präsident François Hollande im Mai vergangenen Jahres verkündet. Hollande war als erster westeuropäischer Staatschef seit 29 Jahren nach Havanna gereist. Im Februar dieses Jahres weilte dann Kubas Präsident Raúl Castro zum Gegenbesuch in der französischen Hauptstadt.
Während die deutsche Wirtschaft bei Geschäften auf der Insel hinterherhinkt, ist eine ganze Reihe französischer Unternehmen seit Jahren auf Kuba aktiv, neben Bouygues die Energiekonzerne Total und Alstom, Alcatel-Lucent (Telekommunikation), Pernod-Ricard (Miteigentümer der Rummarke Havana Club), Accor (Tourismus) oder Air France.
Frankreich hat traditionell gute Beziehungen zu Kuba. Die haben ihren Ursprung in der ablehnenden Haltung des früheren Präsidenten Charles de Gaulle gegenüber den USSanktionen gegen die kubanische Revolution. Die Gaullisten in den Reihen der französischen Konservativen haben sich seitdem immer für eine gegenüber den USA eigenständige Kuba-Politik eingesetzt. Darüber hinaus gibt es viele kulturelle Verbindungen. Die kubanische Zweigstelle des französischen Kulturinstituts Alliance Française ist eine der größten weltweit. Auch spielte Frankreich eine wichtige Rolle bei den erfolgreich abgeschlossenen Umschuldungsverhandlungen Kubas mit dem Pariser Club.