Miete wurde 28 Jahre im Voraus gezahlt
Oldenburgs »Schlaues Haus« im Fokus der Justiz
Polizisten mit einem Durchsuchungsbeschluss forderten dieser Tage gleich an drei der Wissenschaft gewidmeten Orten im Nordwesten Niedersachsens die Herausgabe von Akten: In der Universität Oldenburg, der Wilhelmshavener Jade-Hochschule und im »Schlauen Haus«. Jener 5,6 Millionen Euro teure, 2012 fertiggestellte Komplex, der eine Brücke zwischen Wissenschaft und Bürgern bilden soll, ist jetzt ins Visier der Justiz geraten. Anlass dazu war der aktuelle Bericht des Landesrechnungshofs. Dessen Ausgabenwächter halten die Finanzierung des Objektes für illegal. Ob sie auch strafrechtlich relevant ist, ob Untreue begangen wurde, prüft nun die Staatsanwaltschaft.
Rückblick: Um ein Zentrum zu schaffen, in dem interessierten Bürgerinnen und Bürgern wissenschaftliche Erkenntnisse in verständlicher Form nahe gebracht werden sollen, gründeten die Hochschulen Oldenburg und Wilhelmshaven 2010 die »Schlaues Haus GmbH«, wurden deren Gesellschafter. Ein denkmalgeschütztes, stadteigenes Gebäude wurde ausgewählt, saniert und durch einen futuristisch anmutenden Komplex ergänzt.
Für das Ganze waren 3,6 Millionen Euro Baukosten veranschlagt worden, doch die Endabrechnung fiel um zwei Millionen höher aus. Von der Stadt Oldenburg waren 1,5 Millionen Euro zu erwarten, eine Million vom Land. Die Frage, woher die GmbH die restlichen 3,1 Millionen Euro nehmen sollte, beantworteten die beiden Universitäten gar trickreich: Sie wurden Mieter des Schlauen Hauses, waren als dessen Gesellschafter zugleich Vermieter – und zahlten aus dem Hochschultopf, also aus Landesmitteln, die Miete für 28 Jahre im Voraus an die eigene GmbH.
Ihr überwies die Uni Oldenburger 2,2 Millionen, die JadeHochschule 900 000 Euro – ruck, zuck waren die fehlenden 3,1 Millionen Euro zusammen. Ein Unding, meint der Landesrechnungshof. Die Verlagerung von Landesmitteln in das Körperschaftsvermögen – in diesem Fall in die GmbH – sei rechtswidrig. Zudem seien Mietvorauszahlungen über einen so langen Zeitraum unüblich und zugleich ein Verstoß gegen das Gebot der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit.
Eine Rüge erteilt der Rechnungshof auch dem Landesministerium für Wissenschaft und Kunst. Es hätte »die rechtswidrige Verlagerung von Landesvermögen« nicht dulden dürfen. Den Einwand des Ministeriums, »wichtiges Landesinteresse« am »Schlauen Haus« rechtfertige die Mietvorauszahlung, wiesen die Rechnungsprüfer als »nicht überzeugend« zurück.
Doch: Aus juristischer Sicht gebe es am »Schlauen Haus« nichts zu beanstanden, zitiert die Nordwest-Zeitung in Oldenburg Wissenschaftsministerin Gabriele Heinen-Kljajić (Grüne). Sie hatte allerdings eingeräumt, die Gründung des Wissenschaftshauses sei ein Fehler gewesen. Und: Es solle nun für das Zentrum ein neues Konzept geben.
Ein solches scheint bitter nötig zu sein, denn zugleich mit seiner Kritik am Finanzierungsgebaren scheint der Rechnungshof das Ende des »Schlauen Hauses« vorauszusehen. Der Fortbestand seiner Trägergesellschaft sei von der weiteren Unterstützung der Gesellschafter und »laufend einzuwerbender Spenden und Fördermittel« abhängig: Es bestünden erhebliche Zweifel, dass es der GmbH gelingt, die zu erwartenden jährlichen Defizite des Zentrums durch Gönner und Fördermittel auszugleichen. Der Gesellschaft drohe die Insolvenz.