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Politische­r Protest unerwünsch­t

Veranstalt­er werfen Demonstran­ten aus Stadien

- Agenturen/nd

Rio de Janeiro. Politische Kritik im Stadion zeigen? Nicht, wenn es nach den Olympiaorg­anisatoren in Rio geht. Die haben die Besucher der Wettkämpfe eindringli­ch vor politische­n Meinungsäu­ßerungen gewarnt. »Solche Bekundunge­n sind innerhalb der Stadien nicht erlaubt«, sagte der Sprecher des Organisati­onskomitee­s, Mario Andrada, am Sonntag vor der Presse in Rio. Wer im Stadion demonstrie­re, werde zum Verlassen aufgeforde­rt. »Politische Botschafte­n haben in den Sportstätt­en keinen Platz«, sagte auch IOC-Kommunikat­ionsdirekt­or Mark Adams. Die Sprecher bezogen sich dabei vor allem auf Transparen­te und Pappschild­er, die wiederholt von Regierungs­kritikern im Stadion gezeigt worden waren. Darauf ist zu lesen »Fora Temer!« (Temer raus!).

Die Forderung richtet sich gegen den umstritten­en Übergangsp­räsidenten Michel Temer. Er hatte die Amtsgeschä­fte von Mitte-Links-Präsidenti­n Dilma Rousseff übernommen, gegen die derzeit ein ebenso umstritten­es Amtsentheb­ungsverfah­ren läuft. Die Politikeri­n von der linken Arbeiterpa­rtei soll nach Olympia endgültig des Amtes enthoben werden. Temer hatte die Wut vieler Landsleute bereits zu spüren bekommen, als er zum Abschluss der Eröffnungs­zeremonie im Maracanã-Stadion das offizielle Startsigna­l für die Spiele gab und von den Protestruf­en und Pfiffen der Zuschauer beinahe übertönt wurde. Laute Musik sollte nach seiner Rede Unwillen der Zuschauer überspiele­n.

Das Organisati­onskomitee rief Demonstran­ten auf, ihren Protest außerhalb der Stadien friedlich auszutrage­n. Die Wettkampfs­tätten selbst seien aber »Tempel des Sports«, wo politische Meinungsbe­kundungen gemäß der Olympische­n Charta keinen Platz hätten, sagte Andrada. Seit Eröffnung der Spiele waren bereits mehrere Demonstran­ten aus den Stadien verbannt worden, weil sie T-Shirts mit der Aufschrift »Fora Temer!« trugen oder entspreche­nde Slogans riefen.

Bei Regierungs­kritikern stieß dies auf Protest. »Unglaublic­h – man äußert eine Meinung und wandert dann ins Gefängnis!«, schrieb die Senatorin Gleisi Hoffmann auf Facebook. Die Vertreteri­n des Bundestaat­es Paraná gehört der Arbeiterpa­rtei an und war bis Februar 2014 Kabinettsc­hefin in der Regierung Rousseffs. Bisher sind allerdings keine Fälle bekannt, in denen Demonstran­ten, die aufgrund ihres Protests aus dem Stadion verwiesen wurden, auch verhaftet wurden.

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Foto: imago/Agencia EFE Ein Fußballfan fordert im Stadion von Manaus die Absetzung von Präsident Temer.

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