Im Dienst für andere
Nach den Zivis kamen die Bufdis: Seit gut fünf Jahren übernehmen Freiwillige die Aufgaben der Kriegsdienstverweigerer
Die Aussetzung der Wehrpflicht zum 1. Juli 2011 hatte auch Folgen für den Einsatz von Zivildienstleistenden: Sie standen nicht mehr zur Verfügung, um in sozialen Einrichtungen Hilfsdienste zu leisten. Jährlich arbeiteten zuletzt rund 80 000 Zivis in Einrichtungen der Pflege und Betreuung, zum Beispiel in Altenheimen, aber auch im Umwelt- und Naturschutz sowie in der Landschaftspflege. Gern gesehene und vor allem kostengünstige Helfer. Vom Bundesfreiwilligendienst (BFD) erhoffte sich die Bundesregierung einen entsprechenden Ersatz. Im BFD können sich Freiwillige ab 23 Jahren für sechs bis 18 Monate mit 20,5 bis 40 Stunden pro Woche in kulturellen und sozialen Einrichtungen engagieren. Sie bekommen bei 40 Stunden pro Woche maximal 372 Euro monatlich »Taschengeld« als Aufwandsentschädigung. Bei einer Wochenarbeitszeit von 20,5 Stunden sind es nur 200 Euro.
Der Nachteil aus Sicht der Träger sozialer Einrichtungen wie etwa Altenheime: Zivis waren bis zum Ende ihrer Dienstzeit verpflichtet, ihre Aufgabe zu erfüllen, wie etwa Fahrdienste wahrzunehmen. Bufdis können hingegen jederzeit kündigen, wenn sie beispielsweise einen Studi- enplatz oder einen regulären Job in Aussicht haben. Auch wollen sie nicht in einfache Hilfstätigkeiten abgeschoben werden, vielmehr erhoffen sie sich einen Qualifikationsschub für die weitere berufliche Entwicklung.
Kritik an der praktischen Umsetzung des BFD äußerte kürzlich die Bundestagsabgeordnete Rosemarie Hein (LINKE). Zunehmend kämen viele Teilnehmende »aus langjähriger Arbeitslosigkeit, und sie versprechen sich neben dem Effekt, wieder gebraucht zu werden, die Aufbesserung der Haushaltskasse«. Dafür spreche, dass vor allem im Osten viele Menschen den BFD nutzen würden. Hein: »Wir haben auch er- fahren, dass der BFD nicht selten als Ersatz für eine Arbeitsgelegenheit missbraucht wird. Dann aber handelt es sich nicht mehr um ein wirklich freiwilliges Engagement. So wirkt sich der BFD auch positiv auf die Arbeitslosenstatistik aus.« Weiterhin kritisierte Hein, »dass es fünf Jahre nach dem Start des BFDs immer noch kein verbindliches Bildungskonzept für ältere Bundesfreiwilligendienstleistende gibt«.
Seit dem 1. Dezember 2015 können sich auch Flüchtlinge für den Bundesfreiwilligendienst bewerben. Das Familienministerium von Manuela Schwesig (SPD) hatte insgesamt 10 000 neue Plätze dafür be- willigt, 50 Millionen Euro wurden für 2016 im Haushalt bereitgestellt. Das Programm ist zunächst bis Ende 2018 begrenzt. Kritische Anmerkungen zu dem Programm äußert Inge Hannemann, arbeitsmarktpolitische Sprecherin der Hamburger Linksfraktion: »Es stellt sich die Frage, inwieweit eine Überprüfung der Einsatzorte stattfindet, ob dort also alles korrekt läuft.« Auch sei zu überlegen, ob die jeweilige Stelle für die Betreffenden einen »Lerneffekt« für den bisherigen beruflichen Weg bringe. Hannemann: »Letztlich bleibt offen, ob es sich hier um eine Sackgasse oder eine tatsächliche Perspektive handelt.«