Ruft Trump zum Attentat gegen Clinton auf?
Proteststurm nach mehrdeutiger Ansprache an Waffenbesitzer / USA ist eine hochgerüstete Gesellschaft
Mit einem mehrdeutigen Aufruf an alle Waffenfreunde hat Präsidentschaftskandidat Donald Trump erneut große Empörung ausgelöst. Kritiker sehen eine Aufforderung zum Anschlag auf seine Rivalin. Donald Trump hat es wieder einmal geschafft: Mit einem mehrdeutigen Aufruf an alle Waffennarren im Lande sorgte der republikanische Präsidentschaftskandidat nicht nur im Clinton-Lager für Empörung, auch in Sozialen Netzwerken folgte ein regelrechter Shitstorm. Wenn seine Gegenkandidatin ins Weiße Haus einzöge, könnte sie Kraft ihres Amtes für eine liberale Besetzung des Obersten Gerichtshofs der USA sorgen, die dann den Zweiten Verfassungszusatz kassiert. Dort ist das Recht jedes US-Bürgers auf Waffenbesitz verankert. Vielleicht, so Trump bei einem Wahlkampfauftritt in Wilmington (North Carolina) mit einem absichtsvoll offenen Satzende, könnten ja die Verfechter des Second Amendment ihrerseits ... Und er fügte hinzu: »Das wird ein furchtbarer Tag sein.«
Fabulierte da etwa jemand über Schüsse auf Hillary Clinton oder Oberste Richter? Von Trump-Kritikern und Medien wurden diese Worte jedenfalls umgehend so interpretiert. Was der Republikaner da sage, sei brandgefährlich, erklärte Clintons Wahlkampfmanager Robby Mook. »Jemand, der Präsident der Vereinigten Staaten werden will, sollte in keiner wie auch immer gearteten Weise Gewaltanwendung propagieren.«
Für die gegnerische Kampagne sind solche Vorwürfe nur lächerlich. Wie ein Trump-Sprecher erklärte, gehe es dem Kandidaten doch nur um die Einigkeit der Waffenlobby, die schließlich eine große politische Macht entfalte und für den Republikaner stimmen solle. Diese Waffenaffäre kommt für den Kandidaten zur denkbar schlechtesten Zeit, liegt er doch in aktuellen Umfragen mit acht Prozentpunkten deutlich abgeschlagen hinter Clinton.
Auch Vizepräsidentschaftskandidat Mike Pence betonte im Sender WCAU, dass Trump natürlich nicht dazu aufgerufen habe, Gewalt gegen seine Rivalin anzuwenden. In Hunderten EMails an Journalisten bemühte sich das Wahlkampfteam, seine Äußerungen zu relativieren, bis hin zum schlechten Witz, den der Kandidat halt gemacht habe. Für David Cicilline, der für die Demokraten im Repräsentantenhaus sitzt, ist dagegen ganz klar, dass Trump entweder zur bewaffneten Revolte oder zum Mord an seiner Rivalin aufruft, die er auch schon mal zum »Teufel« erklärt. »Abscheulich«, Chris Murphy, demokratischer Senator von Connecticut, auf Twitter kommentierte Cicilline auf Twitter. Eine Entschuldigung blieb Trump schuldig. Im Sender Fox News erklärte er lediglich, er habe sich auf die Macht der Waffenrechtsbewegung bezogen.
Tatsächlich ist die National Rifle Association (NRA) eine der einflussreichsten Lobbyorganisationen im Land. Hinter ihr stehen fünf Millionen Mitglieder und große Waffenschmieden, die ihre Profite auch politisch absichern wollen. Analysten schätzen, dass der Umsatz der Produzenten von Handfeuerwaffen und Munition in den USA seit 2011 mit Wachstumsraten von 6,4 Prozent auf ein Jahresvolumen von 16 Milliarden Dollar angewachsen ist. Die Waffenschmieden produzierten 2014 laut der Behörde für Alkohol, Tabak und Feuerwaffen (ATF) etwa 3,6 Millionen Pistolen, rund 744 000 Revolver und über 3,3 Millionen Ge- wehre. Während sich Trump für seine Kandidatur die offizielle Unterstützung der NRA geholt hat, kündigte Clinton an, sie wolle Verkäufe schärfer so regulieren, dass keine Waffen in die Hände von Kriminellen, potenziellen Terroristen oder mental labilen Menschen gelangen können. Das Verfassungsrecht auf privaten Waffenbesitz jedoch werde sie keineswegs antasten. Eine Aussage, die auch Trump nicht unbekannt sein dürfte, der sich übrigens vor Jahren noch selbst für ein landesweites Verbot von Sturmgewehren und längere Wartezeiten vor Waffenkäufen stark gemacht hat. Er musste auf der NRA-Jahresversammlung abschwören, um die Unterstützung der Waffenlobby zu erhalten.
Der scheidende Präsident Barack Obama hat in seinen beiden Amtszeiten vergeblich versucht, das Waffenrecht substanziell zu verschärfen. Er scheiterte immer wieder am Widerstand des von den Republikanern beherrschten Kongresses. Und das, obwohl in Vereinigten Staaten im Schnitt Jahr für Jahr etwa 33 000 Menschen durch Waffengewalt sterben, Tendenz steigend. Jeden Tag trifft es dabei auch durchschnittlich sieben Kinder und Teenager. Kein Wunder, dass Präsident Obama von einer »Epidemie der Waffengewalt« spricht. Statistisch gesehen besitzen inzwischen 90 Prozent der 320 Millionen US-Bürger eine Waffe. Im Land gibt es rund 140 000 lizenzierte Waffenhändler. Im Vorjahr vermeldete das FBI einen zehnprozentigen Anstieg der sogenannten NICS Background Checks, die vor Waffenkäufen durchgeführt werden. Insgesamt gab es 23,1 Millionen Anträge, der höchste Wert seit Einführung des Prüfsystems vor 18 Jahren. Doch selbst ein spektakulärer Sitzstreik demokratischer Abgeordneter und Senatoren half unlängst nicht, eine Abstimmung über zwei Gesetzesentwürfe zu erzwingen, in denen es um eine ausgeweitete Überprüfung potenzieller Käufer und ein Waffenkaufverbot für Terrorverdächtige geht.
»Das ist kein Spiel, labile Leute mit Waffen und einem irrationalen Hass auf Hillary hören dir zu, @realDonaldTrump.«