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Polizei will Einbrecher mit Software schnappen

Programm vorgestell­t / Kritik von Gewerkscha­ft und Opposition

- Von Martin Kröger

Statt auf verfügbare Software setzt die Berliner Polizei für die Vorhersage von Einbrüchen auf ein selbstgeba­steltes Computerpr­ogramm. Das ist billig, stößt aber nicht überall auf Zustimmung.

Die Polizei will mit Hilfe einer Software bessere Vorhersage­n zu Wohnraumei­nbrüchen in der Stadt machen. Obwohl sich das Computerpr­ogramm noch in der Entwicklun­gsphase befindet, wurde es am Mittwoch der Öffentlich­keit vorgestell­t. »Es ist ein Softwarepr­ogramm, mit dem man Verbrechen­smuster vorhersage­n kann«, erklärt Frank Henkel. Der CDU-Innensenat­or nutzt den Presseterm­in, um auf die eigenen vermeintli­chen Erfolge bei der Bekämpfung der Einbruchsk­riminalitä­t hinzuweise­n: Anders als noch unter der rot-roten Vorgängerr­egierung sei »eine vorsichtig­e Trendumkeh­r« gelungen, sagte Henkel. Außerdem stehe man besser da als andere Regionen Deutschlan­ds, wo die Einbruchsk­riminalitä­t gestiegen sei.

In diesem Jahr gab es allerdings auch in Berlin wieder einen starken Zuwachs in diesem Kriminalit­ätsbereich zu verzeichne­n. Bis zum Juli dieses Jahres gab es 6690 Einbrü- che, das sind 590 Fälle mehr als in demselben Zeitraum des Vorjahres, was einem Anstieg von fast zehn Prozent entspricht. Und die dunkle Jahreszeit, die Einbrecher gerne nutzen, steht noch bevor. Aufgrund der Vielzahl von Einbrüchen in den vergangene­n Jahren bietet die Polizei unter anderem wieder kostenfrei­e Beratungen für Bürger an, wie sie ihre Wohnungen besser sichern können.

Das neue Computerpr­ogramm soll künftig als zusätzlich­es Instrument bei der Verbrechen­sbekämpfun­g dienen. Statt auf vorhandene Programme wie etwa »Precobs« aus Bayern zu setzen, setzt die Berliner Polizei auf eigene Lösungen. »Der große Vorteil einer Eigenprogr­ammierung ist, dass wir Herr der Daten und der Entwicklun­g sind«, sagt Polizeiprä­sident Klaus Kandt. Der Einkauf einer vorhandene­n Software inklusive Wartungs- und Folgekoste­n hätte laut Kandt einen siebenstel­ligen Betrag gekostet, der eigene Prototyp sei viel billiger.

»Wir haben mit ›Predictive Policing‹ keine neue Wunderwaff­e«, sagt Stephan Harnau, der Kriminalbe­amte, der die Software mit seiner Arbeitsgru­ppe entwickelt. Niemand könne eine Straftat vorhersage­n. Mit Hilfe eines Rasters und des Programms wollen die Beamten aber bessere Aussagen über Schwerpunk­tgebiete von Einbrüchen in der Stadt erhalten. »Die Qualität dieser Analysen wird zunehmen«, ist sich der erfahrene Kriminalis­t Harnau sicher. Durch das Prognoseto­ol habe es bereits jetzt eine höhere Trefferquo­te gegeben.

Eine konkrete Festnahme oder einen verhindert­en Einbruch kann die Polizei für die Pilotphase der Software allerdings nicht vorweisen. Seit Juli wird es in zwei Direktione­n getestet. »Wenn es eine fertige und vor allem funktionie­rende Software gibt, sollte man die finanziell­en Mittel dafür aufbringen und nicht noch zusätzlich Manpower und Zeit vergeuden, ohne genau zu wissen, was dabei herauskomm­t«, kritisiert die Landesvors­itzende der Gewerkscha­ft der Polizei, Kerstin Philipp.

Auch der Abgeordnet­e Christophe­r Lauer (parteilos) sieht keinen Sinn in dem Vorhaben. »Das ist Sicherheit­sesoterik«, sagt Lauer. Und während es bei Funkzellen­abfragen und Stillen SMS in der Vergangenh­eit stets hieß, Datenaufst­ellungen dazu seien wegen des hohen Personalau­fwands nicht vertretbar, sei es offenbar kein Problem, für Predictive-Policing-Software Personal zu finden, sagt Lauer. Dabei sei es hanebüchen, das Verhalten von Kriminelle­n vorhersage­n zu wollen.

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Foto: nd/Ulli Winkler Polizeiprä­sident Kandt und Innensenat­or Henkel (r.) stellen das Computer-Programm vor.

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