Polizei will Einbrecher mit Software schnappen
Programm vorgestellt / Kritik von Gewerkschaft und Opposition
Statt auf verfügbare Software setzt die Berliner Polizei für die Vorhersage von Einbrüchen auf ein selbstgebasteltes Computerprogramm. Das ist billig, stößt aber nicht überall auf Zustimmung.
Die Polizei will mit Hilfe einer Software bessere Vorhersagen zu Wohnraumeinbrüchen in der Stadt machen. Obwohl sich das Computerprogramm noch in der Entwicklungsphase befindet, wurde es am Mittwoch der Öffentlichkeit vorgestellt. »Es ist ein Softwareprogramm, mit dem man Verbrechensmuster vorhersagen kann«, erklärt Frank Henkel. Der CDU-Innensenator nutzt den Pressetermin, um auf die eigenen vermeintlichen Erfolge bei der Bekämpfung der Einbruchskriminalität hinzuweisen: Anders als noch unter der rot-roten Vorgängerregierung sei »eine vorsichtige Trendumkehr« gelungen, sagte Henkel. Außerdem stehe man besser da als andere Regionen Deutschlands, wo die Einbruchskriminalität gestiegen sei.
In diesem Jahr gab es allerdings auch in Berlin wieder einen starken Zuwachs in diesem Kriminalitätsbereich zu verzeichnen. Bis zum Juli dieses Jahres gab es 6690 Einbrü- che, das sind 590 Fälle mehr als in demselben Zeitraum des Vorjahres, was einem Anstieg von fast zehn Prozent entspricht. Und die dunkle Jahreszeit, die Einbrecher gerne nutzen, steht noch bevor. Aufgrund der Vielzahl von Einbrüchen in den vergangenen Jahren bietet die Polizei unter anderem wieder kostenfreie Beratungen für Bürger an, wie sie ihre Wohnungen besser sichern können.
Das neue Computerprogramm soll künftig als zusätzliches Instrument bei der Verbrechensbekämpfung dienen. Statt auf vorhandene Programme wie etwa »Precobs« aus Bayern zu setzen, setzt die Berliner Polizei auf eigene Lösungen. »Der große Vorteil einer Eigenprogrammierung ist, dass wir Herr der Daten und der Entwicklung sind«, sagt Polizeipräsident Klaus Kandt. Der Einkauf einer vorhandenen Software inklusive Wartungs- und Folgekosten hätte laut Kandt einen siebenstelligen Betrag gekostet, der eigene Prototyp sei viel billiger.
»Wir haben mit ›Predictive Policing‹ keine neue Wunderwaffe«, sagt Stephan Harnau, der Kriminalbeamte, der die Software mit seiner Arbeitsgruppe entwickelt. Niemand könne eine Straftat vorhersagen. Mit Hilfe eines Rasters und des Programms wollen die Beamten aber bessere Aussagen über Schwerpunktgebiete von Einbrüchen in der Stadt erhalten. »Die Qualität dieser Analysen wird zunehmen«, ist sich der erfahrene Kriminalist Harnau sicher. Durch das Prognosetool habe es bereits jetzt eine höhere Trefferquote gegeben.
Eine konkrete Festnahme oder einen verhinderten Einbruch kann die Polizei für die Pilotphase der Software allerdings nicht vorweisen. Seit Juli wird es in zwei Direktionen getestet. »Wenn es eine fertige und vor allem funktionierende Software gibt, sollte man die finanziellen Mittel dafür aufbringen und nicht noch zusätzlich Manpower und Zeit vergeuden, ohne genau zu wissen, was dabei herauskommt«, kritisiert die Landesvorsitzende der Gewerkschaft der Polizei, Kerstin Philipp.
Auch der Abgeordnete Christopher Lauer (parteilos) sieht keinen Sinn in dem Vorhaben. »Das ist Sicherheitsesoterik«, sagt Lauer. Und während es bei Funkzellenabfragen und Stillen SMS in der Vergangenheit stets hieß, Datenaufstellungen dazu seien wegen des hohen Personalaufwands nicht vertretbar, sei es offenbar kein Problem, für Predictive-Policing-Software Personal zu finden, sagt Lauer. Dabei sei es hanebüchen, das Verhalten von Kriminellen vorhersagen zu wollen.