Im Wir-schaffen-das-Modus
CDU-Chef Senftleben wähnt seine Partei im Aufwind – aus Sicht der Konkurrenz steuert sie eher in eine Sackgasse
Lang ist es her, dass die märkische CDU als Koalitionspartner der SPD Regierungspolitik mitgestaltet hat. Schon seit 2009 drücken die Christdemokraten im Landtag die Oppositionsbänke – es missfällt ihnen.
»Wir spielen auf Sieg« oder »Wir treiben die Regierung vor uns her« – der Landes- und Fraktionsvorsitzende der CDU, Ingo Senftleben, hat in seinen Sommer-Interviews, die er unter anderem Regionalzeitungen gegeben hat, nicht gerade mangelndes Selbstbewusstsein ausgestrahlt. Die brandenburgische CDU halte an ihrem Ziel fest, 2019 stärkste politische Kraft im Land zu werden, verkündete er. Die Brandenburger würden »Verlässlichkeit« verlangen, und das, was man als Politiker versprochen habe, arbeite man auch ab.
Nun ist einer Partei nicht vorzuwerfen, dass sie den politischen Erfolg anstrebt, zumal Brandenburgs CDU als notorisch schwächstem und am heftigsten zerstrittenem Landesverband seit 1990 gerade Erfolg lange versagt geblieben war. Doch in jüngster Vergangenheit hat die CDU durchaus Fortschritte verbucht. So hat sie seit mehr als einem Jahr keine substanziellen Personalprobleme mehr offenbart. Zuvor hatte die Partei bei der Landtagswahl 2014 die LINKE vom zweiten Platz in der Wählergunst verdrängt. Dass sie damals die Rückeroberung der Regierungs- beteiligung nicht hinbekam und es stattdessen eine Neuauflage der rotroten Koalition gab, macht den Christdemokraten trotz alledem bis heute schwer zu schaffen.
Er werde »nicht durch schnelle Provokationen Bekanntheit erwirtschaften«, hat Fraktionschef Senftleben dieser Tage öffentlich verkündet und dabei »Glaubwürdigkeit« reklamiert. Eine SPD, die er nach Lage der Dinge für einen Regierungsbund gewinnen müsste, würde ihm allerdings hierbei nicht zustimmen. In seiner letzten Pressekonferenz vor der Sommerpause hatte deren Fraktionschef Mike Bischoff die Glaubwürdigkeit der CDU hinterfragt und ihr vorgeworfen, den Kontra-AfDKonsens aller übrigen Parteien im Landtag verlassen zu haben.
Auch das Agieren der CDU in der Frage der Kreisreform, dem Top-Thema von Rot-Rot, sorgt für Ärger. Hier spielt die Oppositionspartei die Karte der Totalverweigerung mit dem kaum verhohlenen Ziel aus, daraus bei den kommenden Wahlen Kapital zu schlagen. Die SPD hatte daraufhin öffentlich gemacht, dass die CDU-Vertreter nach der Landtagswahl im Zuge der Sondierungsgespräche erklärtermaßen nicht das geringste Problem mit jener Reform hatten, die sie nun als verschmähte Braut lautstark bekämpfen würden. Empört über diesen Kurs zeigte sich vor allem Innenminister Karl-Heinz Schröter (SPD), der sich nicht scheute, von «Lüge« zu sprechen.
Als Reaktion auf die Kritik Senftlebens an der Kreisreform in einem Interview der »Märkischen Allgemeinen Zeitung« vom Montag erklärte SPD-Fraktionschef Bischoff am
Mike Bischoff, Fraktionschef der SPD im Landtag
Mittwoch: »Ingo Senftleben verlässt mit diesem Interview leider endgültig seinen pragmatischen Kurs und schwenkt auf die Linie der Demografie-Leugner um Sven Petke ein.« Die Verwaltungsstrukturreform sei, wenn auch nicht populär, eine sinnvolle und ehrliche Antwort auf die großen demografischen und finanziellen Herausforderungen des Landes.
Das Ziel, in Brandenburg stärkste Partei zu werden, erscheint selbst CDU-Anhängern derzeit utopisch. Auch Senftleben räumte ein, dass seine Partei bis 2019 noch deutlich in der Wählergunst zulegen müsse. Leichthin formulierte er, es käme eben darauf an, bei Älteren, bei Arbeitnehmern und Frauen Vertrauen zu wecken. Dies einmal erreicht, »kann es uns eigentlich egal sein, welche anderen Parteien es noch rechts und links von uns gibt«.
Bezogen auf die AfD scheint das nicht zu gelten, den Mitbewerber erkennt Senftleben als »Herausforderung« an. Die Demaskierung der AfD habe aber schon begonnen, deren Streit in der Bundespartei werde sich in der Wählergunst niederschlagen.
Indes fischen CDU und AfD in ähnlichen Gewässern. Und vor allem die Flüchtlingspolitik von Bundeskanzlerin Angela Merkel ist innerhalb der CDU nicht unumstritten, so dass Auswirkungen auf die Landesverbände unausweichlich scheinen. »Unsere Umfragewerte sind stabil, auch in Zeiten, in denen die Bundespartei sich nicht im Aufwind befand«, frohlockte Senftleben. Im rbb-Sommerinterview stellte er allerdings klar, dass die märkische CDU fest an der Seite von Bundeskanzlerin Angela Merkel steht: »Ich wüsste keine andere Antwort. Es gibt eine Aufgabe – egal, ob sie groß oder klein ist – wir sagen: Wir schaffen das.«
Auf Brandenburg bezogen, ließen die märkischen Christdemokraten keine Gelegenheit verstreichen, Spitzenpersonal der rot-roten Landesregierung zu torpedieren. Die Förderpolitik des Landes etwa stellten sie öffentlich derart in Frage, dass die EUFördergremien schon aufmerksam wurden. Wenn nun die Auszahlung von Fördermitteln durch außergewöhnliche Kontrollprozesse schwieriger werde und verzögert stattfinde, dann habe das in diesem politischen Gehabe seine Ursachen, heißt es bei Rot-Rot hinter vorgehaltener Hand.
»Das hat nichts mit Verantwortung für das Land zu tun. Das führt nur in die Sackgasse.«