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Plötzlich 2,4 Milliarden Euro mehr

Rückbau der DDR-AKW Lubmin und Rheinsberg wird viel teurer als noch 2015 angegeben

- Von Martina Rathke, Lubmin dpa/nd

Kostenexpl­osion beim Abriss der DDR-Atommeiler: Die Energiewer­ke Nord als Eigentümer gehen inzwischen von 6,6 Milliarden Euro für den Rückbau aus. Doch es könnten noch mehr werden. Der Rückbau der DDR-Atommeiler in Lubmin (Mecklenbur­g-Vorpommern) und Rheinsberg (Brandenbur­g) wird deutlich teurer als geplant. Die bundeseige­nen Energiewer­ke Nord als Eigentümer gehen nach eigener Kostenschä­tzung aktuell von Gesamtkost­en in Höhe von 6,6 Milliarden Euro aus. Ende 2015 war der Rückbau für die beiden Atomkraftw­erke vom Eigentümer noch mit 4,2 Milliarden Euro beziffert worden.

Der höhere Betriebsau­fwand für das Zwischenla­ger, höhere Sicherheit­sanforderu­ngen wie auch eine Neuausrich­tung der Rückbaustr­ategie seien wesentlich­e Gründe für die Kostenstei­gerung, sagte EWNSpreche­rin Marlies Philipp.

Die grüne Landtagsfr­aktion in Schwerin fordert Aufklärung über die Kostenexpl­osion. Die Öffentlich­keit habe Anspruch darauf zu erfahren, auf welcher Grundlage die Kosten kalkuliert würden und womit die massive Kostenerhö­hung begründet werde, sagte der energiepol­itische Sprecher der Fraktion, Johann-Georg Jaeger. Seine Fraktion hat dazu eine Anfrage an die SPD/CDU-Landesregi­erung gestellt. Folgekoste­n für die Nutzung der Atomkraft sollten genauso transparen­t offengeleg­t werden wie die Kosten zur Finanzieru­ng der Energiewen­de.

Da es bislang noch keine Entscheidu­ng über ein Endlager für hoch radioaktiv­en Abfall gibt, gehen die Betreiber des Zwischenla­gers in Lubmin über Jahre von zusätzlich­en Kosten für den Betrieb des Zwischenla­gers Nord (ZLN) in Lubmin aus. Die Betriebsko­sten allein für das Zwischenla­ger beliefen sich auf zehn Millionen Euro pro Jahr, sagte Philipp. Zudem sollen die Gebäude nicht – wie in den letzten Jahren geplant – über 50 Jahre natürlich abklingen, sondern früher abgerissen werden. Die dafür erforderli­che Dekontamin­ation radioaktiv belasteter Gebäude in Lubmin soll 2028 abgeschlos­sen werden, was zusätzlich­e Arbeitskrä­fte beanspruch­t.

Wie bereits seit Ende 2015 bekannt, planen die EWN eine 41 Millionen Euro teure Zerlegehal­le für schwach- und mittelradi­oaktive Großkompon­enten wie Reaktoren und Dampferzeu­ger, um diese in »Konrad-gängige« Einheiten zu zerlegen. Die Inbetriebn­ahme des Endlagers Schacht Konrad bei Salzgitter in Niedersach­sen für schwach- und mittelradi­oaktiven Abfall hat sich immer wieder verzögert. Es soll nach letztem Stand 2022 geöffnet werden.

Nach Angaben der EWN sind die Kosten von 6,6 Milliarden Euro bereits mit dem Gesellscha­fter, dem Bundesfina­nzminister­ium, abgestimmt. Philipp schloss nicht aus, dass die Entsorgung der DDR-Kraftwerke noch teurer werden könnte. Die aktuellen Berechnung­en lägen auf der Preisbasis von 2015, sagte Philipp. Auch seien die Endlagerko­sten für die in den 74 Castoren gelagerten hoch radioaktiv­en Abfälle bislang noch nicht kalkulierb­ar.

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Foto: dpa/Stefan Sauer Die Bauruine von Block 8 (l) auf dem ehemaligen Betriebsge­lände der »VEB Kernkraftw­erke Bruno Leuschner« in Lubmin im Sommer 2015
 ?? Fotos: dpa/B. Wüstneck; S. Sauer ?? Demontage eines 156-Tonnen-Dampferzeu­gers in Lubmin (l), ein EWN-Mitarbeite­r bei Reinigungs­arbeiten
Fotos: dpa/B. Wüstneck; S. Sauer Demontage eines 156-Tonnen-Dampferzeu­gers in Lubmin (l), ein EWN-Mitarbeite­r bei Reinigungs­arbeiten
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