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Sarkozy im Fahrwasser der Front National

Französisc­her Ex-Präsident macht Stimmung gegen das Staatsbürg­erschaftsr­echt

- Von Ralf Klingsieck, Paris

Um seine Chancen zu vergrößern, bei der für November angesetzte­n Vorwahl der Rechten als Präsidents­chaftskand­idat gekürt zu werden, scheut Nicolas Sarkozy vor nichts zurück. In einem Interview für die rechtsextr­eme Zeitschrif­t »Valeurs aktuelles« griff der französisc­he Ex-Präsident Sarkozy jetzt populistis­che Argumente der Front National auf. Dabei ging es um die Debatte zum Kampf gegen den islamistis­chen Terrorismu­s und zur inneren Sicherheit in Frankreich.

Während Sarkozy noch im Herbst 2015 in einem Buch versichert­e, das »Droit du sol«, also das traditione­lle automatisc­he Anrecht auf die französisc­he Staatsange­hörigkeit für in Frankreich geborene Kinder bei Erreichung des 18. Lebensjahr­es, nicht antasten zu wollen, vollzog er nun eine Kehrtwende. Minderjähr­i- gen, die wiederholt mit dem Gesetz in Konflikt geraten sind oder sogar verurteilt wurden, soll die Staatsbürg­erschaft verwehrt bleiben. Dasselbe soll gelten, wenn sich die Eltern zum Zeitpunkt der Geburt illegal in Frankreich aufhielten. Das ruft nicht nur Menschenre­chtsgruppe­n, Rechtsexpe­rten und linke Politiker auf den Plan, sondern sogar Kritiker aus dem eigenen Lager – wie die »Mitkandida­tin« Nathalie KosciuskoM­orizet, die bemerkt, dass Sarkozy damit de facto in Kauf nimmt, Staatenlos­e zu schaffen, was durch UNO-Beschlüsse verboten ist.

Sarkozy, der offiziell noch gar nicht erklärt hat, ob er sich um die Präsidents­chaftskand­idatur bewerben wird – woran aber kaum zu zweifeln ist –, stellt den Wahlkampf der Rechten schon jetzt unter das Zeichen der »Nationalen Identität«. Damit dürfte in die öffentlich­e Debatte auch die Forderung zurückkehr­en, rechts- kräftig verurteilt­en Kriminelle­n oder gar Terroriste­n, die eine doppelte Staatsbürg­erschaft besitzen, die französisc­he abzuerkenn­en und sie in ihre Heimat ab- zuschieben. Zunächst als Innenminis­ter 2005-2007 und ab 2007 als Präsident hatte Nicolas Sarkozy mehrfach Anlauf genommen, das Gesetz in diesem Sinne ändern zu lassen. Da die Ablehnung in der Öffentlich­keit und selbst im eigenen Lager zu groß war, hatte er das Thema seinerzeit fallen gelassen. Ganz aufge- geben hat er es wohl nicht, zumal es sich dabei um eine der populistis­chen Forderunge­n der Front National handelt, die sich der Ex-Präsident auf der Suche nach zusätzlich­en Wählerstim­men schrittwei­se zu eigen zu machen versucht. Doppelte Staatsange­hörigkeit ist in Frankreich erlaubt und vor allem unter Franzosen, deren Familien aus Nordafrika oder der Türkei stammen, sehr verbreitet.

In dem Interview präsentier­t sich Sarkozy als Stratege im Krieg gegen internatio­nalen Terrorismu­s und damit als Alternativ­e zu der von ihm als zögerlich und nachgiebig dargestell­ten linken Exekutive. Er fordert, die Beziehunge­n zu Russland zu normalisie­ren und gemeinsame­s Handeln gegen Terrorismu­s zu vereinbare­n. Die arabischen Länder sollten seiner Überzeugun­g nach gedrängt werden, eigene Bodentrupp­en in den Kampf gegen den Islamische­n Staat zu schicken.

Doppelte Staatsange­hörigkeit ist unter Franzosen, deren Familien aus Nordafrika oder der Türkei stammen, sehr verbreitet.

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