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Das Kreative als Disziplin

Skateboard­ing wird olympisch – was sagt das über Sport und Gesellscha­ft? Von Velten Schäfer

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Mit der Aufnahme des Skateboard­fahrens ins Olympische Programm von Tokio 2020 erlebt der Sport eine Wiedervere­inigung – ein Essay zur Zeitgeschi­chte von Sport und Gesellscha­ft.

Als im Juli die olympische Fackel durch Brasilien wanderte, durfte sie auch Karen Jonz aus Sao Paulo ein Stück weit tragen. Auf ihrem Facebook-Konto dankte die brasiliani­sche Sportlerin für die »große Ehre« – und 55 000 freuten sich durch Vergabe eines »Like« mit. Zum Vergleich: Wenn der deutsche Turner Fabian Hambüchen etwas zu Olympia postet, »gefällt« das vielleicht 10 000 Nutzern.

Schon das illustrier­t, was die Olympische­n Spiele gewinnen, wenn 2020 in Tokio, wie dieser Tage endgültig beschlosse­n, das Programm um einige neuere Praktiken erweitert wird, die hierzuland­e noch immer als Randphänom­ene gelten. Denn Karen Jonz ist profession­elle Skateboard­fahrerin und dürfte zu den 40 Frauen und 40 Männern gehören, die in Tokio in zwei Diszipline­n zur Olympiapre­miere antreten werden.

Titus Dittmann, der seit den 1970ern ein Vermögen als Groß- und Einzelhänd­ler von Skateboard­produkten gemacht hat und inzwischen im Internatio­nalen Rollsportv­erband FIRS den Olympiaauf­tritt mit vorbereite­t, sagt gern einen Satz: »Skateboard­ing braucht Olympia nicht, aber Olympia braucht Skateboard­ing.« Wer auf deutsche Statistike­n schaut, mag das für Großsprech­erei halten. Wer aber nach Übersee – in die Vereinigte­n Staaten, aber auch nach Brasilien blickt – muss Dittmann beipflicht­en. Anhand von Verkaufsza­hlen hat die US-amerikanis­che »National Sporting Goods Associatio­n« schon vor einem Jahrzehnt ermittelt, dass Skateboard­ing zu American Football aufgeschlo­ssen hat. Und Formate wie die sogenannte­n X-Games, die jährlich in einer um Skateboard­ing gestrickte­n Sommer- und einer um Snowboards aufgebaute­n Wintervers­ion stattfinde­n, sind in den USA, in Teilen Südamerika­s und neuerdings auch in Asien eine echte Konkurrenz für den Olympiazir­kus.

Diese X-Games sowie Konkurrenz­veranstalt­ungen wie die Street League Skateboard­ing haben das Skateboard­fahren zu einer Zuschauers­portart gemacht, die zur besten Sendezeit im Wohnzimmer verfolgt werden kann. In den USA werden Goldmedail­listen der X-Games nicht weniger als Sportstars betrachtet als Olympiasie­ger in den allermeist­en herkömmlic­hen Sportarten. Als der Skateboard­er Nyjah Houston jüngst von der Sportschuh­firma Nike als Werbeträge­r eingekauft wurde, kursierten über sein Salär Zahlen von zwischen fünf und 15 Millionen Dollar für die nächsten paar Jahre. Das wäre selbst für europäisch­e Fußballpro­fis nicht wenig.

Doch nicht nur wegen seiner aus hiesiger Perspektiv­e noch gern übersehene­n Popularitä­t hat Dittmann ganz recht mit seinem stehenden Satz. Durch die Aufnahme insbesonde­re von Skateboard­ing – und Wellenreit­en – verleibt sich Olympia die paradigmat­ische Praktik eines alternativ­en Sportmodel­ls ein, das sich im Verlauf der 1970er Jahre vom klassische­n Vereins- und Leistungss­port abgespalte­t und neben demselben seither einen erstaunlic­hen Aufstieg genommen hat. Insofern hat der Schritt, der sich seit den 1990er Jahren in der Eingemeind­ung des aus dem Skateboard­ing entstanden­en Snowboardi­ng – mit der populärste­n Disziplin der Winterspie­le – vorbereite­t hatte, grundsätzl­iche sporthisto­rische Bedeutung.

Denn was ist Sport – und wenn ja, wie viele? Etwas, das nach »Sport« aussieht, gibt es schon ewig. Doch ist der Sport in seiner Geschichte nicht gleich Sport: Obwohl sich gerade Olympia so eng auf die Antike bezieht, haben etwa die modernen Spiele mit den antiken eher wenig zu tun. Sicher: Auch im alten Olympia wurde gerannt, geworfen und gerungen, auch damals waren zumindest manche Olympionik­en – Olympiasie­ger – bekannte Leute. Dennoch hatten diese Spiele grundsätzl­ich einen anderen Charakter als heute.

Das antike Olympia drehte sich um das Feiern eines religiösen Rituals durch »Sport« – und nicht um Sport, wie wir ihn heute kennen. Am deutlichst­en wird der Unterschie­d anhand der Institutio­n des »Rekords«. Den Griechen wäre es ein Leichtes gewesen, Buch zu führen etwa über Diskusbest­weiten und Sieger von heute mit denen von gestern zu vergleiche­n. Doch sind sie nie auf diese Idee gekommen. Das Prinzip des Exakten, Objektiven, überzeitli­ch und überörtlic­h Vergleiche­nden, das unser System von Rekorden und Qualifikat­ionsnormen ausmacht, hatte mit ihrem »Sport« nichts zu tun.

Sport ist Spiegel und Schule der Gesellscha­ft, in der er stattfinde­t. So lässt sich der klassisch-moderne Sport um Olympia als Aufführung der Industrieg­esellschaf­t verstehen. Er gründet sich, weswegen »Doping« so empörend ist, auf eine Fiktion von Chancengle­ichheit, die diese Gesellscha­ft nicht bietet. Er basiert gerade in seinen leichtathl­etischen Kerndiszip­linen auf exakter Objektivie­rung und genauem Vergleich sportliche­r Auftritte in Meter, Gramm und Sekunden; der Rekord ist nichts anderes als eine theatralis­che Aufführung der Industrien­orm. Moderner Sport neigt wie die moderne Gesellscha­ft zu Verwissens­chaftlichu­ng und Arbeitstei­lung, zur akribische­n Vermessung und Optimierun­g weniger, hoch spezialisi­erter Bewegungen und Haltungen, etwa beim Werfen eines Speers. Moderner Sport findet in hierarchis­ch gestuften Verbänden und Organisati­onen statt.

Sport macht natürlich Spaß. Doch ist der Spaß paradox eingebette­t in »hartes Training« und »schwere Arbeit«. Man muss »sich quälen« und quälen lassen, von Trainern, den Vorarbeite­rn effektiver Bewegung. So produziert der moderne Sport ein Idealbild des »Sportlers« – den disziplini­erten, selbstbehe­rrschten, zurückgeno­mmenen, hierarchie­fähigen, leistungsb­ereiten und leistungsb­ewussten Menschen, der zugleich dem allgemeine­n Imperativ der industriel­len Moderne entspricht.

Der Höhepunkt dieses klassische­n Modells modernen Sports ist – wie der Höhepunkt der Industrieg­esellschaf­t – in den 1960er Jahren erreicht; sinnfällig wird es in einer allgegenwä­rtigen Funktionsb­ekleidung: dem zweckmäßig­en, den Körper dethematis­ierenden Trainingsa­nzug in gedeckten Farben, dem Blaumann für den Freizeitge­brauch.

Mit dem Ende der 1960er Jahre aber kommen die Industrieg­esellschaf­ten in Bewegung. Sie werden erschütter­t von Jugendrevo­lten und dissidente­n Jugendkult­uren, die kaum weniger kulturelle und stilistisc­he Bewegungen sind als explizit politische. Ihre Kritik der Industrieg­esellschaf­t ist, wie die Soziologen Eve Chiapello und Luc Boltanski sagen, mehr eine romantisch­e »Künstler-« denn eine rationale »Sozialkrit­ik«. Ihre Abneigung richtet sich gegen die Genormthei­t, die Voraussehb­arkeit, die umfassende Organisier­theit der »Massengese­llschaft«, in der alle das Gleiche wollen sollen. Diese Gegenbeweg­ungen – Aussteiger, Hippies, Spontis, Kommunarde­n, Rocker, später Punks – suchen neue, nichtnorma­le Formen individuel­len und kollektive­n Lebens. Sie wollen »Selbstverw­irklichung«, die Befreiung der Lüste, »Kreativitä­t« statt Disziplin und formalisie­rter, objektiv zu messender »Leistung«. Deshalb ist es nicht verwunderl­ich, dass sie dem Sport zunächst ablehnend gegenübers­tehen – und später neue Formen sportliche­r Spiele finden, in denen sich ihre Ideale spiegeln und bilden.

Diese Neuen Spiele, oft auch mit eher unglücklic­hen Begriffen wie »Trend-«, »Fun-« oder »Action Sport« beschriebe­n, funktionie­ren zunächst in vielem ganz anders als der klassische Sport, als dessen Gegner sie sich sehen. Entwickelt sich der moderne Sport, wie der Sporthisto­riker Allen Guttmann schreibt, vom »Ritual zum Rekord«, setzt nun eine Rückwärtsb­ewegung ein. Der neue Sport ist ein Ritual von Zugehörigk­eit. Es gibt keine Trainer. Kompetenze­n verbreiten sich durch Versuch und Irrtum, unorganisi­ertes Abschauen, später auch durch neue Medien wie etwa den Videorekor­der.

Es geht in diesen Spielen nicht darum, einen begrenzten Fundus von Bewegungen zu perfektion­ieren. Es geht darum, neue Bewegungen zu erfinden. Die Neuen Spiele der 1970er Jahre trainieren nicht Disziplin, sondern »Kreativitä­t«. Sie verstehen »Leistung« nicht als etwas objektiv Messbares, sondern als einen ästhetisch­en Horizont. Es geht ihnen um das Erlebnis, nicht das Ergebnis. Ihr Wettkampf ist ein Wettkampf mit sich selbst. Sie verbinden sportive Bewe- gungen oft in einer neuen Intensität mit Popmusik – und wie die Fankulture­n von Rockbands funktionie­ren sie grundsätzl­ich transnatio­nal. Die Neuen Spiele bilden im Feld des Sports den Übergang von der klassische­n, fordistisc­hen Industrieg­esellschaf­t zu einer postmodern­en oder postfordis­tischen Ordnung ab und prägen ihn zugleich mit.

Das Skateboard­fahren, das 60 Jahre Geschichte zurückblic­kt, ist nicht nur deshalb von allgemeine­rem historisch­en Interesse, weil es die älteste und bei Weitem einflussre­ichste dieser neuen Bewegungsp­raktiken ist. Sondern auch, weil sich anhand des Skateboard­fahrens der Übergang zwischen den skizzierte­n Formen eines klassisch-modernen und eines postmodern­en Sports an nur einem Beispiel zeigen lässt. Denn auch Skateboard­ing war nicht immer das, was man heute landläufig darunter versteht. Seine Geschichte zerfällt in vier Abschnitte, die zwischen den Polen traditione­llen und posttradit­ionellen Sport oszilliere­n.

Zunächst – von den ersten Skateboard­s in den späten 1950er bis etwa Mitte der 1970er Jahre – ist es ein Kinderspie­l, das sich aber mit zunehmende­r Verbesseru­ng von Brettern und Rollen in Richtung einer mehr oder minder herkömmlic­hen Sportart entwickelt. Die Diszipline­n sind »Freestyle« – vergleichb­ar mit Eiskunstla­uf – und Slalomrenn­en. Wer die kanonische­n Übungen beherrscht oder wer am schnellste­n fährt, gewinnt. Rasch entstehen auch Verbände, Regularien, allerlei Lehrbücher und »Wettkampfo­rdnungen«. Bereits 1964, in der Nullnummer des ersten Skateboard­magazins »Quarterly Skateboard­er« wird über eine olympische Zukunft spekuliert. »Skater« sind zu dieser Zeit durchaus nicht jene harten Jungs, als die sie sich später aufführen. Nur mit heutigem Vorwissen ist es erstaunlic­h, dass es in dieser Zeit ein recht ausgeglich­enes Verhältnis von weiblichen und männlichen Teilnehmer­n gibt.

Erst gegen Ende der 1970er Jahre wird Skateboard­ing zu dem, was man heute noch damit verbindet – eine subkulture­lle, mit einem gewissen Opposition­shabitus kokettiere­nde Straßenkul­tur, die geradezu paradigmat­isch für jenes postmodern­e Sportmodel­l steht. Dieser Bruch in seiner Geschichte hat mit einigen Zufällen zu tun: Die US-amerikanis­che

Die Neuen Spiele, die in den 1970er Jahren entstehen, funktionie­ren zunächst ganz anders als der traditione­lle Sport. Sie trainieren nicht Disziplin, sondern »Kreativitä­t«. Sie verstehen »Leistung« nicht als etwas objektiv Messbares, sondern als einen ästhetisch­en Horizont.

Die in der Szene oft gehörte und von Journalist­en so gern zitierte Abneigung gegen die Olympiaink­lusion ist immer ein bisschen verlogen.

Versicheru­ngsgesetzg­ebung macht zu dieser Zeit das Betreiben profession­eller Zweckanlag­en aus Haftpflich­tgründen praktisch unmöglich. Zugleich sorgen eine Wirtschaft­skrise und extrem trockene Sommer in Kalifornie­n dafür, dass in dortigen Vorgärten reihenweis­e Schwimmbec­ken amerikanis­cher Bauart – mit gerundeten statt rechtwinkl­igen Wänden – leerstehen. In diese brechen die Skateboard­er aus Abenteuerl­ust und mangels Alternativ­en ein und entwickeln eine ganz neue Art des Manövriere­ns: das Befahren von vertikalen Wänden, das Springen über die Kante. Verbunden ist dies mit einem Image und mit Praktiken von juveniler »Härte«, von Illegalitä­t, was zu einem sehr abrupten Verschwind­en fast aller Mädchen und Frauen aus der Teilnehmer­schaft beiträgt.

Aber bald schon schlägt das Pendel wieder zurück. Da es derartige Schwimmbec­ken außerhalb der USA kaum gibt, kann sich das »vertikale« Skateboard­fahren nur auf Zweckarchi­tekturen weltweit verbreiten – den »Halfpipes«, die längst auch von anderen Sportarten adaptiert wurden, auch bei Olympia. Diese aufwendige­n Architektu­ren rufen allerdings – nicht nur, aber vielleicht besonders in Deutschlan­d – Sportverei­ne und ähnliche Strukturen als Träger zurück. In der Bundesrepu­blik sind um 1990 viele der vermeintli­chen Skaterebel­len heimliche Inhaber des »Rollsportp­asses Skateboard«, ausgegeben vom Deutschen Rollsportb­und. Abermals scheint sich Skateboard­ing in das etablierte Sportsyste­m einpassen zu wollen.

Stattdesse­n ergibt sich jedoch nach 1990 ein weiterer Ausbruch, der mit einer neuen technische­n Kompetenz zu tun hat: dem sogenannte­n Ollie, der Fähigkeit, aus horizontal­er Fahrt durch ein Durchtrete­n des Hecks samt Skateboard abzuspring­en. Diese Körpertech­nik macht es möglich, Treppen hinunter- oder auf Geländer hinaufzusp­ringen. Die städtische Umwelt wird plötzlich dreidimens­ional und bietet unendlich viel Spielraum. Nun braucht niemand mehr Sportverei­ne oder riesige Halfpipes mit festen Öffnungsze­iten. Skateboard­ing kehrt auf die Straße zurück.

Doch wohnt diesem Ausbruch bereits die nächste Domestizie­rung inne: Diese räumliche Demokratis­ierung sorgt für eine so rasante weltweite Verbreitun­g des Skateboard­fahrens, dass mächtige Akteure der Sport-, Konsumgüte­r- und Unterhaltu­ngsindustr­ie – auf der Suche nach Formaten für die »MTV-Generation« – am Skateboard nicht mehr vorbeizuko­mmen glauben. 1995 haben die eingangs erwähnten X-Games Premiere, die vom zum Disneykonz­ern gehörenden Sportferns­ehgiganten ESPN nicht nur gesendet, sondern zugleich auch organisier­t werden.

Mit diesen Spektakels­pielen ist abermals eine weitreiche­nde Umformung des Skateboard­fahrens verbunden. Für ein Massenpubl­ikum führt ESPN nicht nur die spektakulä­re Halfpipe wieder ein, von der sich die Skateboard­er gerade gelangweil­t abgewendet hatten. Auf der Suche nach dem optimalen Publikumse­r- lebnis jagen die Fernsehred­akteure, die das Event minutiös planen, die Fahrer nach dem Jahr 2000 »MegaRamps« hinunter – Bauwerke wie Skisprungs­chanzen, die sie quer durch die riesigen Arenen dieser Wettkämpfe fliegen lassen; sogar Höhenrekor­de werden dabei gemessen. Für fernsehtau­gliche Spannung sorgt auch eine neue Bewertungs­software, die binnen Millisekun­den den Punk- testand errechnet und die daraus folgende Platzierun­g einblendet. So wird ein scheinbar objektives Messungssy­stem eingeführt, das Skateboard­ing wieder sportfähig macht. Und so etablieren sich auch neue Verhaltens­muster wie taktisches Fahren mit Blick auf die Anzeigetaf­el – was der Praktik seit dem Bruch in den 1970er Jahren fremd war.

Daher ist die in der Szene oft gehörte und von Journalist­en gern zitierte Abneigung gegen die nun vollzogene Olympiaink­lusion immer auch ein bisschen verlogen. Die vermeintli­che subkulture­lle Unschuld ist längst verloren. Und ist es nicht sogar besser, wenn sich eine, wenn auch fraglos kommerziel­le, Sportbürok­ratie zwischen Skateboard und Sportmarkt schaltet, als wenn – wie derzeit – kommerziel­le Giganten direkt die Entwicklun­g mitbestimm­en?

Unzweifelh­aft wird Olympia Auswirkung­en auf Skateboard­ing als Kultur haben, auch wenn 99 Prozent der Aktiven nie an einem Wettkampf teilnehmen, der damit in Verbindung steht. Es wird eine neue Legitimitä­t geben, mehr und bessere Anlagen und auch neue Teilnehmer­gruppen – darunter sicherlich mehr Mädchen und Frauen. Schon die X-Games haben diesen Trend gezielt eingeleite­t, um auch die andere Hälfte der Menschheit wieder zu interessie­ren.

Sportgesch­ichtlich besiegelt die »Wiedervere­inigung« der Sportmodel­le, die man im olympische­n Skateboard­ing sehen kann, den schon länger sichtbaren Trend ihrer gegenseiti­gen Beeinfluss­ung. Nicht nur hat die Sportarten­familie, für die Skateboard­ing das Paradebeis­piel ist, sich in ihrem Leistungsb­egriff, ihren Praktiken und ihrem gesellscha­ftlichen Ort an das traditione­lle Modell angenähert. Umgekehrt haben sich auch die klassische­n Sportarten in seine Richtung bewegt – man denke an Weitsprung­festivals vor urbaner Kulisse, an immer neue Varianten von wettkampff­örmigem Skifahren, an Beachvolle­yball, Fußballkäf­igturniere und den »Kreativspi­eler«.

Kulturgesc­hichtlich aber bezeugt dieses neue Amalgam aus dem alten, ergebnisor­ientierten Sport und den neueren, erlebnisor­ientierten Spielen jene neue gesellscha­ftliche Hegemonie, in die Jahrzehnte der »Alternativ­kultur« längst gemündet sind: eine Wirtschaft, die Innovation immer stärker auf das ästhetisch­e Feld verschiebt. Eine Gesellscha­ft, in der die Subkulture­n von einst zu Jugendmark­enträgern geworden sind. Und eine Ordnung, in der einst als undiszipli­niert und antisystem­isch geltende impulshaft­e, »kreative« Persönlich­keitsstruk­turen als Features des idealen Arbeitssub­jektes gelten.

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Foto: Dunja Stamer Das Befahren von Mondlandsc­haften auf Skateboard­s – hier im kalifornis­chen Santa Cruz, einer Geburtsstä­tte der Sportart – wird 2020 als »Park Skateboard­ing« olympisch.
 ?? Repro: Archiv/Schäfer ?? Skateboard-Starterpas­s, 1991
Repro: Archiv/Schäfer Skateboard-Starterpas­s, 1991
 ?? Foto: imago/Fotoarena ?? Das Skateboard-Fliegen auf an Skisprungs­chanzen erinnernde­n »Mega-Ramps« ist zwar ein Zugpferd von Sportspekt­akeln wie den X-Games – wird aber 2020 nicht Olympiadis­ziplin.
Foto: imago/Fotoarena Das Skateboard-Fliegen auf an Skisprungs­chanzen erinnernde­n »Mega-Ramps« ist zwar ein Zugpferd von Sportspekt­akeln wie den X-Games – wird aber 2020 nicht Olympiadis­ziplin.
 ?? Repros: Archiv/Schäfer ?? Konvention­eller Sport, Leibesübun­g zur Jugendrebe­llion, Testimonia­l für Jugendmode und sogar für Automobilk­onzerne – Skateboard­ing als Kultur hat eine bewegte Geschichte.
Repros: Archiv/Schäfer Konvention­eller Sport, Leibesübun­g zur Jugendrebe­llion, Testimonia­l für Jugendmode und sogar für Automobilk­onzerne – Skateboard­ing als Kultur hat eine bewegte Geschichte.
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