Von Amts wegen aufgegeben
Die Meldungen der letzten Wochen erscheinen widersprüchlich. So hieß es einerseits, die Zahl der Menschen, die jenseits der 60 noch berufstätig sind, steige stetig. Nun heißt es in den Agenturen, dass die Zahl der Erwerbslosen über 58, die seit mindestens einem Jahr ohne Jobangebot sind, seit 2011 um mehr als die Hälfte zugenommen habe. Was auf den ersten Blick wie ein Widerspruch wirkt, bildet vielmehr einen Trend ab, der sich seit Jahren abzeichnet. Das »deutsche Jobwunder« geht an den Langzeitarbeitslosen vorbei.
Viele von ihnen sind über 50. Wer Jahre ohne Job ist, steht in Verdacht, sich nicht bemüht zu haben, ja faul zu sein. Unternehmer scheuen sich deshalb, diese Menschen anzustellen. Zwar gibt es Programme, die die Einstellung von älteren Arbeitslosen finanziell fördern, doch sind diese unterfinanziert und halbherzig konzipiert. Es rächt sich auch, dass die wechselnden Bundesregierungen in zumindest einer Sache ein gewisses Maß an Konstanz bewiesen: Egal ob Schwarz-Gelb oder Schwarz-Rot: Die Budgets für Fort- und Weiterbildungsmaßnahmen wurden sukzessive zusammengestrichen. Auch wenn diese Programme nicht immer etwas gebracht haben dürften, so zeigten sie Personalchefs doch, dass der Bewerber sich nicht aufgegeben hat. Heute sind es vor allem die Jobcenter, die ihre älteren Kunden hängen lassen. So ist es kein Wunder, wenn die Betroffenen ebenfalls irgendwann die Segel streichen.