Giftgas in Aleppo?
Assad-Militär beschuldigt / Steinmeier für Waffenruhe
Erneut sollen in Syrien Chemiewaffen eingesetzt worden sein. Aktivisten beschuldigen die Assad-Truppen. Steinmeier nimmt Russland in die Pflicht. Damaskus. In der umkämpften syrischen Großstadt Aleppo haben Truppen des Assad-Regimes nach Angaben von Aktivisten angeblich Chlorgas eingesetzt. Den Anschuldigungen zufolge sollen Hubschrauber am späten Mittwochabend Behälter mit der ätzenden und potenziell tödlichen Chemikalie abgeworfen haben. Mindestens drei Menschen seien an den Folgen einer Vergiftung gestorben. Seitens der Vereinten Nationen hieß es, die Berichte, für die es zunächst keine Bestätigung gab, würden geprüft. Der syrischen Regierung, aber auch Aufständischen wird immer wieder der Einsatz verbotener chemischer Waffen vorgeworfen.
Bundesaußenminister FrankWalter Steinmeier erneuerte angesichts der dramatischen Lage Hunderttausender Zivilisten in Aleppo seine Forderung nach einem humanitären Zugang zu den Menschen unter Aufsicht der Vereinten Nationen. »Der humanitäre Zugang kann nicht der Eigenregie einer Seite des Konflikts unterstehen«, sagte er der »Frankfurter Allgemeinen Zeitung«. Am Donnerstag wurde in Aleppo trotz der von Russland an- gekündigten dreistündigen Waffenruhe weiter gekämpft. »Eine einseitig ausgerufene dreistündige Waffenruhe pro Tag reicht nicht aus, um eine humanitäre Katastrophe zu vermeiden«, sagte Steinmeier. Die Menschen in Aleppo könnten nur rasch mit Hilfe versorgt werden, wenn es gelinge, »dass die Waffen schweigen und Helfer ohne Lebensgefahr Zugang bekommen«.
Steinmeier sagte, er habe bei einem Telefonat mit seinem russischen Kollegen Sergej Lawrow deutlich gemacht, dass Russland als Unterstützer des syrischen Regimes sowohl bei der Frage der Waffenruhe als auch beim humanitären Zugang eine besonders große Verantwortung trage.
Obwohl Russland eigentlich eine dreistündige Feuerpause für humanitäre Hilfslieferungen angekündigt hatte, bombardierten Kampfjets angeblich weiter Stellungen der Rebellen im Osten Aleppos. Nach Angaben der Syrischen Beobachtungsstelle für Menschenrechte gab es Dutzende Angriffe. Unklar war, ob syrische oder russische Kampfflugzeuge im Einsatz waren. Die Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch kritisierte, dass Angriffe durch syrische und russische Kampfjets auf Krankenhäuser mittlerweile zur Routine geworden seien.