Ein Jahr Vorwarnzeit bleibt immerhin
Supervulkane sind schon lange nicht mehr ausgebrochen. Ihre Eruptionen führten einst zu Klimakatastrophen. Russische Wissenschaftler kommen jetzt zu dem Schluss, dass der indonesische Vulkan Toba alle Zutaten für einen neuen Ausbruch hätte.
Supervulkane waren schon früher eine Bedrohung für die Menschheit – und das sind sie auch heute noch. Als der Toba vor 74 000 Jahren ausbrach, spie er so viel Lava, Staub und Gesteinsfragmente aus, dass man den Mount Everest zweimal hätte auftürmen können. Asche verdunkelte die Sonne, giftige Gase töteten alle Lebewesen in der näheren Umgebung.
Wie extrem die Folgen des Vulkanausbruchs für die Erde insgesamt waren, darüber sind sich die Wissenschaftler uneinig. Die einen sagen, dass die Menschen damals beinahe ausgestorben wären, die anderen streiten diese Annahme vehement ab. Sicher ist, dass die darauffolgende Eiszeit das Leben der Men- schen auf der Erde nicht einfacher machte.
»Diese schreckliche Katastrophe verursachte einen dramatischen Klimawandel auf der ganzen Erde«, sagte Iwan Kulakow, ein Geophysiker der Universität Nowosibirsk, der sich ausführlich mit dem auf der indonesischen Insel Sumatra gelegenen Toba beschäftigt hat. »Sollte solch ein Ausbruch heutzutage passieren, würde dies das Leben der menschlichen Spezies dramatisch verändern.«
Erkennbar ist ein Supervulkan an seiner extrem großen Magmakammer. Bricht er aus, stößt er mindestens 1000 Kubikkilometer Material aus, das entspricht einem Würfel von 10 Kilometern Kantenlänge. Neben dem indonesischen Toba könnte es beispielsweise auch im YellowstoneNationalpark in den USA, in den Phlegräischen Feldern nördlich von Neapel oder am Taupo auf der Nordinsel Neuseelands zu solch einer Superexplosion kommen. Der Taupo war vor 25 000 Jahren der letzte Supervulkan, der explodiert ist.
Obwohl Kulakow und sein Team, die ihre Forschung im aktuellen Fachmagazin »Nature Communications« (DOI: 10.1038/ncomms12228) veröffentlicht haben, keine Gefahr eines Ausbruchs in der näheren Zukunft sehen, so stellten sie doch fest, dass der Toba alles hätte, was es dafür bräuchte: Die Lage in einer Subduktionszone – hier schiebt sich die indische Platte unter die Sundaplatte –, eine riesige Magmakammer mit Gas und eine Art Gesteinsblockade, die die gleichmäßige Verteilung des Magmas behindert, so dass es sich immer mehr geballt ansammelt – bis es irgendwann zur Explosion kommt. Kulakows Team hatte anhand von seismischen Daten ein Modell der geologischen Verhältnisse unter dem Toba entwickelt. Danach entstehen bei der Subduktion Gase und neues Magma, die langsam aufsteigt.
Lange galt der Toba als erloschen. Als Hinterlassenschaft des letzten Ausbruchs dehnt sich ein großer Kratersee. Doch seit einem schweren Erdbeben im Jahre 2004 wird über einen Ausbruch des Toba gerätselt. Denn Erdstöße können durchaus einen Vulkanausbruch ankündigen. Trotzdem sind die Wissenschaftler bisher nicht beunruhigt. Denn noch fehlen die anderen Anzeichen wie das Anschwellen des Bodens und Gasaustritt.
Etwa ein Jahr vor solch einem Supervulkanausbruch – der das Klima der Erde verändern und wahrscheinlich zu Hungersnöten, Völkerwanderungen und Kriegen führen würde – könnten die Wissenschaftler Vorwarnung geben. Das versprechen zumindest Guilherme Gualda von der amerikanischen Universität Vanderbilt und Stephen Sutton von der Universität von Chicago nach einer Analyse des Long Valley Supervulkans in Kalifornien im Fachjournal »PLOS ONE« (DOI: 10.1371/journal.pone. 0159200).
Sie beschreiben den Ablauf als einen Prozess über mehrere Stufen. Zu- nächst brauche es Zehntausende Jahre, bis sich genug Magma angesammelt habe, so die Wissenschaftler. Wann ein Vulkan schließlich wirklich ausbreche, das zeige sich letztendlich am Prozess der Dekompression. Dieser »setzt die Gasblasen frei, die die Eruption anfeuern, und das passiert weniger als ein Jahr vor einem Ausbruch«, sagte Gualda.
Weder Taupo in Neuseeland noch die Phlegräischen Felder in Italien, Yellowstone in den USA oder der indonesische Toba zeigen derzeit Anzeichen für einen Ausbruch. »Sie sind jedoch Orte, an denen es in der Vergangenheit Superausbrüche gab und deswegen ist es wahrscheinlich, dass es in der Zukunft wieder passiert«, sagte Gualda.