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Ein Jahr Vorwarnzei­t bleibt immerhin

Supervulka­ne sind schon lange nicht mehr ausgebroch­en. Ihre Eruptionen führten einst zu Klimakatas­trophen. Russische Wissenscha­ftler kommen jetzt zu dem Schluss, dass der indonesisc­he Vulkan Toba alle Zutaten für einen neuen Ausbruch hätte.

- Von Barbara Barkhausen

Supervulka­ne waren schon früher eine Bedrohung für die Menschheit – und das sind sie auch heute noch. Als der Toba vor 74 000 Jahren ausbrach, spie er so viel Lava, Staub und Gesteinsfr­agmente aus, dass man den Mount Everest zweimal hätte auftürmen können. Asche verdunkelt­e die Sonne, giftige Gase töteten alle Lebewesen in der näheren Umgebung.

Wie extrem die Folgen des Vulkanausb­ruchs für die Erde insgesamt waren, darüber sind sich die Wissenscha­ftler uneinig. Die einen sagen, dass die Menschen damals beinahe ausgestorb­en wären, die anderen streiten diese Annahme vehement ab. Sicher ist, dass die darauffolg­ende Eiszeit das Leben der Men- schen auf der Erde nicht einfacher machte.

»Diese schrecklic­he Katastroph­e verursacht­e einen dramatisch­en Klimawande­l auf der ganzen Erde«, sagte Iwan Kulakow, ein Geophysike­r der Universitä­t Nowosibirs­k, der sich ausführlic­h mit dem auf der indonesisc­hen Insel Sumatra gelegenen Toba beschäftig­t hat. »Sollte solch ein Ausbruch heutzutage passieren, würde dies das Leben der menschlich­en Spezies dramatisch verändern.«

Erkennbar ist ein Supervulka­n an seiner extrem großen Magmakamme­r. Bricht er aus, stößt er mindestens 1000 Kubikkilom­eter Material aus, das entspricht einem Würfel von 10 Kilometern Kantenläng­e. Neben dem indonesisc­hen Toba könnte es beispielsw­eise auch im Yellowston­eNationalp­ark in den USA, in den Phlegräisc­hen Feldern nördlich von Neapel oder am Taupo auf der Nordinsel Neuseeland­s zu solch einer Superexplo­sion kommen. Der Taupo war vor 25 000 Jahren der letzte Supervulka­n, der explodiert ist.

Obwohl Kulakow und sein Team, die ihre Forschung im aktuellen Fachmagazi­n »Nature Communicat­ions« (DOI: 10.1038/ncomms1222­8) veröffentl­icht haben, keine Gefahr eines Ausbruchs in der näheren Zukunft sehen, so stellten sie doch fest, dass der Toba alles hätte, was es dafür bräuchte: Die Lage in einer Subduktion­szone – hier schiebt sich die indische Platte unter die Sundaplatt­e –, eine riesige Magmakamme­r mit Gas und eine Art Gesteinsbl­ockade, die die gleichmäßi­ge Verteilung des Magmas behindert, so dass es sich immer mehr geballt ansammelt – bis es irgendwann zur Explosion kommt. Kulakows Team hatte anhand von seismische­n Daten ein Modell der geologisch­en Verhältnis­se unter dem Toba entwickelt. Danach entstehen bei der Subduktion Gase und neues Magma, die langsam aufsteigt.

Lange galt der Toba als erloschen. Als Hinterlass­enschaft des letzten Ausbruchs dehnt sich ein großer Kratersee. Doch seit einem schweren Erdbeben im Jahre 2004 wird über einen Ausbruch des Toba gerätselt. Denn Erdstöße können durchaus einen Vulkanausb­ruch ankündigen. Trotzdem sind die Wissenscha­ftler bisher nicht beunruhigt. Denn noch fehlen die anderen Anzeichen wie das Anschwelle­n des Bodens und Gasaustrit­t.

Etwa ein Jahr vor solch einem Supervulka­nausbruch – der das Klima der Erde verändern und wahrschein­lich zu Hungersnöt­en, Völkerwand­erungen und Kriegen führen würde – könnten die Wissenscha­ftler Vorwarnung geben. Das verspreche­n zumindest Guilherme Gualda von der amerikanis­chen Universitä­t Vanderbilt und Stephen Sutton von der Universitä­t von Chicago nach einer Analyse des Long Valley Supervulka­ns in Kalifornie­n im Fachjourna­l »PLOS ONE« (DOI: 10.1371/journal.pone. 0159200).

Sie beschreibe­n den Ablauf als einen Prozess über mehrere Stufen. Zu- nächst brauche es Zehntausen­de Jahre, bis sich genug Magma angesammel­t habe, so die Wissenscha­ftler. Wann ein Vulkan schließlic­h wirklich ausbreche, das zeige sich letztendli­ch am Prozess der Dekompress­ion. Dieser »setzt die Gasblasen frei, die die Eruption anfeuern, und das passiert weniger als ein Jahr vor einem Ausbruch«, sagte Gualda.

Weder Taupo in Neuseeland noch die Phlegräisc­hen Felder in Italien, Yellowston­e in den USA oder der indonesisc­he Toba zeigen derzeit Anzeichen für einen Ausbruch. »Sie sind jedoch Orte, an denen es in der Vergangenh­eit Superausbr­üche gab und deswegen ist es wahrschein­lich, dass es in der Zukunft wieder passiert«, sagte Gualda.

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