Kopfrechnen und der große Kick
Ann-Kathrin Wigmann spielt in Deutschland bei Darts in der ersten Riege mit
Wie fühlt sich das an, im SpitzenDarts so ziemlich allein unter Männern? Vor allem ist das für mich eine Ehre, von Bull’s gesponsert zu werden. Entsprechend werde ich versuchen, in meinem Sport alles zu geben. Und zugleich ist das ja auch verpflichtend. Nämlich dazu, mit meinem Vorbild vielleicht mehr Frauen zu inspirieren und an Darts heranzuführen. Warum eigentlich immer noch diese Männerdominanz, denn Darts scheint doch auch für Frauen geradezu wie geschaffen? Da bin ich auch ein wenig ratlos. Frauen können sich offenbar nicht so hineinsteigern in ein Hobby. Vielleicht scheut manche auch den zeitlichen Aufwand, der im Darts notwendig ist, will jemand über den reinen Amateurstatus hinauskommen. Wie oft trainieren Sie? Mindestens einmal pro Woche etwa drei Stunden. Anfangs war ich noch fleißiger, da habe ich beinahe täglich rund vier Stunden geübt. Aber ich kannte das aus der Familie. Mein Vater und die Geschwister sind ebenfalls absolute Fans, die haben mich stets unterstützt. Vielleicht mögen Frauen auch das etwas derbe Image des Dartsports als hemdsärmelige Pub- und Kneipenkultur nicht so sehr? Das war vielleicht mal. Längst hat sich Darts auch zu einem echten Leistungssport entwickelt. Schauen Sie sich im Fernsehen die Liveberichte zu Turnieren an! Die Spieler agieren absolut diszipliniert. Und das Publikum flippt wegen der ganzen Stimmung und der Stars aus, aber nicht etwa wegen Alkohol. Manche Klischees halten sich eben hartnäckig. Werden Sie mit denen in Gesprächen über Ihren Sport manchmal konfrontiert? Ehrlich gesagt habe ich mich mit diesem Vorurteil persönlich nie auseinandersetzen müssen. Ganz im Gegenteil. Bekommen andere mit, dass ich darte, reagieren die meist voller Hochachtung. Auch in Deutschland kommen zu Turnieren inzwischen nicht selten 10 000 Zuschauer. Wird Darts hier mal ähnlich groß wie auf den Britischen Inseln? Das wäre nur zu hoffen. Die Begeisterung nimmt zu, das ist deutlich zu spüren. Das liegt natürlich viel an den TV-Übertragungen. Eine wichtige Rolle spielt dabei auch mein Teamkollege Max Hopp, der ja auf internationaler Ebene immer häufiger abräumt. Manche sind sich sicher, dass Max Hopp der Boris Becker des Dartsports werden und einen richtigen Boom auslösen könnte. Bleibt er richtig dabei und treibt konsequent seine Karriere voran, kann er eine große Nummer werden. Darts funktioniert nach einem relativ einfachen Prinzip: Wer gemäß der Regeln am besten trifft, gewinnt. Was macht für Sie den unwiderstehlichen Reiz daran aus? Dass du eine Runde selbst aus schlechter Lage heraus gewinnen kannst. Nehmen wir an, du eröffnest ein Match, fühlst dich gut in Form, aber plötzlich zieht der andere an dir vorbei. Aber dann gibst du alles, holst auf und drehst die Partie. Dieser Triumph macht den Kick. Laien sind von derartigen Hochgefühlen weit entfernt. Die schaffen es ja kaum, die Darts überhaupt auf der Scheibe zu platzieren. Man sollte einfach beginnen: Das Dartboard nicht verfehlen, sondern die Pfeile mit geschicktem Schwung dort fixieren. Nächster Schritt: So oft wie möglich die 20 treffen; so lernt man allmählich, auf einem Zahlensektor, den man für den Matchgewinn braucht, zu landen. Heftig ist die Knobelei während einer Partie. Der Startsaldo muss mit soundsovielen Hits komplett egalisiert werden. Wie behalten Sie den Überblick? Nach jedem Wurf checke ich ab, wie hoch der Restbetrag ist und welche Trefferkombinationen mich exakt ans Ziel bringen. Inzwischen bin ich deutlich besser im Kopfrechnen geworden. Vielleicht kann Darts ja helfen, die Begeisterung für den Matheunterricht zu steigern? Action und Mathe – keine schlechte Idee! Nächstes Internationales Dartturnier in Deutschland: International Darts Open Riesa (2.-4. September 2016); weitere Infos: www.pdc-europe.tv/ index.php/turniere/et-7-riesa