Asylheimbetreiber in Berlin gekündigt
Senat reagiert auf Mail-Skandal
Berlin. Der Berliner Senat hat am Sonntag dem Betreiber mehrerer Flüchtlingsunterkünfte fristlos gekündigt. »Die Zusammenarbeit mit der PeWoBe hat sich zunehmend immer schwieriger dargestellt«, teilte die Senatsverwaltung für Gesundheit und Soziales mit. Zuvor hatte unter anderem eine Hilfsinitiative Vorwürfe zu einem Heim der PeWoBe erhoben. Am Samstag hatten »BZ« und »Bild« zudem einen Mailverkehr von Angestellten veröffentlicht, in dem diese von den Bewohnern als »maximal Pigmentierte« sowie über die Anschaffung einer »Kinderguillotine« und eines großvolumigen Krematoriums sprechen.
Der Senat begründet die Kündigung in einer Erklärung mit Hinweisen zu Qualitätsmängeln und dem Umgang des Betreibers damit. »Auch der derzeitige Umgang mit dem unsäglichen und aus meiner Sicht nicht erklärbaren und durch nichts zu entschuldigendem Mailaustausch macht deutlich, dass eine weitere Zusammenarbeit mit der PeWoBe nicht mehr möglich ist«, sagte Sozialsenator Mario Czaja (CDU).
In E-Mails sollen Mitarbeiter des Asylheim-Betreibers PeWoBe über »Kinderguiolltinen« und »max. Pigmentierte« schwadroniert haben. Nach einem öffentlichen Aufschrei zieht der Senat Konsequenzen.
An der Authentizität des E-Mailverkehrs besteht kein Zweifel. Die »BZ« und die »Bild« haben am Wochenende interne Mails von Mitarbeitern des Flüchtlingsheimbetreibers »Professionelle Wohn- & Betreuungsgesellschaft« (PeWoBe) veröffentlicht. Teile der zitierten Passagen waren von einer anonymen Quelle auch der Verwaltung von Sozialsenator Mario Czaja (CDU) zugespielt worden, der das Material umgehend an den Verfassungsschutz weiterleitete. »Ich war entsetzt, als ich die Auszüge aus den E-Mails gelesen habe«, sagte Czaja. Der Umgang des Flüchtlingsheimbetreibers und seines Anwaltes im Anschluss an die Veröffentlichungen brachten dann am Sonntagnachmittag das Fass zum Überlaufen: »Auch der derzeitige Umgang mit dem unsäglichen und aus meiner Sicht nicht erklärbaren und durch nichts zu entschuldigendem Mailaustausch macht deutlich, dass eine weitere Zusammenarbeit mit der PeWoBe nicht mehr möglich ist«, sagte Czaja.
In den veröffentlichten Mails tauschen sich die Mitarbeiter der PeWoBe über die Verwendung einer Spende eines Autokonzerns aus. Der Spielplatz einer Flüchtlingsunterkunft soll ausgebaut werden. Statt eines Sandkastens, der »bei unseren Bewohnergruppen ganz schnell ein großer Aschenbecher oder ein heimisches Klo« würde, wie es in einem Zitat heißt, schlägt die Heimleiterin und zentrale Wohnheimkoordinatorin Peggy M. eine »kleine Kinderguillotine« vor. Neben dem Guillotinen-Vorschlag geht es in den Mails unter anderem um »maximal Pigmentierte« und ein »großvolumiges Krematorium«. Über M. hatten verschiedene Medien berichtet, sie habe vor einigen Jahren für die rechtsextreme DVU kandidiert. Von rechtsextremen Gedankengut distanzierte sie sich mittlerweile.
Die PeWoBe war am Sonntag weder telefonisch noch schriftlich für eine Stellungnahme für »neues deutschland« zu den Veröffentlichungen zu erreichen. In einer von »Bild« und »BZ« ebenfalls veröffentlichten Stellungnahme der Anwalts-
Hakan Taş, Linkspartei
kanzlei »Irle Moser«, die die PeWoBe vertritt, heißt es, sämtliche Äußerungen seien »aus ihrem Kontext herausgerissen«, wodurch ein völlig falsches Bild von den Mitarbeitern der PeWoBe gezeichnet werde. Hintergrund der »absurden Wortschöpfun- gen« in der vorliegenden E-Mail-Korrespondenz sei, erklärt das Anwaltsbüro, ein durch das Rechtschreibkor-rekturprogramm T9 »verursachter Korrekturfehler«. Darüber hinaus betreffe die Korrespondenz »nicht nur dienstliche, sondern insbesondere auch private Themen«, da die Mails am Sonntag geschrieben wurden.
Dass der Senat jetzt fristlos der PeWoBe kündigte, hatten viele Politiker zuvor gefordert. »Ich finde, es gibt nur ein klares Wort dazu: Kündigung, sofort, überall«, schrieb beispielsweise die Linkspartei-Politikerin Petra Pau auf dem Kurznachrichtendienst »Twitter«. Andere Politiker forderten nach Bekanntwerden der E-Mails Ermittlungen der Staatsanwaltschaft.
»Es wurde lange nicht dafür gesorgt, dass solche Betreiber aussortiert werden«, kritisierte der flüchtlingspolitische Sprecher der Linksfraktion im Abgeordnetenhaus, Hakan Taş. Der Abgeordnete hatte vor kurzem in einer Unterkunft der PeWoBe am Schöneberger Ufer selbst Missstände angeprangert. »Drei Wo- chen hat das Warmwasser nicht funktioniert«, sagte Taş dem »nd«. Die Oppositionsfraktionen hätten Czaja immer wieder aufgefordert, Konsequenzen zu ziehen. »Der Senator hat die ganzen Skandale mit der PeWoBe bislang ausgesessen«, sagte Taş.
Immer wieder hatte es in der Vergangenheit Vorwürfe gegeben, die PeWoBe halte Mindeststandards nicht ein. Das Unternehmen und ihre Verträge mit dem Landesamt für Gesundheit und Soziales (LAGeSo) waren seinerzeit auch Untersuchungsgegenstand von externen Wirtschaftsprüfern. Zuletzt hatte eine Flüchtlingsinitiative aus Hellersdorf massive Kritik an der PeWoBe geäußert, diese aber nach juristischen Vorgängen zurückgezogen. Das Unternehmen selbst hat Vorwürfe zuletzt stets zurückgewiesen.
In Berlin gab es zuletzt noch acht PeWoBe-Heime, ein neunter Vertrag war bereits ausgelaufen. Die Objekte sollen unter einer Trägerschaft erhalten werden. Gegebenenfalls kann es aber auch zu Umzügen kommen.
»Es wurde lange nicht dafür gesorgt, dass solche Betreiber aussortiert werden.«