Wie CETA die Rechte von Kommunen beschneidet
Auch Städte müssen Klagen befürchten, wenn das Freihandelsabkommen in Kraft tritt. Ein Gastbeitrag
Im momentan stattfindenden Länderwahlkampf spielt das Thema Freihandelsabkommen nur eine untergeordnete Rolle. Dabei hätten TTIP und CETA auch Auswirkungen auf die Kommunen.
In Mecklenburg-Vorpommern und in Berlin stehen im September Landtags- und Abgeordnetenhauswahlen an. Was bisher in der öffentlichen Debatte keine Rolle spielt: Die Voten haben auch Bedeutung dafür, ob das fertig verhandelte, in nächster Zeit zur Ratifizierung anstehende Freihandelsabkommen zwischen der EU und Kanada (CETA) vom Bundesrat, also der Länderkammer, angenommen wird. Das wiederum hat wesentlichen Einfluss darauf, wie es mit den politischen Gestaltungsspielräumen von Ländern und Kommunen weiter geht. Diese Spielräume würden nach allem, was bisher absehbar ist, durch das Freihandelsabkommen massiv eingeschränkt.
So können sich die Sonderklagerechte für Konzerne nicht nur gegen die Bundesrepublik, sondern auch gegen Bundesländer und Kommunen richten. Dies gilt für den Fall, dass In- vestoren ihre erwarteten Gewinne durch Vorhaben geschmälert sehen. Daran ändert auch der Umstand nichts, dass aus »Schiedsgerichten« per kosmetischer Veränderung ein »Handelsgerichtshof« wurde – diese Gremien wären weiterhin eine rechtsstaatswidrige Paralleljustiz. Das Grundgesetz und andere geltende Gesetze könnten dadurch ausgehebelt werden.
Länder und Kommunen müssen zum Beispiel Klagen befürchten, wenn sie den Ausstieg aus fossilen Energieträgern, ein Verbot der Ansiedlung weiterer Agrarfabriken oder die Anhebung der Gewerbesteuern planen. Eine Einengung der Planungs- und Regelungsrechte von Ländern und Kommunen droht auch durch weitreichende Verpflichtungen zur Liberalisierung von Bereichen der öffentlichen Daseinsvorsorge. So wären Wasser- und Energieversorgung in kommunaler Hand ebenso gefährdet wie die Subventionierung von Kulturstätten und öffentlich finanzierte Krankenhäuser.
Durch die geplante »regulatorische Kooperation« würden Parlamente auf den verschiedenen Ebenen vollends entmündigt. So sollen transatlantische Gremien das Ab- kommen ständig weiterentwickeln. Die Investorenfreundlichkeit von Gesetzesinitiativen soll geprüft werden, bevor Parlamente darüber beraten und entschieden haben. Damit würde unbeirrt fortgesetzt, was in den Bevölkerungen der EU-Länder seit Langem zu Unmut führt: Das Treffen von Entscheidungen über die Köpfe Betroffener hinweg, das Lobbyistenunwesen, die einseitige Parteinahme für die Seite des Kapitals.
CETA, das als Vorbild für das geplante Freihandelsabkommen zwischen der EU und den USA (TTIP) gilt, ist alles in allem demokratie- und sozialstaatsgefährdend. Eine eindeutige Ablehnung kommt bisher von der Linkspartei und überwiegend von den Grünen, die Union streitet mehrheitlich dafür, die SPD ist noch unentschieden. Das liegt vor allem am dif- fusen Agieren ihres Vorsitzenden Sigmar Gabriel, der als Bundeswirtschaftsminister einen hinhaltenden Beschwichtigungskurs fährt und die in der Partei beschlossenen »roten Linien« ignoriert.
Mit Unterschriftenaktionen wollen SPD-Aktivisten aus Schleswig-Holstein und Bayern erreichen, dass sich der Parteikonvent am 19. September in Wolfsburg klar gegen CETA ausspricht und dass sich die SPD-Abgeordneten in Bundestag und EuropaParlament dagegen positionieren. Zwei Tage vorher wird es in acht deutschen Großstädten, darunter in Berlin, Demonstrationen gegen CETA geben. Ein breites Bündnis von globalisierungskritischen Organisationen, Gewerkschaften und Umweltgruppen, erwartet mehr als 100 000 Teilnehmer. Ein deutliches Zeichen für Bürgerbeteiligung und Transparenz, für Gemeinwohl und neue Antworten für ein zukunftsfähiges Verhältnis von Globalisierung und Regionalisierung kann gesetzt werden.
Die Sonderklagerechte für Konzerne können sich auch gegen Bundesländer und Kommunen richten.