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Aktionstag­e aus Sorge um Öcalan

Kurden demonstrie­ren in verschiede­nen Städten

- Von Sebastian Weiermann

In mehreren deutschen Städten haben am Wochenende kurdische Aktivisten aus Sorge um den inhaftiert­en PKK-Vorsitzend­en Abdullah Öcalan demonstrie­rt. Kurdische Organisati­onen wie »Kongra-Gel« (Volkskongr­ess Kurdistans), die syrische YPG und die kurdische Arbeiterpa­rtei PKK hatten Anfang August weltweit zum Protest aufgerufen.

Hintergrun­d ist die unklare Situation von Öcalan nach dem gescheiter­ten Putsch in der Türkei. Seit der Nacht des 15. Juli sei nicht klar, ob Öcalan noch lebe und wie es ihm gehe, heißt es in einer Erklärung des NAV-DEM e.V. (Demokratis­ches Gesellscha­ftszentrum der Kurd*innen in Deutschlan­d). Es sei »unklar, ob die Soldaten auf der Gefängnisi­nsel Imrali, auf der Öcalan seit 1999 inhaftiert ist, auch zu der Clique der Putschiste­n« gehörten und dem PKK-Anführer etwas angetan hätten. Öcalan bekomme derzeit weder Besuch von seiner Familie noch von seinen Anwälten. In der Erklärung heißt es, die »kurdische Bevölkerun­g« würde dies nicht länger dulden.

Seit dem Putschvers­uch ist unklar, ob der inhaftiert­e Kurdenführ­er lebt und wie es ihm geht.

In Deutschlan­d wurde deshalb für den 13. August zu einem Aktionstag aufgerufen, die Aktivitäte­n begannen aber vorher. Rund 30 kurdische Jugendlich­e besetzten in der Nacht auf Freitag das WDRStudio in Düsseldorf. Sie forderten, über die Situation Öcalans und die Lage der Kurden in der Türkei zu berichten. Der Krieg gegen die kurdische Bevölkerun­g finde in deutschen Medien zu wenig Beachtung. Die Besetzer verließen das Gebäude friedlich. Am Freitag blockierte­n etwa 50 Kurden den Eingang zum WDR in Wuppertal. Hier gab es Auseinande­rsetzungen mit der Polizei, die mit Hunden anrückte. Zwei Demonstran­ten wurden in Gewahrsam genommen. Sie sollen einen Platzverwe­is ignoriert haben.

Am Samstag gingen Tausende Kurden in verschiede­nen Städten auf die Straße. Dabei gab es Repressali­en. So wurden in Frankfurt die Fahnen von fast allen linken kurdischen Organisati­onen verboten, in Bonn gab es Einschränk­ungen, welche Parolen gezeigt werden dürfen, und in Dortmund wurden die Personalie­n von Demonstran­ten aufgenomme­n, die sich gegen das PKK-Verbot ausgesproc­hen hatten.

Dersim, die in Dortmund auf die Straße ging, wünscht sich eine Änderung in der deutschen Politik. Die Regierung halte noch immer zu Erdogan, so die Aktivistin, obwohl dieser nachweisli­ch Islamisten unterstütz­e und die Türkei derzeit in einen autoritäre­n Staat umbaue. Öcalan sei eine zentrale Figur für die Demokratis­ierung im mittleren Osten. Das von ihm entwickelt­e Konzept des Demokratis­chen Föderalism­us sei der »Schlüssel, um die Region von Nationalis­mus und Islamismus zu befreien«. Dies zeige auch die Entwicklun­g in der Region Rojava, in der das Zusammenle­ben nach diesem Prinzip aufgebaut werde.

Harun, der auch in Dortmund protestier­te, ist sicher, dass die Aktionen weitergehe­n werden, bis Klarheit über die Situation herrscht. Man werde nicht nur demonstrie­ren, sondern auch mit spektakulä­ren Aktionen auf sich aufmerksam machen. Vielleicht setze sich Deutschlan­d dann auch in der Türkei für eine Fortsetzun­g des Friedenspr­ozesses ein, hofft der kurdische Aktivist.

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