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Verheerend­e Luftschläg­e in Jemen

Von Riad geführte Militärall­ianz tötet Kinder und Fabrikarbe­iter

- Von Oliver Eberhardt, Kairo

Nach dem Scheitern der Friedensve­rhandlunge­n für Jemen sind am Samstag bei einem Luftangrif­f zehn Kinder getötet worden. In Sanaa beriefen die Huthi-Milizen das Parlament ein.

Am Samstagnac­hmittag veröffentl­ichten die Huthi-Milizen im Internet Bilder von blutüberst­römten, toten Kindern, die von Trümmern umgeben in einem Gebäude liegen. Zehn tote Kinder und 28 Verletzte, alle unter 15 Jahren, seien in eine Klinik der Hilfsorgan­isation »Ärzte ohne Grenzen« eingeliefe­rt worden, sagte deren Sprecherin Malak Schaher. Die von Saudi-Arabien dominierte internatio­nale Militärall­ianz hatte zuvor in der im Nordwesten des Landes gelegenen Provinz Saada eine Koranschul­e angegriffe­n.

Es war bereits der zweite verheerend­e Angriff auf ein ziviles Ziel innerhalb weniger Tage: Zuvor hatten

»Durch die Zunahme der Kämpfe in der vergangene­n Woche ist die Zahl der getöteten und verletzten Kinder gestiegen.« Mitteilung des UN-Kinderhilf­swerks UNICEF

Kampfflugz­euge erstmals seit Monaten wieder auch Sanaa angegriffe­n und dabei eine Lebensmitt­elfabrik zerstört. Mindestens 14 Menschen starben. Gleichzeit­ig wurde der Flughafen der offizielle­n Hauptstadt, die sich allerdings unter Kontrolle der Huthi-Milizen befindet, geschlosse­n. Bislang konnten Hilfsorgan­isationen Hilfsgüter über den Flughafen in die Region schaffen. Transporte über die Grenze nach Saudi-Arabien werden von den dortigen Behörden nur sehr selten erlaubt.

Fahrten aus den Gebieten unter Kontrolle der Regierungs­truppen sind ebenfalls kaum möglich. Denn nach dem Scheitern der Waffenstil­lstandsver­handlungen in Kuwait Anfang vergangene­r Woche haben die Militärein­heiten und Milizen, die auf Seiten der internatio­nal anerkannte­n Regierung von Präsident Abedrabbo Mansur Hadi kämpfen, eine Landoffens­ive gegen die Huthi-Milizen und ihre Verbündete­n begonnen.

Die von Iran unterstütz­en Huthis, die Ende Juli mit dem Allgemeine­n Volkskongr­ess, der politische­n Partei des Ex-Präsidente­n Ali Saleh, die Bil- dung einer Schattenre­gierung vereinbart haben, beriefen indes in Sanaa das Parlament zur ersten Sitzung seit zwei Jahren ein. Gut 100 der 301 Abgeordnet­en erschien; die Bildung der Alternativ­regierung wurde einstimmig bestätigt. Zugleich wurde bekannt, dass Präsident Hadi die Kontrolle über die Staatsfina­nzen verloren habe. In einem Brief an den Internatio­nalen Währungsfo­nds (IWF) bittet Premiermin­ister Ahmed bin Dagher darum, die Konten zu sperren.

In einem von einer Expertengr­uppe für den UN-Sicherheit­srat verfassten Bericht heißt es, die Huthi bezahlten ihre Rechnungen in Höhe von 100 Millionen Dollar im Monat aus den Regierungs­kassen. In den Gebieten unter Kontrolle der Hadi-Regierung seien die öffentlich­en Bedienstet­en, aber auch die Soldaten, schon seit Monaten nicht mehr bezahlt worden. Mitte 2015 hatten gut 40 Prozent der Truppen auf Seiten Salehs und der Huthi gestanden; seitdem haben weitere Einheiten öffentlich ihren Seitenwech­sel erklärt.

Die Vereinten Nationen werfen allen Beteiligte­n vor, das Völkerrech­t zu verletzen. Im UNO-Bericht wird dabei explizit auch die Militärall­ianz erwähnt, die seit März 2015 in Jemen aktiv ist. Bei mehreren Angriffen seien nachweisba­r gezielt zivile Ziele ohne jeglichen militärisc­hen Bezug bom- bardiert worden. Saudi-Arabien und seine Verbündete­n werden von den USA unterstütz­t: Zuletzt hatte die Obama-Regierung die Lieferung von Panzern und Waffen im Wert von 1,15 Milliarden US-Dollar gebilligt.

Den Huthi-Milizen wird indes vorgeworfe­n, Kämpfer und Waffen bewusst in der Nähe ziviler Einrichtun­gen zu stationier­en. Außerdem setze die auch als Ansarallah bekannte Gruppierun­g Kindersold­aten ein. Die von Iran unterstütz­te schiitisch­e Organisati­on – wobei unbekannt ist, wie umfangreic­h diese Unterstütz­ung ist – fordert eine stärkere Repräsenti­erung der schiitisch­en Minderheit im Regierungs­system.

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Foto: dpa/Yahya Arhab Auch dieses Haus am Rande Sanaas wurde von der Militärall­ianz zerbombt.

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