Bunte Barrikaden
Der Blockupy-Aktivist Samuel Decker zu Strategien gegen Rechte und einer Blockade des Arbeitsministeriums
Blockupy kommt nach Berlin: zum Arbeitsministerium.
Blockupy plant am Freitag eine Blockade des Arbeitsministeriums in Berlin. Womit genau müssen wir rechnen? Vormittags wird es eine Blockade geben, nachmittags dezentrale Aktionen in der Stadt. Am Morgen werden wir uns am Gendarmenmarkt und dem Potsdamer Platz treffen, um uns dem Arbeitsministerium von zwei Seiten aus zu nähern. Ziel wird sein, den Haupteingang des Ministeriums zu erreichen und dann eine Blockadeaktion durchzuführen. Ich kann schon mal sagen, dass es bunt wird und kreativ. Es wird mit Sicherheit auch einige Überraschungen geben. Wird es tatsächlich gelingen, das Arbeitsministerium zu blockieren? Das Arbeitsministerium ist Teil eines größeren Komplexes mit verschiedenen Seiteneingängen. Um das Gebäude komplett und effektiv zu blockieren, bräuchte man mindestens zehntausend Menschen, schätze ich. Wir rechnen hingegen mit rund 2000 Personen. Warum hat Blockupy sich das Arbeitsministerium ausgesucht für den Protest und nicht etwa das Innen- oder das Finanzministerium? Das Arbeitsministerium ist für uns als Teil der Bundesregierung ein maßgeblicher Akteur der sozialen Spaltung in Europa. Es waren schließlich neoliberale Arbeitsmarktreformen, die erst Lohndumping gefördert und dann Südeuropa kaputt konkurriert haben. Schließlich wurden dem Süden Eu- ropas dann im Rahmen der Austeritätspolitik rigide Sparmaßnahmen aufoktroyiert. Im Moment wird unser Hartz IV nach ganz Europa exportiert, während hierzulande 80-Cent-Jobs für Geflüchtete und weitere Hartz-IVVerschärfungen zu einer noch stärkeren Stigmatisierung der Betroffenen führen. Der bestehende Verteilungskonflikt wird weiter rassistisch aufgeladen. Letztendlich geht es immer um soziale Spaltung: Arbeitende gegen Arbeitslose, Nordeuropäer gegen Südeuropäer, hier Lebende gegen Flüchtende. Dagegen richten wir uns und sagen: Das Arbeitsministerium ist in diesem Zusammenhang ein ganz wichtiger Akteur. An dieser Wurzel wollen wir ziehen, so gehen wir vors Arbeitsministerium. Die Arbeitsministerin Andrea Nahles ist Mitglied bei Attac, einer Gruppe, die bei Blockupy beteiligt ist. Was bedeutet das? Wir schießen uns nicht auf Frau Nahles ein, es geht uns um eine verfehlte, technokratische Politik. Nahles war ja bei der Einführung von Hartz IV auch nicht die Arbeitsministerin. Trotzdem ist sie diejenige, die jetzt hinter den neuen Verschärfungen von Hartz IV und auch hinter dem Vorschlag mit 80-Cent-Jobs für Geflüchtete steht. Insofern haben wir natürlich auch Kritik an ihr, ob sie nun Mitglied bei Attac ist oder nicht. Blockupy nimmt mit einem eigenen Block an der »Aufstehen gegen Rassismus«-Demo am Samstag teil. Wie steht Blockupy zu diesem Bündnis? Wir setzen uns für eine radikal andere Politik ein und verurteilen die bestehende Abschottungspolitik. Diese Haltung teilen im Bündnis nicht alle. Also bewegen wir uns mit unserem Grenzenlos-Block in einem kritisch-solidarischen Verhältnis zu Aufstehen gegen Rassismus. Den Rassismus der AfD zu bekämpfen, genügt euch nicht ... Nein, natürlich nicht. Es sind die gebrochenen Glücksversprechen des Neoliberalismus und der Postdemokratie, aus denen sich die AfD sowie rechte Parteien in Europa und auch in den USA ernähren. Es sind diese rechten Strömungen, die es schaffen, das demokratische Defizit zu besetzen, die soziale Ungleichheit zu thematisieren. Deswegen müssen wir genau dort – bei dem undemokratischen Charakter der EU und der sozialen Ungleichheit – angreifen, um effektiv Politik gegen den Rechtsruck machen zu können.