Gefährliche Taser
Parteien kritisieren Henkel-Vorstoß, die Polizei mit Tasern zu auszurüsten, als Wahltaktik
Berlins Innensenator will die Polizei mit Elektroschockern aufrüsten.
Der Taser ist eine nur bedingt nichttödliche Abstandswaffe. Dass die Innenverwaltung alle Polizisten mit dem Elektroschocker ausrüsten will, ist weder innen- noch haushaltspolitisch seriös abgestimmt. Berlins Polizei soll offenbar durchgängig mit den umstrittenen TaserWaffen ausgestattet werden. Wenn es nach dem Willen von Innensenator Frank Henkel (CDU) geht, könnten die bisher nur von Spezialeinsatzkommandos (SEK) als Distanzwaffen geführten Elektroschocker bald zur Ausrüstung aller Polizeivollzugsbeamten gehören. Nach Medienberichten vom Dienstag habe Henkel Polizeipräsident Klaus Kandt angewiesen, die Einführung der Taser zu organisieren. An diesem Mittwoch wollen Innensenator und Polizeipräsident ihr Vorhaben vorstellen.
Henkels Vorstoß so kurz vor der Wahl zum Abgeordnetenhaus trifft auf ein differenziertes Echo – wobei sich Kritik insbesondere von Seiten der anderen im Abgeordnetenhaus vertretenen Parteien nicht ausschließlich am Zeitpunkt fest macht.
»Generell finden wir den Vorschlag gut, denn der Taser würden ei- ne Lücke zwischen Pfefferspray und Schusswaffe schließen«, sagt Benjamin Jendro, Sprecher der Gewerkschaft der Polizei (GdP), dem »nd«. Doch seien die rechtlichen Grundlagen für den Einsatz dieser Waffen noch gar nicht gegeben. Zudem sei der Taser, der von den Beamten zur Nothilfe oder bei Notwehraktionen auf eine Distanz von vier bis sechs Metern eingesetzt werden könne, kein Allheilmittel. Und er bedürfe einer gründlichen Schulung der Beamten. »Er kann nur ein zusätzliches Mittel und kein genereller Ersatz für die Schusswaffe sein«, sagt Jendro.
Auch der Bund Deutscher Kriminalbeamter (bdk) ist grundsätzlich für das Vorhaben. Der Landesvorsitzende Michael Böhl wirbt angesichts einer »wachsenden Aggressivität gegen Polizisten, Rettungskräfte und Feuerwehrleute« für eine differenzierte Bewertung des Tasers als ein weiteres Hilfsmittel für die Beamten. Gehe es doch um die Möglichkeit, Suizide, schwere Straftaten oder auch tödliche Attacken abzuwehren, ohne dabei Unbeteiligte zu gefährden. »Wir befürworten das, wenn der Schutz der Kolleginnen und Kollegen im Vordergrund steht.«
Der innenpolitische Sprecher der Linksfraktion, Hakan Taş, weist das Vorhaben Henkels als Wahlkampfmanöver zurück. »Wir haben das immer wieder abgelehnt. Das dient nur Wahlkampfzwecken, und dass der Polizeipräsident da mitmacht, ist unverantwortlich.« Henkel habe sein Projekt weder im Innenausschuss vorgestellt, noch sei über die möglichen Kosten geredet worden. Zudem erfordere die Einführung des Tasers eine umfassende Ausbildung der Beamten. »Henkel aber hat doch nicht einmal die Schießstände für die Ausbildung an der Schusswaffe in den Griff bekommen.« Er glaube nicht, dass es tatsächlich eine Sicherheitslücke gebe, sagt Taş dem »nd«. »Der Einsatz von Schusswaffen durch Beamte wäre auch bei den jüngsten Fällen vermutlich durch bessere Ausbildung oder durch den Einsatz von Polizeipsychologen vermeidbar gewesen.«
Heftige Kritik kommt vom Koalitionspartner. »Wer so mit einem derart sensiblen Thema umgeht, geht nicht seriös vor«, sagt der innenpolitische Sprecher der SPD-Fraktion, Frank Zimmermann. Der Taser sei keine ungefährliche oder gar harmlose Waffe, das belegten weltweit zu beklagende Todesfälle nach dem Einsatz des Tasers. Bisher sei aber in der Politik weder eine seriöse Debatte über Nutzen und Risiken dieser Waffe geführt worden, noch habe der Innensenator ein Konzept vorgestellt. Henkel habe dazu aber fünf Jahre Zeit gehabt. »Wir verschließen uns nicht der politischen Debatte, aber sie muss gut vorbereitet sein«, stellt Zimmermann klar.
»Das wird nicht passieren«, lautet der Kommentar von Christopher Lauer von der Piraten-Fraktion. Das gängige Modell koste 1000 Euro pro Stück. Für die 16 000 Polizisten in der Stadt wären allein für die Anschaffung 1,6 Millionen Euro nötig. Dafür gebe es kein Geld. »Henkel bräuchte dafür eine Ausschreibung.« Nötig sei eine politische Entscheidung, die vor dem Wahltag wohl weder diskutiert noch im Haushalt verankert werden könne.
»Das dient nur Wahlkampfzwecken, und dass der Polizeipräsident da mitmacht, ist unverantwortlich.« Hakan Taş, LINKE