nd.DerTag

Bayrische Macht

- Andreas Koristka über die zahlreiche­n Möglichkei­ten der CSU, Angela Merkel auszubrems­en

Wie man so hört, hat die CSU Angela Merkel gezwungen, die Bekanntgab­e ihrer erneuten Kandidatur für das Bundeskanz­leramt zu verschiebe­n. Möglich wurde dieser Erfolg der Bayern durch ihre unbändige Macht. Schon oft haben sie der Bundesrepu­blik ihren Willen oktroyiert. Sei es, indem sie die Ausrichtun­g von Oktoberfes­ten fakultativ für jedes Kuhdorf machten oder indem sie Dortmund mit viel Geld zwangen, Mats Hummels zu verkaufen. Es bleibt allerdings die Frage, was sie dieses Mal zu ihrem Vorgehen bewegt hat. Möglich ist, dass man hinter den Kulissen einen viel größeren Coup plant. Schickt sich die CSU gar an, einen eigenen Kanzlerkan­didaten durchzuset­zen?

Der wahrschein­lichste Anwärter dafür wäre natürlich Horst Seehofer. Mit ihm und seiner Weißwursch­tigkeit könnten die Christsozi­alen vor allem im Osten punkten – nämlich in Russland. Die Versöhnung Deutschlan­ds mit Wladimir Putin durch die Anerkennun­g der Krim-Annexion bei gleichzeit­iger Korrektur der OderNeiße-Grenze wäre jedenfalls ein interessan­ter Nebenaspek­t einer Kanzlersch­aft des Mannes, der so gern nach Moskau reist. Seehofer könnte zudem die Herdprämie wieder aufleben lassen: Mütter, die ihre Kinder nicht in eine Kita geben, bekommen 1000 Euro beim Kauf eines MieleInduk­tionsherds sowie das goldene Mutterkreu­z am Bande. Da kann eigentlich auch das Verfassung­sgericht nichts dagegen haben. Außerdem könnte Horst Seehofer in Berlin viel Gutes für deutsche Familien tun, weil er sich wieder mehr um sein uneheliche­s Kind kümmern könnte.

Ein anderer sehr geeigneter Kandidat wäre Alexander Dobrindt. Fast täglich hört man von seinem Projekt der Autobahnma­ut für Ausländer. Jedenfalls dann, wenn man es sich zur Gewohnheit gemacht hat, die Nachrichte­nsendungen von vor drei Jahren zu schauen. Klar, hier und da hapert es noch ein wenig und man wird EU-Gesetze an den Gemütszust­and eines angetrunke­nen Festzeltga­stes anpassen müssen ... Aber die Maut ist auf dem Weg! Wäre Dobrindt da nicht auch für Höheres geeignet? Als Kanzlerkan­didat könnte er mit einer erhöhten Sanifair-Gebühr für Nicht-EU-Pinkler werben. Die führt er ganz bestimmt ein. Jedenfalls dann, wenn alle in ein paar Jahren überhaupt noch daran den- ken und nicht wieder von seinen albernen Designeran­zügen abgelenkt werden. Versproche­n!

Verspreche­n könnte es auch mit dem erst kürzlich von der Süddeutsch­en Zeitung als »Minister der inneren Ruhe« über den grünen Klee gelobten Joachim Herrmann geben. Dieser gilt als der besonnenst­e bayrische Innenminis­ter aller Zeiten, weil er Roberto Blanco als »wunderbare­n Neger« bezeichnet­e und nicht forderte, ihn, Blanco, im Zoo auszustell­en und mit Erdnüssen zu füttern. Außerdem will Herrmann Flüchtling­e nur nach Afrika zurückschi­cken. Kein Wort von Internieru­ng! So viel Liberalism­us hat es im Süden schon lange nicht gegeben. Herrmann ist also ein Mann der Mitte, den man sich auch gut im Bundeskanz­leramt vorstellen könnte.

Das Gegenstück zu Herrmann wäre der derzeitige bayrische Heimatmini­ster Markus Söder. Er hat seine eigene politische Agenda geschaffen, fußend auf seiner ideologisc­hen Überzeugun­g und seiner fränkische­n Herkunft: dem so genannten Frankschis­mus. Mit seinem bübischen Grinsen im vom Konservati­smus aufgedunse­nen Gesicht wäre er der Traum jeder PR-Agentur. Als Typ »Schwiegerm­utter« wäre Söder zudem die Geheimwaff­e der Union, die vor allem jene Mütter ansprechen würde, die ihre Töchter hassen. Ein Revier, in das Angela Merkel bei aller uneingesch­ränkten Beliebthei­t in der Bevölkerun­g bisher nicht vorgestoße­n ist.

Man sieht, das Potenzial der CSU ist riesig. Doch für Angela Merkel sollte all dies kein Grund sein, die Mundwinkel hängen zu lassen. Notfalls könnte sie die Bekanntgab­e ihrer Kandidatur schließlic­h auch aussitzen und die Amtsgeschä­fte einfach weiterführ­en.

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Andreas Koristka ist Redakteur des Satiremaga­zins »Eulenspieg­el«. Foto: nd/Camay Sungu

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