Bayrische Macht
Wie man so hört, hat die CSU Angela Merkel gezwungen, die Bekanntgabe ihrer erneuten Kandidatur für das Bundeskanzleramt zu verschieben. Möglich wurde dieser Erfolg der Bayern durch ihre unbändige Macht. Schon oft haben sie der Bundesrepublik ihren Willen oktroyiert. Sei es, indem sie die Ausrichtung von Oktoberfesten fakultativ für jedes Kuhdorf machten oder indem sie Dortmund mit viel Geld zwangen, Mats Hummels zu verkaufen. Es bleibt allerdings die Frage, was sie dieses Mal zu ihrem Vorgehen bewegt hat. Möglich ist, dass man hinter den Kulissen einen viel größeren Coup plant. Schickt sich die CSU gar an, einen eigenen Kanzlerkandidaten durchzusetzen?
Der wahrscheinlichste Anwärter dafür wäre natürlich Horst Seehofer. Mit ihm und seiner Weißwurschtigkeit könnten die Christsozialen vor allem im Osten punkten – nämlich in Russland. Die Versöhnung Deutschlands mit Wladimir Putin durch die Anerkennung der Krim-Annexion bei gleichzeitiger Korrektur der OderNeiße-Grenze wäre jedenfalls ein interessanter Nebenaspekt einer Kanzlerschaft des Mannes, der so gern nach Moskau reist. Seehofer könnte zudem die Herdprämie wieder aufleben lassen: Mütter, die ihre Kinder nicht in eine Kita geben, bekommen 1000 Euro beim Kauf eines MieleInduktionsherds sowie das goldene Mutterkreuz am Bande. Da kann eigentlich auch das Verfassungsgericht nichts dagegen haben. Außerdem könnte Horst Seehofer in Berlin viel Gutes für deutsche Familien tun, weil er sich wieder mehr um sein uneheliches Kind kümmern könnte.
Ein anderer sehr geeigneter Kandidat wäre Alexander Dobrindt. Fast täglich hört man von seinem Projekt der Autobahnmaut für Ausländer. Jedenfalls dann, wenn man es sich zur Gewohnheit gemacht hat, die Nachrichtensendungen von vor drei Jahren zu schauen. Klar, hier und da hapert es noch ein wenig und man wird EU-Gesetze an den Gemütszustand eines angetrunkenen Festzeltgastes anpassen müssen ... Aber die Maut ist auf dem Weg! Wäre Dobrindt da nicht auch für Höheres geeignet? Als Kanzlerkandidat könnte er mit einer erhöhten Sanifair-Gebühr für Nicht-EU-Pinkler werben. Die führt er ganz bestimmt ein. Jedenfalls dann, wenn alle in ein paar Jahren überhaupt noch daran den- ken und nicht wieder von seinen albernen Designeranzügen abgelenkt werden. Versprochen!
Versprechen könnte es auch mit dem erst kürzlich von der Süddeutschen Zeitung als »Minister der inneren Ruhe« über den grünen Klee gelobten Joachim Herrmann geben. Dieser gilt als der besonnenste bayrische Innenminister aller Zeiten, weil er Roberto Blanco als »wunderbaren Neger« bezeichnete und nicht forderte, ihn, Blanco, im Zoo auszustellen und mit Erdnüssen zu füttern. Außerdem will Herrmann Flüchtlinge nur nach Afrika zurückschicken. Kein Wort von Internierung! So viel Liberalismus hat es im Süden schon lange nicht gegeben. Herrmann ist also ein Mann der Mitte, den man sich auch gut im Bundeskanzleramt vorstellen könnte.
Das Gegenstück zu Herrmann wäre der derzeitige bayrische Heimatminister Markus Söder. Er hat seine eigene politische Agenda geschaffen, fußend auf seiner ideologischen Überzeugung und seiner fränkischen Herkunft: dem so genannten Frankschismus. Mit seinem bübischen Grinsen im vom Konservatismus aufgedunsenen Gesicht wäre er der Traum jeder PR-Agentur. Als Typ »Schwiegermutter« wäre Söder zudem die Geheimwaffe der Union, die vor allem jene Mütter ansprechen würde, die ihre Töchter hassen. Ein Revier, in das Angela Merkel bei aller uneingeschränkten Beliebtheit in der Bevölkerung bisher nicht vorgestoßen ist.
Man sieht, das Potenzial der CSU ist riesig. Doch für Angela Merkel sollte all dies kein Grund sein, die Mundwinkel hängen zu lassen. Notfalls könnte sie die Bekanntgabe ihrer Kandidatur schließlich auch aussitzen und die Amtsgeschäfte einfach weiterführen.