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Aufbaubera­ter

- Von Christian Baron

Eine Gesellscha­ft muss sich immer daran messen lassen, wie sie mit den Schwächste­n umgeht. Das gilt auch und gerade für Regionen, in denen sich immer wieder Naturkatas­trophen ereignen. 2009 etwa, als in L’Aquila – der Hauptstadt der italienisc­hen Region Abruzzen – 309 Menschen ums Leben kamen: Damals setzte sich die Tragödie nach den verheerend­en Erdstößen fort. 67 000 obdachlos Gewordene wurden in sterilen Zeltstädte­n untergebra­cht oder umgesiedel­t, sodass manche Orte dauerhaft entvölkert blieben.

Nach dem jüngsten Erdbeben in Mittelital­ien, das fast 300 Tote gefordert hat, holte Regierungs­chef Matteo Renzi klugerweis­e den Rat des bekannten Architekte­n Renzo Piano ein. Der 78-Jährige sitzt als Senator auf Lebenszeit im italienisc­hen Parlament. Internatio­nal hat er sich mit modernen Bürohäuser­n (u.a. dem 106 Meter hohen Atrium-Tower am Potsdamer Platz in Berlin), aber auch als Museumsarc­hitekt einen Namen gemacht. Das Zentrum Paul Klee in Bern entstammt ebenso seinen Plänen wie das Tjibaou-Kulturzent­rum in Neukaledon­ien.

Dementspre­chend um die kulturelle Identität der Erdbebenge­biete besorgt, schweben Piano klare Imaginatio­nen vor, in welcher Weise ein Wiederaufb­au betroffene­r Orte wie Amatrice vonstatten gehen müsste: »Für die Überlebend­en, die ihre Häuser verloren haben, braucht man eine leichte Struktur, die die Menschen nicht von den Orten entfernt, in denen sie gewohnt haben, sondern leichte Gebäude, die man abbauen und danach recyceln kann«, sagte Piano der Zeitung »La Repubblica«. Von diesen Wohnstätte­n aus könnten die Menschen sich dann sogar an der Rekonstruk­tion der historisch­en Gebäude beteiligen.

Die Kosten für den Wiederaufb­au werden auf bis zu zehn Milliarden Euro beziffert. Italienisc­hen Medien zufolge hat Renzo Piano dem Ministerpr­äsidenten eine Baustelle empfohlen, »die zwei Generation­en einbindet und mit Beiträgen aus der ganzen Welt finanziert wird«. Denn, so Piano, »die außerorden­tliche Schönheit Italiens gehört nicht nur uns Italienern, sondern ist ein Erbe der ganzen Menschheit«.

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Foto: dpa/Claudio Onorati Renzo Piano fordert einen klugen Neuaufbau in Erdbebenge­bieten.

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