Reiche Städte müssen zahlen
Der Verfassungsgerichtshof von NRW hat am Dienstag entschieden, dass die »Kommunal-Soli« genannte Solidaritätsumlage mit der Verfassung des Landes übereinstimmt. Im Rahmen des Stärkungspaktes Stadtfinanzen möchte das Bundesland Nordrhein-Westfalen bis zum Jahr 2020 überschuldete Kommunen mit bis zu 5,8 Milliarden Euro unterstützen. Die Kommunen sollen bis 2021 einen ausgeglichenen Haushalt vorweisen. Das Gesetz wurde 2011 vom Landtag beschlossen. Seit 2014 sind auch finanzstarke Gemeinden im Bundesland dazu verpflichtet, sich an der Solidaritätsumlage zu beteiligen. Etwa 91 Millionen Euro im Jahr fordert das Land von ihnen zur Stärkung der finanzschwachen Kommunen.
Allerdings ist der Zugriff auf die Haushaltsmittel der finanzstarken Kommunen gedeckelt, mehr als 25 Prozent der Überschüsse darf das Land ihnen nicht abnehmen. Für die starken Gemeinden handelt es sich trotzdem um starke Einnahmenverluste. So musste die Stadt Monheim im Jahr 2015 22,6 Millionen Euro in den Soli-Topf einzahlen. Düsseldorf musste 18,9 Millionen Euro zahlen, und selbst kleinere Städte wie Ratingen oder Halle in Westfalen gaben 5,4 beziehungsweise 2,9 Millionen Euro an ärmere Kommunen ab.
Dagegen hatten nun über 70 der Geberkommunen vor dem Verfassungsgerichtshof des Landes Nordrhein-Westfalen geklagt. Für sie war dieser Eingriff in ihren Haushalt nicht mit der kommunalen Eigenständigkeit und der Verfassung des Landes vereinbar.
Dieser Interpretation schloss sich der nordrhein-westfälische Verfassungsgerichtshof in Münster allerdings nicht an. Gerichtspräsidentin Dr. Ricarda Brandts erklärte, das Land greife nicht auf »bestimmte kommunale Steuererträge« zu, sondern mache lediglich Gebrauch von der »allgemeinen Zahlungspflicht« der Kommunen. Ein Finanzausgleich zwischen Kommunen sei zwar wegen des Grundsatzes der Selbstverantwortung der Städte und Gemeinden problematisch. Allerdings müsse die allgemeine »Selbstverwaltungsgarantie« der Gemeinden vor einer »Erosion« geschützt werden, und deswegen sei es »ausnahmsweise zulässig«, die finanzstarken Gemeinden zur Solidarität zu verpflichten.
Die Stadt Monheim kündigte an, gegen das Urteil vor das Bundesverfassungsgericht zu ziehen. Innen- und Kommunalminister Ralf Jäger hingegen ist erfreut über das Urteil. Von einer »stabilen Finanzlage« würden am Ende alle Gemeinden profitieren. Die Sprecherin der NRW-LINKEN, Özlem Alev Demirel, bemängelt, der »Kommunal-Soli« löse keine Probleme, da es im Bundesland immer weniger reiche Gemeinden gäbe. Es handele sich um ein »Zerren an der zu kurzen Bettdecke«. Notwendig sei eine stärkere Beteiligung der Kommunen an den Einnahmen des Landes aus Gemeinschaftssteuern wie Einkommensteuer und Umsatzsteuer. Insgesamt zwinge der Stärkungspakt Stadtfinanzen die Kommunen in eine »Abwärtsspirale«. Die Städte seien gezwungen, schlechtere Angebote für ihre Bewohner zu machen und ihr »Tafelsilber zu verschleudern«.
Ähnliche Gesetze zum kommunalen Finanzausgleich wie das in Nordrhein-Westfalen gibt es in zehn von zwölf Flächenländern. Im Rahmen der »Abundanzumlage« sind Gemeinden dazu verpflichtet, eigene Überschüsse abzugeben. Auch das Grundgesetz erlaubt im Rahmen des Artikels 106 solche Umlagen.