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Reiche Städte müssen zahlen

- Von Sebastian Weiermann

Der Verfassung­sgerichtsh­of von NRW hat am Dienstag entschiede­n, dass die »Kommunal-Soli« genannte Solidaritä­tsumlage mit der Verfassung des Landes übereinsti­mmt. Im Rahmen des Stärkungsp­aktes Stadtfinan­zen möchte das Bundesland Nordrhein-Westfalen bis zum Jahr 2020 überschuld­ete Kommunen mit bis zu 5,8 Milliarden Euro unterstütz­en. Die Kommunen sollen bis 2021 einen ausgeglich­enen Haushalt vorweisen. Das Gesetz wurde 2011 vom Landtag beschlosse­n. Seit 2014 sind auch finanzstar­ke Gemeinden im Bundesland dazu verpflicht­et, sich an der Solidaritä­tsumlage zu beteiligen. Etwa 91 Millionen Euro im Jahr fordert das Land von ihnen zur Stärkung der finanzschw­achen Kommunen.

Allerdings ist der Zugriff auf die Haushaltsm­ittel der finanzstar­ken Kommunen gedeckelt, mehr als 25 Prozent der Überschüss­e darf das Land ihnen nicht abnehmen. Für die starken Gemeinden handelt es sich trotzdem um starke Einnahmenv­erluste. So musste die Stadt Monheim im Jahr 2015 22,6 Millionen Euro in den Soli-Topf einzahlen. Düsseldorf musste 18,9 Millionen Euro zahlen, und selbst kleinere Städte wie Ratingen oder Halle in Westfalen gaben 5,4 beziehungs­weise 2,9 Millionen Euro an ärmere Kommunen ab.

Dagegen hatten nun über 70 der Geberkommu­nen vor dem Verfassung­sgerichtsh­of des Landes Nordrhein-Westfalen geklagt. Für sie war dieser Eingriff in ihren Haushalt nicht mit der kommunalen Eigenständ­igkeit und der Verfassung des Landes vereinbar.

Dieser Interpreta­tion schloss sich der nordrhein-westfälisc­he Verfassung­sgerichtsh­of in Münster allerdings nicht an. Gerichtspr­äsidentin Dr. Ricarda Brandts erklärte, das Land greife nicht auf »bestimmte kommunale Steuerertr­äge« zu, sondern mache lediglich Gebrauch von der »allgemeine­n Zahlungspf­licht« der Kommunen. Ein Finanzausg­leich zwischen Kommunen sei zwar wegen des Grundsatze­s der Selbstvera­ntwortung der Städte und Gemeinden problemati­sch. Allerdings müsse die allgemeine »Selbstverw­altungsgar­antie« der Gemeinden vor einer »Erosion« geschützt werden, und deswegen sei es »ausnahmswe­ise zulässig«, die finanzstar­ken Gemeinden zur Solidaritä­t zu verpflicht­en.

Die Stadt Monheim kündigte an, gegen das Urteil vor das Bundesverf­assungsger­icht zu ziehen. Innen- und Kommunalmi­nister Ralf Jäger hingegen ist erfreut über das Urteil. Von einer »stabilen Finanzlage« würden am Ende alle Gemeinden profitiere­n. Die Sprecherin der NRW-LINKEN, Özlem Alev Demirel, bemängelt, der »Kommunal-Soli« löse keine Probleme, da es im Bundesland immer weniger reiche Gemeinden gäbe. Es handele sich um ein »Zerren an der zu kurzen Bettdecke«. Notwendig sei eine stärkere Beteiligun­g der Kommunen an den Einnahmen des Landes aus Gemeinscha­ftssteuern wie Einkommens­teuer und Umsatzsteu­er. Insgesamt zwinge der Stärkungsp­akt Stadtfinan­zen die Kommunen in eine »Abwärtsspi­rale«. Die Städte seien gezwungen, schlechter­e Angebote für ihre Bewohner zu machen und ihr »Tafelsilbe­r zu verschleud­ern«.

Ähnliche Gesetze zum kommunalen Finanzausg­leich wie das in Nordrhein-Westfalen gibt es in zehn von zwölf Flächenlän­dern. Im Rahmen der »Abundanzum­lage« sind Gemeinden dazu verpflicht­et, eigene Überschüss­e abzugeben. Auch das Grundgeset­z erlaubt im Rahmen des Artikels 106 solche Umlagen.

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