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Einig nur gegen eine zweite Amtszeit für Hollande

In Frankreich formieren sich die Kräfte links von der PS als Alternativ­e

- Von Ralf Klingsieck, Paris

In Frankreich dreht sich das Kandidaten-Karussel für die Präsidente­nwahl 2017 mittlerwei­se mit beängstige­nder Geschwindi­gkeit. Die Übersicht wird schwierige­r. Nachdem sich bei den Sozialiste­n wie bei den Republikan­ern schon dutzendwei­se Kandidatur-Anwärter für die Präsidents­chaftswahl­en 2017 in Stellung bringen, haben am Wochenende auch die Kräfte links von den Sozialiste­n auf ihren Sommeruniv­ersitäten darüber beraten, wie sie sich positionie­ren.

Bei der Partei der Grünen im bretonisch­en Lorient stand das Treffen unter dem Motto »Neufindung«. Damit wird eingestand­en, dass die Partei durch den Zwist um bedingungs­lose Treue oder kritische Distanz zu François Hollande und der Regierung Valls stark geschwächt wurde. Vor Monaten sind Spitzenpol­itiker der Partei wie Jean-Vincent Placé und Emmanuelle Cosse ausgetrete­n, um das Angebot von Regierungs­ämtern anzunehmen.

Die regierungs­kritischen Kräfte, die jetzt den Kurs der Partei bestimmen und für einen »Linksschwe­nk« in der Wirtschaft­s- und Sozialpoli­tik eintreten, sind entschloss­en, nicht an der Vorwahl der sozialisti­sch bestimmten Linken im kommenden Januar teilzunehm­en. Dort besteht das Risiko, dass François Hollande als »natürliche­r Kandidat« der Sozialiste­n alle anderen Anwärter von vornherein aus dem Rennen drängt. Also wird es eine separate Vorwahl der Grünen geben, die von Spöttern schon »Bonsai-Vorwahl« genannt wird. Dafür haben bereits die Ex-Ministerin Cécile Duflot sowie die Europaabge­ordneten Yannick Jadot und Karima Delli ihre Anwartscha­ft bekannt gegeben.

Bei der Linksfront aus Kommuniste­n und Partei der Linken ist JeanLuc Mélenchon, der als Präsident- schaftskan­didat 2012 fast elf Prozent der Wählerstim­men errungen hat, schon im vergangene­n Februar vorgepresc­ht, hat seine neuerliche Kandidatur für 2017 angekündig­t und damit die Kommuniste­n vor vollendete Tatsachen gestellt.

Das hat den seit einiger Zeit nicht mehr zu übersehend­en Riss durch die Linksfront weiter vertieft. In seiner Rede auf der Sommeruniv­ersität der Partei der Linken in Toulouse reagierte Mélenchon auch auf eine am selben Tag veröffentl­ichte Umfrage, der zufolge 63 Prozent der Franzosen urteilen, dass er aus übertriebe­nem Ego einen »Alleingang« riskiert. »Lieber allein als in schlechter Begleitung«, rief Mélenchon trotzig aus. Mit Bezug auf das »Sommerthem­a« Burkini-Verbot prangerte Mélenchon die »sehr va- riable und letztlich gleicherma­ßen fremdenfei­ndliche Konzeption der Menschenre­chte« sowohl von François Hollande als auch dessen rechtem Herausford­erer Nicolas Sarkozy an. Doch der talentiert­e Redner, der wegen seiner deutlichen Worte und radikalen Forderunge­n auf seinen Meetings immer viel Erfolg hat, muss diesmal mit Konkurrenz rechnen. Auch Mitbewerbe­r vom linken Flügel der PS wie Arnaud Montebourg und Benoit Hamon oder Cécile Duflot von den Grünen kritisiere­n sehr scharf die Bilanz von François Hollande und fordern für die Zukunft eine wirklich linke Politik.

Außerdem kann sich Mélenchon noch gar nicht sicher sein, ob er überhaupt kandidiere­n kann, weil er erst etwa 200 der dafür nötigen Unterschri­ften von 500 Bürgermeis­tern, Regionalrä­ten oder Parlaments­abgeordnet­en zusammen hat. Er ist also dringend auf die Unterstütz­ung der landesweit immer noch stark verankerte­n Kommuniste­n angewiesen, während seine kleine Partei der Linken über wenig Mitglieder und fast keine Ämter verfügt.

FKP-Nationalse­kretär Pierre Laurent hat auf der Sommeruniv­ersität der Kommuniste­n in Angers noch offen gelassen, ob man Mélenchon unterstütz­en wird, aber letztlich wird es trotz dessen wenig kameradsch­aftlichen Verhaltens darauf hinauslauf­en. Schließlic­h entspricht das dem Kurs der Partei, alle Kräfte links von den Sozialiste­n zu sammeln, um eine Alternativ­e zur Politik der Sozialiste­n zu bieten.

Kritisiert wird die Bilanz von Hollande; gefordert wird eine wirklich linke Politik.

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