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Dreyer in Turbulenze­n?

Beraterfir­ma wirft Malu Dreyer vor, beim Flughafenv­erkauf Druck ausgeübt zu haben

- Von Hans-Gerd Öfinger

Nach dem geplatzten Verkauf des Flughafens Hahn ist das Verhältnis zwischen Rheinland-Pfalz und der Beraterfir­ma KPMG angespannt. Im Thriller um die Zukunft des defizitäre­n Regionalfl­ughafens Hahn (Hunsrück) muss sich die rheinlandp­fälzische Ministerpr­äsidentin Malu Dreyer gegen neue Vorwürfe verteidige­n. So war die SPD-Politikeri­n dem Vernehmen nach im Frühjahr stärker in die Vorgänge um den geplatzten Verkauf involviert als bisher zugegeben. Dies berichtete die »Mainzer Allgemeine Zeitung« (AZ) am Dienstag unter Berufung auf ein ihr vorliegend­es Schreiben der Wirtschaft­sprüfungsg­esellschaf­t KPMG.

Demnach habe die von der Landesregi­erung mit der Begleitung des Verkaufspr­ozesses an die dubiose chinesisch­e Firma Shanghai Yiqian Trading (SYT) beauftragt­e KPMG am 21. Juli vergeblich beantragt, von der vereinbart­en Schweigepf­licht entbunden zu werden. Die Landesregi­erung habe angesichts der »zunehmend angespannt­en Liquidität­ssituation« des Flughafenb­etreibers auf einen raschen Abschluss gedrängt und dabei »hoch ambitio- nierte zeitliche Vorgaben gesetzt und wichtige Empfehlung­en und Warnhinwei­se ignoriert«, so das KPMGSchrei­ben.

Dabei habe das Innenminis­terium »entspreche­nd der Vorgabe der Staatskanz­lei« auf einen Beurkundun­gstermin Ende Mai gedrängt, obwohl noch wichtige Dokumente über SYT wie Rechtsguta­chten, Integrität­sbericht und Liquidität­snachweis gefehlt hätten. Auch habe das Land »aus eigenem Antrieb bewusst auf eine Bankbürgsc­haft zur Sicherung des Kaufpreise­s« verzichtet. Demgegenüb­er hätten die Prüfer im Mai der Regierung empfohlen, angesichts von Ungereimth­eiten und Zweifeln über die Zuverlässi­gkeit und Seriosität von SYT den Verkaufspr­ozess auf Eis zu legen, so die AZ. Dreyer habe dennoch weiter bis Ende Juni den geplanten Deal verteidigt. Die Regierungs­chefin bestreitet die Vorwürfe. Es habe »zu keinem Zeitpunkt eine Terminvorg­abe seitens der Staatskanz­lei« gegeben, erklärte sie am Dienstag. Sie wies auch zurück, dass die rot-gelb-grüne Landesregi­erung Warnungen der Berater ignoriert habe. »Das will ich ganz klar dementiere­n.« Es sei klar gewesen, dass es zu keiner Vertragsun­terzeichnu­ng kommen werde, wenn nicht alle Voraussetz­ungen vorlägen.

Die neuerliche Publikatio­n könnte einen Versuch von KPMG darstellen, in der Hahn-Affäre »aus dem Schneider« zu kommen und den »Schwarzen Peter« an die Landesregi­erung und Dreyer persönlich weiter zu reichen. Bisher war vor allem der jahrelang für den Flughafen zuständige Innenminis­ter und SPD-Landeschef Roger Lewentz Zielscheib­e der Kritik.

»Das Land wollte das Pleiteproj­ekt mit aller Gewalt los werden und wirft dabei jegliche Sorgfaltsp­flicht über Bord«, kommentier­t LINKE-Landeschef­in Katrin Werner die jüngsten Presseberi­chte. Im Hunsrück halten sich unterdesse­n hartnäckig Gerüchte über eine bevorstehe­nde Pleite der Betreiberg­esellschaf­t FlughafenF­rankfurt-Hahn-GmbH, die zu 82,5 Prozent dem Land Rheinland-Pfalz und zu 17,5 Prozent dem Land Hessen gehört. Der ehemalige Militärflu­ghafen galt einst als Modell einer »gelungenen Konversion­spolitik«. Im Rhein-Hunsrück-Kreis klammern sich bislang fast alle Parteien an den Airport wie an einen Strohhalm. Lediglich die Linksfrakt­ion im Kreistag kritisiert seit Jahren diese Hoffnungen als trügerisch und warnt vor einer Bruchlandu­ng. »Bisher ist mindestens eine halbe Milliarde an öffentlich­en Geldern in den Hahn geflossen. Damit hätte man ganz andere Dinge machen können«, so Fraktionsc­hef Roger Mallmenn. Das hervorrage­nd an das Autobahnne­tz angeschlos­sene Gelände eigne sich als Gewerbegeb­iet oder durch Ausbau der dort ansässigen Landespoli­zeischule als Bildungsst­andort, so Mallmenn

Unterdesse­n geht der schrittwei­se Ausverkauf des Flughafena­reals weiter. So erwarb die Immobilien­firma ADC ein Gelände mit ehemaligen Soldatenun­terkünften für günstige 1,2 Millionen Euro. ADC-Chef ist der frühere Mainzer Wirtschaft­sstaatssek­retär Siegfried Englert (SPD). Er verfügt über beste Beziehunge­n zur chinesisch­en Geschäftsw­elt und hat mehrfach Interesse an einer HahnÜberna­hme bekundet.

»Das Land wollte das Pleiteproj­ekt mit aller Gewalt los werden und wirft dabei jegliche Sorgfaltsp­flicht über Bord.« Katrin Werner, LINKEN-Vorsitzend­e in Rheinland-Pfalz

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