Schadenersatz an EDF für Schrottreaktor
Der Stromkonzern EDF und Frankreichs Regierung haben sich auf Entschädigungen von mindestens 400 Millionen Euro für eine vorzeitige Schließung des AKWs Fessenheim geeinigt. Das Schicksal der Atomanlage Fessenheim war Thema während der gesamten Amtszeit des französischen Staatspräsidenten François Hollande. Acht Monate vor Ende des Mandats wird sie zu einem Rennen gegen die Uhr. Den Sommer 2016 hindurch haben das Unternehmen und Regierungsvertreter miteinander gerungen, um die Abfindungen zu regeln, die durch eine vorzeitige Schließung der Anlage nötig werden. Der teilstaatliche französische Stromkonzern EDF war davon ausgegangen, dass die beiden 900-Megawatt-Blöcke noch 20 Jahre in Betrieb sein würden. Die zuständige Umweltministerin Ségolène Royal hingegen war der Meinung, dass man gar keine oder nur eine symbolische Zahlung von maximal 100 Millionen Euro zu zahlen habe. Da die Anlage abgeschrieben sei, ist jede produzierte Kilowattstunde für EDF Reingewinn. Das Unternehmen ging von einer Summe bis zu zwei Milliarden Euro aus. Eine Parlamentskommission hatte sogar eine Entschädigung von vier Milliarden Euro errechnet. Am Ende sollen es nach einer vorläufigen Einigung zwischen der Regierung und EDF nun rund 400 Millionen sein.
Die Abschaltung von Fessenheim hängt indes von der Inbetriebnahme des neuen Europäischen Druckwasserreaktors im normannischen Flamanville ab. Er soll 2018 ans Netz gehen. Im Jahr darauf soll die Regierung 100 Millionen Euro für die Abschaltung von Fessenheim zahlen, ein Jahr später 300 Millionen, wie das Umweltministeriums in Paris kürzlich bekanntgab. 10 bis 15 Jahre später soll außerdem eine variable Tranche fließen, die sich danach richtet, wie sich der Strompreis in diesem Zeitraum entwickelt und welche Menge an Elektrizität eine Anlage, die Fessenheim vergleichbar ist, in diesem Zeitraum produziert hätte. Schätzungen zufolge könnte es sich um eine Summe bis zu einer Milliarde Euro handeln.
Die Vereinbarung muss nun noch mit den Gewerkschaften diskutiert und vom Verwaltungsrat genehmigt werden. Danach wird bis Ende des Jahres die entsprechende Verordnung erstellt und veröffentlicht. Der Zeitplan ist knapp. Die Gewerkschaften haben bereits Widerstand angekündigt. Und dann finden am 23. April und am 7. Mai kommenden Jahres bekanntlich Präsidentschaftswahlen statt. Das bürgerliche Lager hat für den Fall eines Wahlsieges bereits angekündigt, dass es eine Schließung des Atomkraftwerkes Fessenheim nicht vornehmen will. Kandidat Nicolas Sarkozy hat in seinem Buch »Tout pour la France« (Alles für Frankreich) berechnet, dass die Schließung der Anlage einen Verlust von 300 Millionen Euro im Jahr bedeuten würde. Die sozialistische Regierung versucht daher auch auf Druck aus Deutschland und der Schweiz, im letzten Moment noch Tatsachen zu schaffen. Die von Hollande ursprünglich angekündigte Stilllegung bis Ende 2016 ist aber vom Tisch.
Die beiden besonders störanfälligen Druckwasserreaktoren mit einer Leistung von je 880 Megawatt im südelsässischen Fessenheim sind seit 1977 in Betrieb und damit die ältesten Atomkraftwerke Frankreichs. Atomkraftgegner, aber auch die deutsche Bundesregierung fordern schon seit längerem eine Abschaltung des nahe der deutschen Grenze gelegenen Pannen-AKWs. Die Anlage gehört mehrheitlich EDF. Außerdem sind die deutsche Energie Baden-Württemberg (EnBW) sowie die Schweizer Stromkonzerne Alpiq, Axpo und BKW beteiligt.