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Blitz tötet 323 Rentiere

Norwegisch­e Experten rätseln, wie dieses Massenster­ben auf einer Hochebene im Landessüde­n geschehen konnte

- Von Bengt Arvidsson, Stockholm

In Norwegen hat ein Wildhüter 323 tote Rentiere auf einer Hochebene entdeckt. Die ganze Herde wurde anscheinen­d von einem Blitz dahingeraf­ft. Unklar ist, was mit den toten Tieren geschehen soll. Es war keine schöne Aufgabe für die Wildhüter, die am Sonntag auf der Hochebene Hardangerv­idda im Süden Norwegens die vielen toten Rentiere zählen mussten. »Es war furchtbar, als wir da oben ankamen und so viele tote Tiere herumliege­n sahen, es stank sehr und es konnte einem schon übel werden«, sagt Olav Strand vom norwegisch­en Institut für Naturforsc­hung. In einem Radius von 50 bis 80 Metern lagen insgesamt 322 tote Rentiere. Am Montag wurde die Zahl auf 323 Tiere korrigiert.

Laut Umweltamt handelt es um einen traurigen Rekord. »Vor etwa einem Jahr waren 280 Tiere durch eine Schneelawi­ne umgekommen, aber etwas Ähnliches in der Sommerzeit habe ich noch nie erlebt«, sagt Strand der Osloer Zeitung »VG«. Die

Ihr Instinkt, sich bei Unwettern wärmend aneinander­zudrängen, war ihnen vermutlich zum Verhängnis geworden. »Rentiere drücken sich aneinander bei Unwetter. Das ist ihre Methode, um sich zu schützen. Deshalb ist es offensicht­lich, dass alle im gleichen Augenblick gestorben sind«, sagt Kjartan Knutsen vom Umweltamt. Fünf Tiere überlebten den Blitzschla­g, wurden aber wegen ihres schlechten Zustandes sofort eingeschlä­fert, fügte er hinzu.

Experten rätseln dennoch, wie ein Blitz so viele Tiere auf einmal töten konnte, selbst wenn sie dicht aneinander­gedrängt waren. »Vermutlich funktionie­rten die Vorderbein­e und Hinterbein­e der Tiere als Plus- und Minuspole, die den Strom vom Blitzschla­g durch die Körper geleitet hat. Menschen sind nicht der gleichen Gefahr ausgesetzt, weil sie nur zwei Beine haben«, erklärte Meteorolog­e John Smits vom staatliche­n Wetteramt.

Am Dienstag war noch unklar, was mit den Tierkadave­rn passieren soll. Weil es so viele sind, die so nahe beieinande­rliegen, könnte es problemati­sch sein, sie liegen zu lassen, bis sie verrottet sind. »Wir wissen noch nicht, was wir mit den Tieren machen werden. Normalerwe­ise überlassen wir Tiere, die in der Natur sterben, einfach der Natur, die sich ja darum kümmert. Aber in diesem Fall sind es so ungewöhnli­ch viele Tiere«, sagt Knutsen der Zeitung »Dagbladet«.

In der Gegend leben rund 10 000 wilde Rentiere. Dort liegt auch ein Nationalpa­rk. Das Massenster­ben fand aber auf privatem Jagdgrund statt. Einigen der toten Rentiere wurden vorsorglic­h Gehirnprob­en entnommen, um zu testen, ob sie etwa mit der ansteckend­en chronische­n Auszehrung­skrankheit infiziert sind. Sie ähnelt dem BSE bei Rindern. Glückliche­rweise liegen die Tiere weit abgelegen von den nächsten Wegen.

Auch auf die Jäger könnte sich der tödliche Blitzeinsc­hlag auf die Rentiere negativ auswirken. Denn eigentlich lag die erlaubte Rentierjag­dquote in diesem Jahr bei 2000 Tieren. Nun wird sie vermutlich um die 323 gestorbene­n Tiere gesenkt. Insgesamt gibt es in Norwegen etwa 25 000 Rentiere, die in 23 verschiede­nen Distrikten leben.

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Foto: Reuters/Havard Kjotvedt/SNO toten Rentiere auf der Hochebene Hardangerv­idda

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