Mit »Tirofijo« fing alles an
Südamerikas Guerilla mit der längsten Geschichte
Alles begann in der Agrarkolonie Marquetalia. 1964 attackierte das kolumbianische Militär Gebiete wie dieses, in die sich bäuerliche Selbstverteidigungsgruppen unter Einfluss der Kommunistischen Partei Kolumbiens (PCC) zurückgezogen hatten. Unter Führung Manuel Marulandas (»Tirofijo«) leisteten sie der Legende nach heroischen Widerstand und gründeten die Bewaffneten Revolutionären Streitkräfte Kolumbiens (FARC). Noch während der Kämpfe setzten sie ein »Agrarprogramm« auf, das die wichtigste Forderung – eine radikale Agrarreform zugunsten der Kleinbauern – enthielt. Schon damals betonten die Guerilleros, dass ihnen die Möglichkeit, ihre politischen Forderungen auf friedlichem Weg durchzusetzen, von den Herrschenden verschlossen worden sei und ihnen keine andere Wahl, als der bewaffnete Widerstand bleibe.
Auf der 7. Guerillakonferenz 1982 erklärten sie sich – gerade einmal 2500 Mann stark – zur Volksarmee (daher der Zusatz EP, Ejército del Pueblo). Aus Friedensverhandlungen mit der Regierung Betancur ging 1985 die Linkspartei Partei Union Patriótica hervor. Doch Tausende Mitglieder der UP wurden in den folgenden Jahren Opfer des »Schmutzigen Krieges«, den (para-)staatliche Kräfte gegen sie führten. Die FARC sahen sich in der Notwendigkeit des bewaffneten Kampfes bestätigt. Sie verweigerten im Gegensatz zu anderen Guerillas 1990 die Demobilisierung, sagten sich von der PCC los und rüsteten auf; auch dank Einnahmen aus der Besteuerung des Drogenhandels, Entführungen und Erhebung einer Revolutionssteuer.
Als die Friedensverhandlungen von Caguán mit der Regierung Andrés Pastrana 2002 scheiterten, standen sie mit rund 20 000 Kämpfern unter Waffen auf dem Zenit ihrer militärischen Macht. Zu dieser Zeit erreichte der Konflikt durch das Erstarken der Paramilitärs und der Politik des Hardliners Álvaro Uribe (2002-2010) eine neue Intensität. Das Militär tötete mehrere hochrangige FARC-Kommandeure, Marulanda starb 2008 eines natürlichen Todes. Von einem Sieg über die FARC war der Staat aber ebenso weit entfernt wie die Guerilleros von der Durchsetzung ihrer politischen Ziele, geschweige denn der Machteroberung. Eine beidseitige Einsicht, die 2012 zur Aufnahme der nun abgeschlossenen Friedensverhandlungen von Havanna führte.