Kampf gegen Arbeitsrechtsreform geht weiter
In ganz Frankreich wird die Annullierung des undemokratischen und unsozialen Gesetzes gefordert
Gewerkschaften, Lehrerverbände sowie Schüler- und Studentenorganisationen mobilisieren gegen die Arbeitsrechtsreform. Der Kampf geht weiter: An diesem Donnerstag werden in Paris und weiteren 44 französischen Städten viele Zehntausende Menschen erwartet, die die Annullierung der Arbeitsrechtsreform fordern. Zum 13. Mal seit Jahresbeginn führen die Gewerkschaften damit einen Aktionstag gegen die Reform durch. Die Regierung konnte das Gesetz angesichts der massiven Ablehnung im Parlament und bis tief in ihre eigene Sozialistische Fraktion hinein nur in Kraft setzen, indem sie nach Artikel 49.3 der Verfassung damit die Vertrauenfrage verband und so die eigenen Abgeordneten »disziplinierte«.
Gegen dieses unsoziale und zudem undemokratisch angenommene Gesetz wird nun im öffentlichen Sektor, vor allem in Schulen, bei der Post und der Bahn, sowie in vielen Betrieben landesweit gestreikt. Die zentrale Demonstration in Paris führt vom Bastille-Platz zum Platz der Republik, und an ihrer Spitze schreiten die Vorsitzenden der Gewerkschaftsverbände CGT und FO, Philippe Martinez und Jean-Claude Mailly. Im Gegensatz zur reformis- tischen Gewerkschaft CFDT lehnen diese Gewerkschaften die Arbeitsrechtsreform nach wie vor ab und können sich dabei laut Umfragen auf die übergroße Mehrheit der Französinnen und Franzosen stützen.
Zu den Initiatoren des Aktionstages gehören neben Lehrer- und anderen Berufsverbänden auch Organisationen von Schülern und Studenten, die sich angesichts der anti- sozialen Arbeitsrechtsreform Sorgen um ihre Zukunft machen. Sie alle sehen in der Reform ein Einknicken vor den Forderungen der Unternehmer nach immer mehr Flexibilität und Senkung der Lohn- und Nebenkosten. Für die arbeitenden Franzosen wird die Reform eine immer höhere Prekarität bedeuten. So erhalten 85 Prozent der neu Eingestellten zurzeit nur einen befristeten Arbeitsvertrag, und die Unternehmen greifen immer öfter auf Zeitarbeitskräfte oder ausländische Vertragsarbeiter zurück.
Die Arbeitsrechtsreform greift aber auch tief in die Rechte der Gewerkschaften ein, die arbeitenden Franzosen durch Branchenverträge abzusichern. So werden die zwischen den Gewerkschaften und den Unternehmerverbänden ausgehandelten Branchenverträge durch Abkommen auf Betriebsebene ausgehebelt, die die Unternehmer z.B. durch die Drohung, Arbeitsplätze abzubauen, leicht durchsetzen können. So können dem Gesetz zufolge bei großem Arbeitsanfall zeitweise Tagesarbeitszeiten von bis zu zwölf Stunden und bis zu 42 Stunden pro Woche vereinbart werden, während die gesetzliche Regelarbeitszeit 35 Stunden pro Woche beträgt.
Auch können durch Abkommen auf Betriebsebene die Überstundenzuschläge von jetzt 25 auf zehn Prozent gekürzt werden. Andererseits ist es möglich, die Beschäftigten bei wenig Aufträgen zu zwingen, vorzeitig Urlaub oder durch Mehrarbeit angefallene freie Tage zu nehmen bzw. Kurzarbeit zu akzeptieren. Die Gewerkschaften protestieren in diesem Zusammenhang auch gegen Versuche, ihre Rechte in den Betrieben einzuschränken und unbequeme Belegschaftsvertreter, die eigentlich speziell geschützt sind, unter konstruierten Vorwänden zu entlassen. Sie verbinden den Kampf gegen die Arbeitsrechtsreform mit Forderungen nach mehr Mitspracherechten in den Unternehmen, gegen die fortgesetzte Verschlechterung der Arbeitsbedingungen, nach gleichen Löhnen für Frauen und Männer und gegen die schrankenlose Ausweitung von Nacht- und Wochenendarbeit.
Laut Umfragen lehnt die übergroße Mehrheit der Französinnen und Franzosen die Reform des Arbeitsrechts ab.